Brüssel. Luft-, Bahn- und Infrastruktur: Der Verkehrsausschuss des Europaparlaments hat in diesen Bereichen deutliche Kritik an den Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten geübt. Sowohl für die zögerliche Einrichtung von neun Luftraumblöcken am europäischen Himmel als auch der Verhinderung eines freien Wettbewerbs im Schienengüterverkehr und dem fehlenden politischen Willen, beim Ausbau der Transeuropäischen Verkehrswege (TEN-V) wirkliche Fortschritte zu erzielen, bezogen die nationalen Regierungen Schelte. Die Verkehrspolitiker bemängelten außerdem die ihrer Meinung nach zu lasche Haltung der EU-Kommission in diesen Fragen.
Koordinator der Luftraumblöcke: Entwicklung der neun europäischen Zonen für den Luftraum geht zu langsam
"Von den neuen geplanten Luftraumblöcken sind erst zwei gegründet worden, nämlich der britisch-irische und der schwedisch-dänische", sagte der ehemalige Vorsitzende des Verkehrsausschusses, der Hamburger CDU-Politiker Georg Jarzembowski. Im August war er zum Koordinator der Luftraumblöcke ernannt worden. Vor dem Verkehrsausschuss berichtete er über seine ersten Wochen im Amt. Dabei habe er festgestellt, dass es die meisten Staaten nicht sehr eilig hätten, die vorgesehenen Blöcke ins Leben zu rufen. Neben den zwei bereits gegründeten sei erst für den dritten Block (Zentraleuropa mit Deutschland, Frankreich, der Schweiz und den Beneluxstaaten) der 2. Dezember als Datum für die Unterzeichnung des Vertrags vorgesehen.
Die Entwicklung der anderen sechs fehlenden Blöcke sei noch völlig offen. Dabei fangen laut Jarzembowski nach der Vertragsunterzeichnung erst die größten Schwierigkeiten an. Denn bei der funktionalen Ausgestaltung müssten Zuständigkeiten, die bislang national geregelt wurden, mit den Partnerstaaten geteilt werden. Da läge noch viel Konfliktpotenzial verborgen wenn es darum gehen werde, eigene Kompetenzen an die Gemeinschaft abzutreten.
Am 4. Dezember 2012 sollen alle Blöcke funktionieren. Viele Mitglieder des Verkehrsausschusses bezweifeln allerdings, dass dieses Datum aufgrund der zögerlichen Herangehensweise der Staaten eingehalten werden kann. "Ihre Ungeduld wird dem europäischen Anliegen, die Luftraumblöcke möglichst bald verwirklicht zu sehen, sicher gut tun", sagte Jarzembowskis ehemaliger Fraktionskollege, der Belgier Mathieu Grosch.
Beim Schienengüterverkehr herrscht immer noch zu wenig Wettbewerb
Er hatte zuvor schon die EU-Mitgliedsstaaten dafür getadelt, die Liberalisierung des Schienengüterverkehr eher zu behindern als zu fördern. "Man müsste überlegen, ob man den Mitgliedsstaaten künftig EU-Gelder für Verkehrsmaßnahmen nicht einfach streicht, wenn diese Maßnahmen nicht zur Verwirklichung von EU-Zielen führen", drohte Grosch. Anlass für diesen Vorschlag, der außer bei den Liberalen auf Unterstützung aller Fraktionen stieß, war die erneute Feststellung, dass ehemalige Staatsbetriebe die wirkliche Liberalisierung des Schienenverkehrs mit Hilfe der nationalen Regierungen verhinderten. Dass die EU-Kommission jetzt 13 Staaten, darunter auch Deutschland, verklagt habe und bei neun weiteren Anklagen prüfe, sei zwar löblich, käme aber viel zu spät.
Erneut war es Grosch, der den Reigen der kritischen Kommentare zur bisherigen TEN-V-Politik eröffnete. All die schönen Pläne, die die Kommission jetzt zu einer Neuorientierung erarbeite, seien zwar schön und gut. Aber man habe das alles schon einmal gehört. "Dabei muss man doch nur drei Dinge klären. Erstens: Was müssen wir machen? Zweitens: Wer muss was machen? Drittens: Wie bezahlt man das?" Dazu bedürfe es lediglich eines klar formulierten politischen Willens. Doch dieser fehle bei den meisten Mitgliedsstaaten. "Man hat die TEN-V-Projekte ohne Blick auf die Finanzen geplant", verwies die FDP-Politikerin Gesine Meißner auf das fehlende Geld, um die TEN-V-Projekte zu verwirklichen. "Wir wissen alle, dass wir die Projekte nie fertig bringen, da helfen auch keine neuen Geldtöpfe", sah der Grünen-Abgeordnete Michael Cramer gänzlich schwarz für die derzeitige transeuropäische Verkehrswegepolitik. (kw)