Berlin. Die Menschen in Deutschland müssen sich auf weitere Verschärfungen bei den Klimaschutzmaßnahmen einstellen. Dazu werde jetzt auch ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen nach 2009 unumgänglich, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch bei der Bewertung des Energie- und Klimaschutzpaketes der EU-Kommission. So klaffe bei den geplanten Maßnahmen zum Abbau der Kohlendioxid-Emissionen von 1990 bis 2020 um 40 Prozent doch noch eine etwas größere Lücke als bisher angenommen. Deshalb müsse nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“ das Tempolimit - nach den SPD- Plänen auf 130 Stundenkilometer - verstärkt in die Überlegungen einbezogen werden. Es würde nur mit 0,5 Prozentpunkten zur Zielerreichung beitragen. Da der Koalitionspartner Union hierbei nicht mitmache setze er auf die Zeit nach der Bundestagswahl 2009. Weitere Möglichkeiten zur Erreichung der Klimaschutzziele lägen im Bereich der Gebäudesanierung oder im weiteren Ausbau von Öko-Energien sowie bei Energieeinsparungen. Europa werde Klimaschutzvorreiter bleiben, begrüßte Gabriel die Vorschläge der Kommission: „Das ist ein gutes brauchbares Paket, was wir unterstützen sollten. (...) Deutschland fühlt sich den Zielen verpflichtet.“ Dies gelte vor allem für den einheitlichen von der EU künftig gesteuerten Emissionshandel in Europa und die Pflicht der Kraftwerksbetreiber, von 2013 an die CO2-Zertifikate zu 100 Prozent zu ersteigern und nicht mehr geschenkt zu bekommen wie in der ersten Handelsperiode 2005 bis Ende 2007. Derzeit müssen sie 10 Prozent Anteil erwerben, bekommen damit immer noch den größten Anteil geschenkt. Positiv sei, dass Wettbewerbsnachteile für die energieintensive deutsche Industrie wie Stahl- oder Zementhersteller abgewendet worden seien. Sie müsse damit keine Lasten im Emissionshandel tragen. Es mache keinen Sinn, solche Unternehmen ins Ausland zu verjagen, in Deutschland Arbeitsplätze abzubauen und dann in Ländern ohne strenge Klimaschutzvorgaben die Mengen Kohlendioxid zu produzieren, die es in Deutschland einspare. Auch der Bau vieler Kohlekraftwerke werde sich erübrigen, zumal von Großanlagen künftig verlangt werde, dass das bei der Produktion abgeschiedene Kohlendioxid sicher eingelagert werde. Geredet werden müsse in der EU jetzt noch einmal darüber, weshalb nicht alle Staaten ihre bisherigen Klimaschutzziele erreicht hätten, sowie über Einsparungen durch effizienteren Stromverbrauch in Geräten. Hier habe Brüssel bisher keine ehrgeizigen Vorschläge unterbreitet. Auch gebe es weiter den Streit über die CO2-Strategie für Autos, bei dem Brüssel nach Berliner Lesart die deutschen Hersteller großer Limousinen benachteiligt. In Deutschland gehe unterdessen die Gesetzgebung über das eigene Klimaschutzpaket weiter, so Gabriel. Nach bisher vorgelegten 14 Gesetzen und Verordnungen dazu würden weitere Vorhaben im Mai auf den Tisch gelegt. Für leicht erreichbar hält Gabriel das Ziel der EU-Kommission für Deutschland, das seinen Anteil an erneuerbaren Energien von der Wind- und Sonnenkraft bis zur Biomasse und Erdwärme bis 2020 auf 18 Prozent steigern solle. Wenn sich die EU ansonsten bei den Zielwerten jetzt weniger auf das Basisjahr 1990 beziehe, sondern auf 2005, verstehe er das gut. Das sei aber auch das Eingeständnis, dass Länder wie Griechenland, Spanien und Portugal weit von ihren bisherigen Klimazielen gemäß der internationalen Kyoto-Vereinbarung entfernt seien. Nun könnten sie mit neuen realistischen Zielen starten. Er sei auch erfreut, dass - nach Interventionen aus Berlin, Madrid und Paris - die Kommission davon abgelassen hat, bei Ökostrom künftig den Zertifikatehandel zur Pflicht zu machen. Dies hätte die nationalen erfolgreichen Fördersysteme unterlaufen.
Gabriel: Tempolimit und andere Klimaschutz-Verschärfungen nötig
Die Bundesregierung hält eine Verschärfung der Klimaschutzregeln aufgrund der EU-Beschlüsse für notwendig. Gabriel eröffnet erneut Diskussion zum Tempolimit.