Interview

InterviewKeine radikalen ÄnderungenEr ist nicht der erste Schwede an der Spitze von MAN Truck & Bus – und auch nicht der erste, der von Scania kommt. Ging es Hakan Samuelsson als MAN-Chef aber um die Übernahme von Scania, sucht Anders Nielsen die Kooperation mit der jetzigen Konzernschwester. Doch vor dem Kunden bleibe man Konkurrent, sagt er im Interview.Sie sind seit vier Monaten in München. Wie gefällt es Ihnen hier?München ist eine sehr schöne Stadt mit einer wunderbaren Umgebung – so viel ich wenigstens bis jetzt davon gesehen habe. Die erste Zeit hier war weitaus mehr Arbeit als Freizeit. Was ich hier mag, ist, dass man im Zentrum von Europa ist und schnell in Italien oder Frankreich. Als Schwede bin ich da ganz andere Distanzen gewohnt. Kurz nach Ihrem Start bei MAN haben Sie in einem Interview gesagt, eine Ihrer wichtigsten Aufgaben sei es, die Marke so profitabel wie möglich zu machen. Wie beurteilen Sie nach vier Monaten ihre Chance, damit erfolgreich zu sein?Mein erster Eindruck von MAN ist, dass es ein gutes Unternehmen mit kompetenten, engagierten Mitarbeitern und hervorragenden Produkten ist. Das sind gute Grundlagen, mit denen wir arbeiten können, um die Wirtschaftlichkeit weiter zu verbessern. Ich bin mir sicher, das Ziel zu erreichen.An welchen Punkten müssen Sie arbeiten?Wir müssen noch genauer wissen, welche Produkte unsere Kunden brauchen, wie sie unsere Produkte und unsere Services wahrnehmen und wie wir beides noch besser auf ihre Bedürfnisse abstimmen können. Unsere Kunden leben von unseren Produkten, sie verdienen ihr Geld damit. Das ist für einen PKW-Hersteller anders. Hier geht es viel um Image, um das, womit man als Käufer assoziiert werden möchte, um Fahrvergnügen. Für unsere Kunden dagegen zählen vor allem die Betriebskosten. Wenn wir hier etwas verbessern, verdient unser Kunde mehr Geld. Da kaum ein Unternehmen dem anderen gleicht und jedes andere Bedürfnisse hat, muss man eben ganz nahe dran sein, um diese zu verstehen. Haben Sie bei MAN bereits größere Veränderungen vorgenommen?Wenn ich „Ja“ sage, werden Sie mich fragen, was es war (lacht). Aber natürlich gibt es schon Veränderungen. Es gibt ja eine neue Mannschaft an Bord, jeder bringt langjährige Erfahrungen mit. Zum einen müssen wir diese auf MAN abstimmen, aber auch ein wenig Rosinenpicken betreiben bei dem, was wir davon in das Team und unsere Arbeit einbringen. Das haben wir in den ersten vier Monaten sehr intensiv getan. Es war eine sehr gute Erfahrung für uns alle.Zum 1. März übernimmt Heinz-Jürgen Löw den Posten des Vertriebsvorstandes bei MAN Truck & Bus. Was schätzen Sie an ihm?Wir freuen uns, mit Herrn Löw einen exzellenten Vertriebsmann gewonnen zu haben, der nicht nur den deutschen Nutzfahrzeugmarkt sehr gut kennt, sondern auch über internationale Managementerfahrungen verfügt. Herr Löw wird die Effizienz unserer Vertriebsorganisation weiter erhöhen und dafür Sorge tragen, dass unsere Kunden im In- und Ausland genau die Produkte und Services erhalten, die sie von uns als führender Hersteller erwarten.Auch Sie sind international erfahren. Wie viel Scania bringen Sie mit zu MAN?Ich habe 25 Jahre bei Scania gearbeitet. Meine Erfahrung und mein Blickwinkel auf das Nutzfahrzeuggeschäft ist hierdurch auf alle Fälle stark geprägt worden. Und natürlich habe ich einige Dinge hierher mitgebracht. Aber „Copy and paste“ – das geht nicht. Was bei anderen Hersteller funktioniert, muss nicht unbedingt bei MAN funktionieren – und umgekehrt. Es ist ein unterschiedliches betriebliches Umfeld, es ist eine andere Unternehmenskultur hier in München. Welches sind die größten Unterschiede zwischen den Unternehmenskulturen?MAN Truck & Bus ist ein Unternehmen, das erst in der jüngeren Vergangenheit die Märkte außerhalb Europas für sich erschlossen hat. Das macht es bei der jetzigen Wirtschaftslage auch schwieriger. Schweden war schon immer stärker vom weltweiten Handel abhängig als Deutschland, in den dortigen Unternehmen herrscht deshalb traditionell eine internationale Atmosphäre. Dafür gibt es hier eine ausgesprochen starke technische Ausrichtung. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich bei MAN einiges gefunden habe, das ich besser gelöst finde.Wie positionieren sich MAN und Scania im VW-Konzern?Es sind zwei eigenständige, starke Marken, die in einigen Feldern enger miteinander kooperieren werden. Das ist eben die Stärke des Volkswagen-Konzerns. Aber bei den PKW-Marken gibt es unterschiedliche Positionierungen.Im LKW-Bereich macht das wenig Sinn. Es gibt hier viel weniger Käufer. Wenn man einen Marktanteil in Europa von 18 Prozent haben möchte – wie wir es haben – kann man nicht sagen, man konzentriert sich beispielsweise auf das Life-Style-Segment. Das gibt es schlichtweg nicht. Jede Marke hat ihre Stärken und Schwächen. Wir sind zum Beispiel im Schwerlast- und Off-Road-Bereich sehr stark und haben deshalb viele Kunden in diesem Segment. Aber darauf können wir uns nicht konzentrieren und andere Bereiche vernachlässigen. Wir müssen jedes Geschäft mitnehmen. Wir haben Premium-Kunden und die bekommen von uns Premium-Produkte in einer Premium-Qualität. Auf dieser Basis stehen wir mit Scania im Wettbewerb um jeden Kunden. ➞Wobei Scania das King-of-the Road-Image hat und MAN stets die Wirtschaftlichkeits-Karte ausspielt. Aber fragen Sie doch in Schweden nach, ob die dort keine effizienten Fahrzeuge bauen und verkaufen. Als Kaufkriterium für die meisten Kunden zählt nur die Wirtschaftlichkeit. Sie wollen eine Premium-Leistung mit niedrigen Betriebskosten. Unsere Aufgabe ist es, unsere Produkte so aufzustellen. Gibt es eine Art technischer Führerschaft von MAN oder Scania?Wir sind beide in einer sehr guten technischen Position. Jeder hat seine Stärken. Die von MAN sind zum Beispiel die Schwerlast- und Off-Road-LKW. Hier haben wir besonders leistungsstarke und verlässliche Produkte. Lebensdauer und Haltbarkeit sind unsere herausragenden Argumente. Ansonsten unterscheiden sich die Produktportfolios. Und die Entscheidungen zur Fertigungstiefe fallen bei MAN und Scania unterschiedlich aus. Der CEO von Scania, Martin Lundstedt, hat uns erzählt, es werde gerade geprüft, auf welchen Gebieten MAN und Scania stärker kooperieren können. Wie weit sind Sie mit der Prüfung?Wir führen hierüber einen intensiven Dialog und haben auch schon gute Möglichkeiten identifiziert, die auf alle Fälle Sinn für uns machen. Welche das sind, geben wir nach Abschluss des gesamten Prozesses bekannt. Eines kann ich Ihnen aber auf jeden Fall versichern: Die Marke MAN wird nicht verwässert. Wo MAN draufsteht, wird auch weiterhin MAN drin sein!Inwieweit wird sich das Innenleben der Fahrzeuge angleichen?Wir kaufen jetzt bereits bei den gleichen Zulieferern – teilweise ohne es zu wissen. Das lässt sich sicher wirtschaftlicher darstellen. Das ist eine Form der Kooperation. Eine Fahrzeuggeneration hat eine Lebenszeit von rund 20 Jahren. Wenn sie hier grundlegend etwas neu entwickeln wollen, dauert das. Bei der Stückzahl, mit der wir im LKW-Bereich arbeiten, kann kein Hersteller ständig riesige Summen in die Entwicklung stecken. Deshalb wird sich auch so schnell nichts radikal ändern.Aber am Ende des Prozesses …… werden wir immer noch unsere eigene Identität haben. Es wird für den Kunden immer klar sein, ob er einen MAN oder einen Scania fährt oder ob er in einer MAN- oder in einer Scania-Werkstatt ist. Und es wird keinen gemeinsamen Motor geben. Aber auch unter diesen Rahmenbedingungen werden wir genug Gelegenheiten haben, gut mit den Kollegen von Scania zusammenzuarbeiten.Es gibt also keine Pläne, die Servicestationen zusammenzulegen, um das Netz zu stärken?Grundsätzlich nicht. Der Service ist eines unserer Kerngeschäfte. In der Werkstatt treffen wir unseren Kunden weitaus öfter als beim Händler. Bei der Leistung, die die Fahrzeuge bringen müssen, ist das unabdingbar. Hier können wir die Beziehung zu unseren Kunden aufbauen und pflegen. Hier können wir uns auch vom Wettbewerb unterscheiden. Das lässt sich kaum mit einer anderen Marke teilen.Kann MAN als Teil der Volkswagen-Gruppe von den Entwicklungen im PKW-Bereich profitieren?Unbedingt. Volkswagen hat sehr gute technische Ressourcen und ist bei vielen Technologien führend. Da ist es natürlich für uns gut, Zugang zu diesen technischen Entwicklungen zu erhalten. Man muss die Produkte etwas anpassen – zum Beispiel auf die starke Fahrleistung der LKW. Aber generell ist es für uns hervorragend, beispielsweise von den Fahrerassistenz- oder den Unterhaltungssystemen profitieren zu können. MAN hat in den letzten zwei Jahren einen Vertreter in Berlin und in Brüssel eingestellt. Wie wichtig ist Lobbyarbeit für Sie?Wir sind ein Teil der Gesellschaft. Die stellt an uns völlig gerechtfertigte Anforderungen. Wir müssen sicherstellen, dass diese Ansprüche mit unseren Möglichkeiten übereinstimmen und mit dem Nutzen, den wir der Gesellschaft geben können. Der Dialog mit der Politik ist notwendig, damit wir dort unsere technischen Möglichkeiten und auch unsere Lösungen darstellen können. Es ist eine ernsthafte Arbeit, die sicherstellt, dass Politiker gute Informationen erhalten, wie Dinge funktionieren und welche Lösungen wir anbieten können. Anhand dieser Informationen, die ja von allen Seiten und Interessengruppen kommen, kann die Politik dann eigenständig entscheiden. Welche Gebiete sind Ihnen denn besonders wichtig?Alles, was mit Nachhaltigkeit zu tun hat: CO2-Regulierungen, Maße und Gewichte und die Wirtschaftlichkeit des Straßengüterverkehrs und was wir und die Politik hier noch tun können, aber etwa auch Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals. Im letzten Jahr ist der LKW-Absatz in Europa zurückgegangen. Was erwarten Sie für 2013?Der Markt ist durch die Krise in Europa tief verunsichert. Das spüren wir natürlich auch bei unseren Kunden, die mit Investitionen zögern. Es ist schwer, unter diesen Umständen eine zuverlässige Prognose zu erstellen. Das gilt auch für 2014. Die wirtschaftliche Schwäche hat genau unseren Kernmarkt Europa getroffen. Ein weiterer Faktor ist die Mautdiskussion. Solange nicht klar ist, wie die Maut für Euro 6 gestaltet wird und wann eine Mautklasse kommt, stellt sich der wirtschaftliche Vorteil für den Kunden, Euro 6 zu kaufen, nicht dar. Das, was ich sagen kann, ist, dass wir nicht wie 2009 im freien Fall sind. Aber es ist eine anhaltende Schwäche. Bis Mitte dieses Jahres haben wir aber erst einmal Kurzarbeit angemeldet. Was tut MAN, um sich im außereuropäischen Ausland stärker aufzustellen?Wir exportieren natürlich eine ansehnliche Stückzahl an LKW. Russland ist beispielsweise ein wichtiger Markt für uns. Deshalb werden wir dort auch weiterhin präsent sein. Außerdem sehen wir gute Möglichkeiten, das Premium-Segment in anderen Ländern zu besetzen. Das ist der Bereich, den wir uns ansehen. In Russland haben wir erlebt, wie rasch dieses Segment gewachsen ist. Hiervon haben wir sehr profitiert. Im Jahr 2000 betrug das Segment noch zwei Prozent in einem relativ kleinen Markt. Jetzt sind wir in einem viel größeren Markt bei 25 Prozent. Das wollen wir in anderen Ländern wiederholen. Wir überlegen, wie wir unsere Präsenz dort erhöhen, unser Netz verstärken und natürlich unseren Absatz steigern können. Was ist mit China und Indien?Die Premium-Märkte dort sind noch klein. In China erwarten wir eine ähnliche Entwicklung wie in Russland. Mit dem Unternehmen Sany haben wir eine Kooperation für Zementpumpen gestartet. Dieser Bereich braucht sehr zuverlässige und qualitativ hochwertige Produkte. Indien ist in diesem Bereich noch nicht ganz so weit. Wir müssen für unsere CLA-Reihe den Markt noch weiter entwickeln. Der CLA ist zwar ein günstiges, aber kein „Low-Cost“-Produkt.MAN-Chef Pachta-Reyhofen will bis 2020 die Nummer 1 im LKW-Bereich sein. Ein realistisches Ziel?Mit VW Nutzfahrzeuge, MAN und Scania entsteht in der Volkswagen-Familie ein ganz starkes Nutzfahrzeug-Team. Wenn wir entsprechend kooperieren, uns gut aufstellen und Leistung zeigen, können wir auch ganz nach vorn fahren. ❙❚■ Birgit Bauer,Serge VoigtAnders Nielsen bringt 25 Jahre Erfahrung von Scania mit zu MANVR/Jan ScheutzowMAN und Scania werden auch als Schwestern im VW-Konzern als Konkurrenten um die Kunden kämpfen, betont Anders Nielsen gegenüber Birgit Bauer und Serge Voigt im VerkehrsRundschau-Interview Nielsen: „Wir kaufen jetzt bereits bei den gleichen Zulieferern – teilweise ohne es zu wissen“VR/Jan Scheutzow46 Prozent des Umsatzes erzielt MAN Truck & Bus mit schweren LKWMANDas UnternehmenMAN Truck & BusDas Unternehmen hat 2011 einen Umsatz von 9 Milliarden Euro erzielt, 46 Prozent davon mit schweren LKW, 21 Prozent mit Services/After Sales & Parts sowie 11 Prozent mit leichten und mittelschweren LKW. Das operative Ergebnis lag bei 565 Millionen Euro. Für das erste Halbjahr 2013 hat das Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Im Juni 2012 hatte Volkswagen seine MAN-Beteiligung auf 75,03 Prozent der Stimmrechte erhöht und strebt nun einen Beherrschungsvertrag an. Im VW-Konzern ist MAN neben Scania und VW Nutzfahrzeuge die dritte Nutzfahrzeugmarke. An Scania hält VW 69,5 Prozent der Stimmrechte. VitaAnders Nielsen Seit September 2012 steht der 50-jährige Schwede als Vorstandssprecher an der Spitze von MAN Truck & Bus. Der Industrieökonom begann seine berufliche Laufbahn 1987 bei Scania. Für das Unternehmen mit dem Greif im Logo war er unter anderem als Technischer Direktor vier Jahre in Brasilien. Zuletzt verantwortete er den Vorstandsbereich Produktion und Logistik. Nach 25 Jahren bei Scania erhielt er im Rahmen des Umbaus der Unternehmensführung im VW-Konzern den Ruf nach München. Nielsen hält sich mit Laufen, Ski fahren und Golfen fit und freut sich bereits darauf, die Golfplätze rund um München zu erkunden. Allerdings waren die ersten vier Monate in seinem neuen Arbeitsbereich äußerst intensiv, so dass selbst für die Familie kaum Zeit blieb. InterviewInterviewInterview

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Erwartete Preisentwicklung für das kommende halbe Jahr

Durchschnittspreise neue und gebrauchte Europaletten

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