Ifo korrigiert Wirtschaftsprognosen nach unten

11.12.2025 11:50 Uhr | Lesezeit: 4 min
Baustellenschild
Der deutschen Wirtschaft droht laut Ifo Institut ein längeres Gefangensein in der Stagnation
© Foto: studio v-zwoelf/stock.adobe.com

Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich langsamer aus der Krise heraus als erhofft. Das zeigen die Prognosen für 2026 und 2027 des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Die Lage bleibt schwierig. Es droht ein längeres Gefangensein in der Stagnation. Mehr zu den Gründen, und was laut den Ifo-Experten helfen könnte.

0,8 Prozent BIP-Wachstum für 2026 erwartet das Ifo Institut für Wirtschaftsforschung für 2026. Das kündigte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser am Donnerstag vor Journalisten an. Noch bis vor kurzem hatte das Ifo Institut für 2026 ein Wachstum 1,3 Prozent prognostiziert.

Gegenüber der Herbstprognose haben die Münchener Konjunkturforscher damit ihre Prognose für 2025 um 0,1 Prozentpunkte nach unten korrigiert, und für 2026 und 2027 um jeweils 0,5 Prozentpunkte. Für 2027 erwarten das Ifo nun 1,1 Prozent. Begründet wird dies unter anderem mit der US-Zollpolitik, die die deutsche Exportwirtschaft nach wie vor spürbar belaste. Laut ifo Prognose dämpfen die höheren US-Zölle das Wachstum 2025 um 0,3 Prozentpunkte und 2026 um 0,6 Prozentpunkte. Die Weltwirtschaft wachse zwar in den Jahren 2025 bis 2027 moderat um durchschnittlich 2,5 Prozent pro Jahr, doch die deutsche Industrie profitiere davon nicht und verliere weiter an Wettbewerbsfähigkeit.

Hinzukommt, dass laut dem Ifo Institut die geplanten staatlichen Investitionen aus den Sondervermögen Infrastruktur und Verteidigung sowie weitere Entlastungen für Unternehmen und Verbraucher nur verzögert wirken. Wollmershäuser wörtlich: „Die Maßnahmen der Bundesregierung helfen kurzfristig, aber sie reichen nicht aus, um langfristig die Produktionskapazitäten der deutschen Wirtschaft auszuweiten.“

Deutsche Wirtschaft: Gefangen in der Stagnation

Dass das Ifo Institut für 2026 pessimistischer planen würde, hatte sich am Montag bei dem „Weihnachtsbriefing“ von Ifo-Präsident Clemens Fuest in der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern bereits abgezeichnet. Die Datenlage in den vergangenen Wochen und Monaten so verdüstert, sagte er, dass diese Prognose nicht mehr zu halten sei und das Wachstum deutlich niedriger ausfallen werde. „Es sieht schlecht aus. Die wirtschaftliche Erholung wird nicht so kommen, wie sie lange erhofft worden ist.“

Die deutsche Wirtschaft befinde sich – und zwar über alle Wirtschaftsbereiche hinweg – „wirklich in einer schwierigen Lage“, urteilte Fuest. „Das ist kein Absturz, aber wirklich ein langes Gefangensein in der Stagnation.“ Deutschland befinde sich mit seiner Wirtschaftsleistung aktuell auf dem Niveau von 2019. Hoffnung auf eine baldige Wiederkehr des Wirtschaftswachstums machte der Ifo-Präsident nicht wirklich.

Lehren aus Italiens Wirtschaft ziehen

Wörtlich meinte er: „Ich muss in diesen Tagen oft an die Entwicklung in Italien denken. Italien ist ein Land, das ein Vierteljahrhundert nicht gewachsen ist.“ Die Wirtschaftsleistung in Italien sei zwar in den letzten Jahren ein wenig besser geworden, befinde sich aber auf dem Niveau von 1995. „Es ist also nicht selbstverständlich, dass Wachstum zurückkommt“, sagte er. Italien habe zum Beispiel in den 1990er Jahren viele Dinge wie etwa Textilien und Maschinen für Europa und die Welt produziert, die heute Chinesen produzieren. „Vielleicht ist der nächste China-Schock eben der, der uns trifft“, sagte Fuest – mit Verweis auf die momentane Situation in der Automobil- und Maschinenbau-Branche, die durch die zunehmende Konkurrenz aus China betroffen seien.

Im Wirtschaftsleben sei das normal, betonte er Fuest. Entscheidend sei aber, unterstrich Fuest, ob man auch über die Fähigkeit verfüge, sich daraus zu lösen, zum Beispiel Flexibilität. Eben diese habe Italien nicht gehabt und sei deshalb durch eine ganz schwierige Wirtschafts-Entwicklung gegangen. Es gibt also keine Garantie. Wir können auch ein Vierteljahrhundert stagnieren. Das kann durchaus passieren, wenn wir uns nicht bewegen“, warnte der Ifo-Präsident.

Ifo-Präsident pocht auf weniger Staatskonsum

Um so dringlicher sprach er sich dafür gegen eine weitere Ausweitung des Staatskonsums aus. „Das Einzige, was aktuell wächst, als gäbe es keine Krise, ist der öffentliche Sektor, also der Staatskonsum“, führte er aus- Die Privatinvestitionen, also die Investitionen von Unternehmen und Wohnungsbau, gehen dagegen stark zurück und befinden sich aktuell auf dem Jahr 2015.  Sprich: Der öffentliche Personalbestand wächst laut Fuest, während das industrielle Beschäftigungsniveau aktuell rund sechs, sieben Prozent unter dem Niveau von 2015 liegt. Problematisch ist dies insofern, da der Staat dafür Geld in die Hand nehmen muss, ohne dass Einnahmen dagegen stehen. „Diesen Weg, diese Expansion des Staatskonsums, können wir also unter keinen Umständen weiter gehen. Wir müssen uns verändern“, mahnte er an. Und diese Probleme ließen nicht dadurch lösen, „wenn wir immer nur versuchen, das zu bewahren, was wir immer schon hatten.“

Bessere Bedingungen für Innovationen schaffen

Deutschland benötige insbesondere neue Wertschöpfung und neue Ideen. Und dazu brauche es mehr Offenheit für neue Technologien. Auch in der Gesellschaft, betonte Fuest. Zudem brauche es bessere Bedingungen für Innovationen – sowohl in neuen Unternehmen, aber auch in bestehenden Unternehmen. Ein Dorn im Auge ist Fuest auch die Zweckentfremdung der aufgenommenen Mittel – Stichwort Sondervermögen Infrastruktur und Klimaschutz (SVIK). Mit anderen: es fehlt dadurch Geld für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur.

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