EU-Ministerrat beschließt Straßentransport-Paket

16.06.2008 17:06 Uhr
Reding
EU-Kommissarin Viviane Reding und Soweniens Verkehrsminister Radovan Zerjav dem EU-Rat in Luxemburg (Bild: Wahl)
© Foto: Wahl

Verkehrsminister finden Kompromiss zur Neuregelung der Berufszulassung für Straßentransportunternehmer und der Kabotagebestimmungen

Luxemburg. Die EU-Verkehrsminister erreichten am Freitag in Luxemburg gegen die Stimme Österreichs einen Kompromiss zur Neuregelung der Berufszulassung für Straßentransportunternehmer und des Marktzugangs für den grenzüberschreitenden Güter- und Personenkraftverkehr. Die Ministerrunde entschied sich für eine Begrenzung der LKW-Kabotage auf drei Fahrten in sieben Tagen im Anschluss an einen internationalen Transport. Möglich werden sollen außerdem bis zu drei Kabotagetouren bei der Rückfahrt ins Land der KFZ-Zulassung. Dabei ist aber in jedem zu durchquerenden EU-Staat nur ein Kabotagedienst gestattet. Auch muss der Laster bei der Einfahrt ins Transitland unbeladen sein. Hat er Fracht an Bord, gilt dies als internationale Beförderung, auf die wiederum die Formel „drei Fahrten in sieben Tagen“ zutrifft. Nur Österreichs Verkehrsminister Werner Faymann votierte gegen die Regelung, da sie „eine Verschlechterung in allen wesentlichen Fragen“ sei und zusätzlichen LKW-Verkehr mit wachsenden Umweltbelastungen mit sich bringe. Der Stimme enthielten sich Portugal, Tschechien und Italien. Dessen neuer Verkehrsminister Altero Matteoli zeigte sich über die Kompromissofferte des slowenischen Ratsvorsitzes „sehr enttäuscht“ und forderte eine Vertagung des Dossiers. Erst nach einer einstündigen Unterbrechung der Debatte für bilaterale Gespräche erklärte er sich bereit, den Konsens nicht zu gefährden und sich neutral zu verhalten. Nicht weit genug ging die Kabotagelösung den Niederlanden, Litauen, Portugal, Rumänien, Bulgarien und Irland, die mehr Freizügigkeit verlangten. Schon vor fünfzehn Jahren habe man sich auf eine Liberalisierung der Kabotage geeinigt, die nun schnellstens kommen sollte, forderte der niederländische Verkehrsminister Camiel Eurlings. Deshalb sei die Position des Europäischen Parlaments aus erster Lesung „noch schönere Musik in meinen Ohren“. Das Abgeordnetenplenum hatte sich am 21. Mai ebenfalls für drei Fahrten in sieben Tagen ausgesprochen, will aber zwei Jahre nach Anwendung der neuen Marktzugangsverordnung sieben Kabotagetouren in sieben Tagen und ab 2014 die totale Marktöffnung zulassen. Auch Portugals Vertreter hat diese Lösung „beeindruckt“. Beschränkungen des Wettbewerbs im EU-Binnenmarkt und eine „Liberalisierung à la carte“ sind für ihn ein „Rückschritt“ und deshalb ein „Schuss ins Knie“. Man werde aber kooperativ sein und sich der Stimme enthalten, erklärte er vor dem Votum. Rumänien forderte „keinen Protektionismus“, sondern „soviel Liberalisierung wie möglich“. Die große Mehrheit unterstützte die Kabotageformel als konkreten Handlungsrahmen im Gegensatz zur bisherigen vagen Formulierung einer „Zeitweiligkeit“ der Kabotage, die sehr unterschiedlich interpretiert wurde. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee bezeichnete die Lösung als „einen guten Kompromiss“. Mit klaren Regeln könne man besser gegen Sozialdumping vorgehen. Leerfahrten würden vermieden und „effizientere, umweltgerechtere und damit auch wirtschaftlichere Transporte" gefördert. Der EU-Ministerrat will nationale Schutzklauseln bei gravierenden Marktstörungen erlauben. Noch gelten für die meisten Länder, die der Gemeinschaft im Mai 2004 und Anfang 2007 beigetreten sind, für maximal fünf Jahre Kabotagebeschränkungen. Der Rat forderte die Kommission auf, bis Ende 2013 einen Bericht zu den Folgen der neuen Kabotagepraxis vorzulegen. Danach soll über weitere Schritte zur Liberalisierung der LKW-Inlanddienste landesfremder Transporteure entschieden werden. Die EU-Kommissarin für Telekommunikation Viviane Reding, die ihren für Verkehr zuständigen neuen Amtskollegen Antonio Tajani vertrat, hatte darum gebeten, die ursprünglich schon für 2012 vorgesehene Analyse zu verschieben, um mehr Zeit für eine Tiefenprüfung zu haben. Sie begrüßte den „ausgewogenen Kompromiss“, der den 900.000 Transportbetrieben in der EU mehr Rechtssicherheit bringe. Derzeit gebe es 27 verschiedene einzelstaatliche Kabotagebestimmungen, die den Wettbewerb unter ungleichen Bedingungen behinderten.

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