Geschäft unter Freunden

Wer Erich Dahringer, Inhaber des Münchener Speditions- und Logistikunternehmens Ascherl, persönlich kennt, kann erahnen, wie schwer ihm dieser Schritt gefallen ist: Zum 1. September 2014 hat er Ascherl mit den Standorten München, Hamburg und Hilden an den Ulmer Logistikdienstleister C.E. Noerpel verkauft. Das teilten beide Firmen am Montag vergangener Woche mit. Dieser Schritt zu diesem Zeitpunkt kam völlig überraschend - selbst für langjährige Partner der Stückgutkooperation IDS Logistik, zu deren Gründungsvätern in 1982 Ascherl gezählt hat. Ganze 67 Jahre hatte Dahringer um und für sein Unternehmen gekämpft, in dem er 1947 zunächst seine Ausbildung zum Speditionskaufmann absolviert hat, dessen persönlich haftender Gesellschafter er seit 1963 war, und das zuletzt über 70 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet hat. Alles das neben einer Vielzahl vielfältigster Ämter, die Dahringer, neben seiner Aufgabe als Firmenchef, innehatte: sowohl auf Verbands- und IHK-Ebene, aber auch als Ehrensenator der Bayerischen Wirtschaft und Mitglied des Gesamtpräsidiums des Wirtschaftsbeirats der Union sowie als LBS-Ehrenpräsident, um nur wenige Beispiele zu nennen. Immer wieder waren bei dem heute 82-Jährigen Kaufangebote für Ascherl eingegangen, galt er doch als führender speditioneller Platzhirsch im Süden Deutschlands. Dahringer hatte allen widerstanden. "An einen Speditionskonzern wollte ich nie verkaufen", sagt er gegenüber der Verkehrs-Rundschau. "Mein Ziel war immer die geordnete Übergabe an meine Tochter Ruth Weisner, die neben Thomas Link die Geschäfte von Ascherl geführt hat." Ungelöstes Nachfolgerproblem Doch nun kam alles anders: Seine Tochter wollte nicht mehr. "Das war mir seit Jahren bekannt", sagt Dahringer. Er habe aber bis zuletzt gehofft. "Wir hatten ein ungelöstes Nachfolgerproblem", sagt er knapp. Der ruinöse Wettbewerb im deutschen Stückgutmarkt sei also nicht der Verkaufsgrund gewesen. Er räumt aber ein, dass "das finanzielle Atmungspotenzial, das dem deutschen Mittelstand heute verbleibt, in keinem Verhältnis mehr zu dem persönlichen und finanziellen Aufwand steht, den ein Unternehmer hat". Ob es tatsächlich einen Bieterstreit um Ascherl gegeben hat, wie kolportiert wird, sagt Dahringer nicht. Auch den Verkaufspreis und Namen kaufwilliger Firmenchefs nennt er nicht. Angeblich soll unter anderem auch Hellmann mitgeboten haben, heißt es. Das Rennen gemacht hat, sofern man es überhaupt so bezeichnen will, letztlich der Ulmer Speditions- und Logistikdienstleister C.E. Noerpel, ebenfalls Gesellschafter der IDS Logistik. Warum gerade Noerpel? Da lächelt Dahringer fein: "Die Familien Noerpel-Schneider und Dahringer sind seit vielen Jahren gut befreundet", sagt er. "Da weiß ich, dass unsere Mitarbeiter besser als in einem Konzern aufgehoben sind." Außerdem sei ihm wichtig gewesen, dass der Verkauf "innerhalb der IDS-Familie" erfolgt sei, betont er. Der Verkauf an Noerpel ist deshalb interessant, da das Unternehmen schon in den vergangenen Jahren durch diverse andere Speditions-Zukäufe für Aufsehen in der Branche gesorgt hat. So übernahm Noerpel in 2008 Fross in Teningen bei Freiburg, 2012 Kentner in Heidenheim, 2013 die vormaligen Cordes & Simon-Standorte (später Kühne + Nagel) in Villingen-Schwenningen und jetzt zum 1. September 2014 die Ascherl-Aktivitäten in München, Hamburg und Düsseldorf. Binnen weniger Jahre wächst das Ulmer Unternehmen damit unter der Ägide des geschäftsführenden Gesellschafters Stefan Noerpel-Schneider von 520 Mitarbeitern und 107 Millionen Euro Umsatz (in 2007) in diesem Jahr auf voraussichtlich insgesamt 1700 Mitarbeiter und rund 280 Millionen Euro Umsatz. Mehr Stationen in den Zielländern Und Noerpel-Schneider plant weiter: "Wir wollen in Süddeutschland ein flächendeckendes Dienstleistungsnetz schaffen", führt er gegenüber der VerkehrsRundschau aus (siehe Interview). "Unser strategisches Ziel ist es, dank der Ascherl-Aktivitäten unsere Position als einer der Marktführer für internationale Verkehre nach Europa auszubauen". München sei dafür "eine strategisch wichtige Plattform für den Ausbau der Italien-, Österreich- und Osteuropaverkehre". Im Gegenzug profitiere der Ascherl-Standort in München von der Stärke Noerpels bei Frankreich-, Spanien- und Benelux-Verkehren. Die Verkehrsführung in diese Länder werde sich aber nur unwesentlich ändern, da man zu 90 Prozent die gleichen Partner im Ausland habe, sagt er. "Vorteil ist nur, dass wir nun mehr Stationen in diese Zielländer anfahren können". Und von dem Hamburger Ascherl-Standort verspricht er sich vor allem: "Wir können unseren Kunden aus Süddeutschland nun Containertransporte und Logistik inklusive der anschließenden Landverkehre aus einer Hand bieten". Hilden werde zudem für die Transporte in die Beneluxstaaten und nach Nordfrankreich eine wichtige Rolle spielen. Bleibt nur die Frage: Wie lange wird es noch die Marke Ascherl geben? Auch da setzt Noerpel-Schneider klar auf Kontinuität: "Aus den Ascherl-Standorten wird Ascherl + Noerpel. Das ist doch klar, oder?"

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