Interview: "Zählt im Transportmarkt nur noch Größe?"

VR: Warum hat die LIT-Gruppe jetzt das Unternehmen Fehrenkötter Transport & Logistik gekauft? SB: Das war ein längerer Prozess, unsere beiden Unternehmen kennen sich ja schon länger. Und bei Joachim Fehrenköttter stand irgendwann die Nachfolge-Frage an. Da er wusste, dass wir als LIT übernommene Firmen weiter eigenständig agieren lassen, war das für ihn interessant, mit uns zu sprechen. Und aus unserer Sicht passen die Fehrenkötter-Geschäftsfelder perfekt zu uns. Sie ergänzen unser Portfolio perfekt. Fehrenkötter befördert zum Beispiel Landmaschinen, Wohnwägen und Wohnmobile und führt überbreite Transporte durch. Das ist eine Nische, in der Fehrenkötter richtig gut ist. Sie verfügen ja schon heute – selbst ohne Fehrenkötter- über 3500 Mitarbeiter, 1400 Lkw, 75 Standorte in 15 Ländern und insgesamt 550.000 Quadratmeter Logistikfläche. Warum reicht Ihnen das nicht?Nur durch eine bestimmte Größe haben wir auch eine gewisse Marktmacht und können dadurch als ein bestimmter Player auftreten. Und die jüngsten Erfahrungen zeigen, dass eine gewisse Größe wichtig ist, um im Markt zu bestehen. Es ist ja nicht so, dass wir aktiv auf Übernahme-Tour gehen. Aber wir werde einfach von vielen Betrieben angesprochen. Bei allen Zukäufen, die wir zuletzt hatten, waren wir nie der Initiator, sondern die Firmen sind auf uns zu zugekommen. Wachsen um des Wachsens willen wollen wir nicht. Das soll schon ein gesundes Wachstum sein. Wie viel Umsatz, Mitarbeiter und Lkw kommen jetzt durch Fehrenkötter zur LIT-Gruppe, und bei wie viel Umsatz, Mitarbeitern und Fahrzeugen wird LIT in diesem Jahr dann voraussichtlich landen?In 2021 erwirtschaftete Fehrenkötter mit 250 Mitarbeitern und 150 Fahrzeugen rund 30 Millionen Euro Umsatz. Unser Umsatz lag in 2021 bei 575 Millionen Euro – mit über 3500 Mitarbeitern und 1470 Lkw sowie 4000 Wechselbrücken und 1140 Aufliegern. Alles in allem werden wir wohl in diesem Jahr gemeinsam bei insgesamt 780 Mio. € Umsatz für 2022 liegen. In welchen Bereichen sehen Sie da die größten Synergien zwischen den beiden Unternehmen, und wie wollen Sie diese heben?Das Schöne ist ja, dass wir uns bei den Geschäftsfeldern und den Standorten – Fehrenkötter sitzt ja in Ladbergen – null überlappen. Das ist bei Zukäufen auch wichtig. Natürlich werden wir jetzt aber im Fuhrparkbereich stark zusammenarbeiten, gerade was den Einkauf von Equipment, Treib- und Schmierstoffen betrifft. Das sind die Synergieeffekte, die wir schnell heben können. Außerdem werden wir in der Buchhaltung, im Rechnungswesen und in der IT eng zusammenarbeiten. Und natürlich sehen wir auch im Vertrieb gute Möglichkeiten der Zusammenarbeit – Stichwort Cross-Selling. Was bedeutet der Zusammenschluss für die externen Frachtführer von LIT und Fehrenkötter?Fehrenkötter fährt ja weitgehend alles mit eigenen Fahrzeugen und Fahrern, für unsere LIT-Transportpartner wird sich aber nichts ändern. Das bleibt alles wie es ist. Wie gesagt, unsere Geschäftsfelder sind unterschiedlich. LIT ist klassischer Jumbo-Spediteur, während Fehrenkötter wie gesagt zum Beispiel Wohnwägen und Autos befördert. Sinnvoll ergänzen werden wir uns künftig auf jeden Fall in der Automobillogistik. Inwiefern? Was haben Sie in der Automobillogistik vor?Fehrenkötter ist klassischerweise in der Outboundlogistik für OEMs tätig, während wir in der Inbound-Logistik Transporte für OEMs und Zulieferer erbringen sowie Kontraktlogistik-Services. Im Zusammenspiel mit Fehrenkötter wird LIT damit der erste Transport-Anbieter, der beide Seiten beherrscht – sowohl die In- als auch die Outboundlogistik. Das dürfte bislang kein anderer Dienstleister bieten. Dadurch wird sich für uns eine gewisse Systemrelevanz im Automotive-Segment ergeben. Wir wollen da schon ordentlich Gas geben (lacht). Planen Sie jetzt noch weitere Übernahmen? Wie gesagt, die Firmen kommen auf uns zu, und nicht anders herum. Ich vergleiche da unsere Strategie aber immer mit einem Puzzle. Wenn da Teil gut zu uns passt, uns gut ergänzt, dann sind wir interessiert. Und im Moment ist es sowieso wichtig, eine gewisse Größe zu haben, um bestehen zu bleiben. Warum?Wir sind dadurch sehr breit aufgestellt und in allen Industriebereichen tätig. Wir haben ja allein in der Halbleiterkrise gesehen, wie sich das zum Beispiel im Automotive-Bereich ausgewirkt hat. Setzt man da als Dienstleister nur auf eine Branche ist das riskant. Über einen guten Branchen- und Geschäftsfelder-Mix können wir etwaige Risiken ausgleichen. Würden Sie so weit gehen, dass im Ladungsmarkt – da sehe ich ja LIT sehr stark - nur noch große Player überleben werden?Ja, das sehe ich so. Das zeigen doch die Transportunternehmen, die auf LNG gesetzt haben. Ein Transporteur mit 50 Lkw, davon 20 mit LNG, der ist aufgrund der LNG-Preise jetzt tot, weil er preislich nicht mehr mithalten kann. Und das sehen wir überall bei kleinen und mittelständischen Transportbetrieben, weil sich der Markt permanent verändert. Das ist der Wahnsinn, wie schnell die derzeit ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert sind – Energiekrise, Ukraine-Krieg, Fahrermangel. Das ist mega-herausfordernd. So etwas bekommt man, meine ich, nur mit einer großen gesunden Organisation hin. Vielleicht sind zu große Konzerne schon wieder zu schwerfällig, aber wir als LIT haben im Moment die richtige Unternehmensgröße, um uns auf den Markt einzustellen. Dieses Interview führte Eva Hassa für die VerkehrsRundschau.

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