Geordnete Verhältnisse

Um das gewachsene Abfertigungsaufkommen im Hamburger Hafen besser zu koordinieren, wurde Ende 2017 auf Basis einer von Dakosy entwickelten Software das sogenannte Slotbuchungsverfahren (SBV) eingeführt - und zwar verpflichtend. "Wir haben die Einführung damals absolut begrüßt", stellt CTD-Geschäftsführer Ralph Frankenstein klar. Die Tochter des Terminalbetreibers HHLA führt Hafenumfuhren durch und organisiert Lkw-Transporte im Nah- und Fernverkehr. Kritik an dem System kann er wenig nachvollziehen: "Früher haben sich die Trucker beschwert, wenn sie im Stau standen, heute weil sie einen Slot buchen sollen", sagt Frankenstein. "Wir sind definitiv für die geordneten Verhältnisse." Mehr Planungssicherheit, weniger Staus Die sehen jetzt folgendermaßen aus: Prio 1 erhält ein Lkw, der pünktlich oder zumindest innerhalb des Toleranzzeitraums von plus/minus 30 Minuten um den einstündigen Slot am Terminal eintrifft. Prio 2 erhält, wer außerhalb dieses halbstündigen Puffers eintrifft, aber das Terminal noch innerhalb einer Zeitspanne von 90 Minuten vor oder nach dem gebuchten Slot erreicht. Er wird aber nur abgefertigt, wenn die Terminalkapazitäten das zulassen. Wer mehr als 90 Minuten vor oder nach dem gebuchten Slot ankommt, erhält schließlich Prio 3 und muss einen neuen Slot buchen. Für Marijo Pavlovic, Leiter Operations bei CTD, bedeutet das SBV vor allem Planungssicherheit: "Früher wusste man ja gar nicht, wie viel am Terminal los ist." Mancher ärgere sich jetzt vielleicht, dass zu attraktiven Zeiten Slots ausgebucht sind - im Vergleich zu früher habe sich aber vieles verbessert. "Die Zeiten der unkontrollierten Anstürme auf die Terminals und der Staus vor den Zufahrten sind zum Glück vorbei", so Pavlovic. Zu knapp bemessen findet er den Abfertigungsslot im Übrigen nicht. "Inklusive Puffer beträgt das Zeitfenster zwei Stunden - da muss schon einiges passieren, dass man es komplett verfehlt." CTD habe durch den Einsatz einer Fahrer-App zudem immer im Blick, wo sich ein Lkw befindet und wie der Auftragsstatus ist. "Sollte es knapp werden, nimmt die Software vollautomatisch eine Umbuchung vor", sagt Pavlovic. Mithilfe der gemeinsam mit dem TMS Cargo Support entwickelten App habe man die Slotbuchung automatisiert. Zu wenig Flexibilität bei Systemausfällen "Bemerkbar verändert haben sich die Abfertigungszeiten nicht", lautet das bisherige Fazit von Holger Schulz, Geschäftsführer der EKB Container Logistik aus Bremen. Der Spezialist für internationale Containertransporte gehört zu den größten deutschen Playern im Hinterlandverkehr der Hamburg-Antwerpen-Range. Seiner Ansicht nach hätten sich die Prozesse sogar eher zum Negativen entwickelt. "Wenn es zu einem Systemausfall kommt, fertigen die Terminals vorerst nicht manuell ab", klagt Schulz. Es dauere dann manchmal ein bis zwei Stunden, bis die Terminals das Go dafür bekommen, "in der Zeit geht dann nichts", so Schulz. Dass die Zeitfenstervergabe an sich grundsätzlich gut funktioniert, kann er bestätigen: "Wenn rechtzeitig, also zwölf bis 24 Stunden vorher, gebucht wird, bekommt man in der Regel auch den passenden Slot", sagt der EKB-Chef. Wird das Zeitfenster deutlich verfehlt, sei ein neuer Slot aber kurzfristig schwer zu bekommen, meint Schulz. Wie lange man dann warten muss, komme auf die jeweilige Auslastung am Terminal an: "Im schlechtesten Fall kann es mehrere Stunden dauern." Vor allem aber wünscht sich der Container-Transporteur, dass es am Hafen generell schneller geht: "Bei einem verbindlichen Slotverfahren darf die Abfertigungszeit nicht mehr als 45 Minuten per Container dauern", fordert Schulz. Darüber hinaus fehle es an Flexibilität, wenn es zu Ausfällen, sei es bei der Buchungsplattform oder den Systemen am Terminal, kommt. "Dann muss der Informationsfluss deutlich schneller sein und es sollte direkt manuell, ohne Slot und Tourenplan, abgefertigt werden." Für CTD-Chef Frankenstein gab es vor allem nach der Einführung folgendes Problem: Zu viele Unternehmen hätten "vorsorglich" Slots gebucht, die am Ende aber gar nicht genutzt wurden. "Natürlich gibt es immer noch vereinzelt welche, die sich sozusagen an sonnigen Tagen die Liege am Pool sichern wollen - es werden aber immer weniger", so Frankenstein. Mehr zum Thema finden Sie unter #Seefracht www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Immer größere Containerschiffe und entsprechend hoher Umschlag pro Schiffsanlauf: An den Hamburger Terminals wird die Lkw-Abfertigung seit Ende 2017 durch ein verbindliches Slotverfahren organisiert. Das entzerrt im Vergleich zu früher die Abläufe, Optimierungsbedarf gibt es aber weiterhin. Mit EMP 4.0 die Exportkette digitalisieren Bei bis zu 15 Akteuren pro Exportvorgang kursieren jede Menge Informationen - die allerdings in Teilen noch nicht digitalisiert und schon gar nicht an zentraler Stelle abrufbar sind. So erhalten heute beispielsweise weder Reeder noch Terminal automatisiert Informationen, ob sich Container im Vorlauf verzögern. Die Folge: Stellplätze werden unter Umständen verschenkt. Damit will das noch bis März 2021 laufende Forschungsprojekt Export Management Plattform 4.0 (EMP 4.0) aufräumen. In der Cloud sollen künftig alle Informationen für alle berechtigten Akteure zur Verfügung gestellt werden. Das Dach für das Projekt bildet das Förderprogramm Innovative Hafentechnologien (IHATEC) des BMVI. 14 Anwendungsfälle haben die Projektpartner, unter anderem Kühne + Nagel, DB Cargo, A. Hartrodt, Leschaco, HHLA, Eurogate und Transfracht, bislang identifiziert. Mit dem ersten Modul, dem Trouble Shooter, konnte bereits der Pilotbetrieb gestartet werden, teilt das Softwareunternehmen Dakosy als Verbundpartner mit. Dieser Soll-Ist-Abgleich berge laut Dakosy-Prokurist Dirk Gladiator den größten Nutzen:"Störungen werden so frühzeitig transparent gemacht. Die Teilnehmer können noch agieren und umbuchen, Stellplätze freigeben oder Container gar nicht erst auf den Weg bringen." mh

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