E-Fuels: Wissing schaltet einen Gang höher

In Kürze Bundesverkehrsminister Volker Wissing will so schnell wie möglich eine rechtliche Grundlage für die Verwendung von E-Fuels schaffen. Eine neue Konstellation in der EU Kommission könnte ihm dabei helfen, dennoch gibt es einige Kritiker, die E-Fuels im Straßenverkehr fehlplatziert sehen. Vor knapp einem Jahr waren E-Fuels plötzlich in aller Munde. Im Frühjahr dann wurde es wieder etwas ruhiger, und jetzt sind E-Fuels wieder im Gespräch. Dank einer internationalen Konferenz, die Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Rande der IAA zu diesem Thema ausgerichtet hat. Wissing war es auch, der E-Fuels im vergangenen Herbst zum EU-weiten Thema machte. Damals hatten sich die EU-Gesetzgeber gerade auf das Aus für den Verbrennungsmotor in Pkw geeinigt. Wissing legte sein Veto dagegen ein. Ziemlich unerwartet, weil Deutschland im Gesetzgebungsprozess immer mit am Tisch saß und schon vorher auf Änderungen hätte pochen können. Monatelang blockierte Deutschland dann die endgültige Verabschiedung des Gesetzes, durch das der CO2-Ausstoß von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen neu geregelt werden soll. Eine Blockade mit Erfolg: Die EU-Kommission verpflichtete sich im März dazu, eine Zusatzregel in das Gesetz zu schreiben, durch die Verbrenner-Pkw auch nach 2035 neu zugelassen werden dürfen, wenn sie mit E-Fuels betrieben werden. Bislang hat die EU-Kommission ihr Versprechen allerdings nicht eingelöst. Statt wie geplant vor der Sommerpause soll der Zusatztext nun erst im November kommen. So die Gerüchteküche in Brüssel, wo personelle Veränderungen die Perspektiven für E-Fuels im Straßenverkehr jüngst verbessert haben. Denn der in puncto E-Fuels skeptische EU-Vizepräsident Frans Timmermans hat die Kommission Richtung niederländische Politik verlassen. Sein Nachfolger, der Slovake Maros Sefcovic, gilt als jemand, der dem Thema E-Fuels offener gegenübersteht. Mit ihm hat sich Wissing auch schon getroffen und die Kommission an ihr Versprechen vom Frühjahr erinnert. Konferenz für E-Treibstoffe Das bestätigte Wissing jetzt am Ende der von ihm einberufenen Konferenz "E-Fuels im Fokus: Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehrssektor". Knapp 80 Experten aus elf Ländern nahmen an der Konferenz teil. Aus der Politik waren neben Wissing auch der tschechische Verkehrsminister Martin Kupka sowie die japanische Ministerin für Wirtschaft, Handel und Industrie, Fusae Ota, vor Ort. Alle drei betonten das Potenzial, das in E-Fuels als CO2-armer bzw. -freier Kraftstoff liege. Vor allem für die Luft- und Schifffahrt, aber auch für den Straßenverkehr inklusive Lkw. Das hätten alle Teilnehmer der Konferenz bestätigt. Dafür müsse man international zusammenarbeiten, um überall von vornherein gleiche Standards zu entwickeln. Solche Dinge sind in Europa eigentlich Aufgabe der EU. Doch Wissing will wohl nicht auf die EU warten. Und scheint überdies beim Thema E-Fuels mittlerweile sehr umtriebig zu sein. "Herr Wissing wird in Japan als Minister E-Fuel bezeichnet", sagte Ota schmunzelnd auf der Pressekonferenz. Durchaus mit Wohlwollen, aber auch mit viel Kritik beobachtet der CSU-Verkehrspolitiker und Europaabgeordnete Markus Ferber diese neue Umtriebigkeit von Wissing. "Verkehrsminister Wissing hat das Thema Technologieneutralität als Ganzes leider verschlafen", sagt Ferber. Und fügt hinzu: "Wäre die FDP und die Ampel-Regierung viel früher im EU-Gesetzgebungsprozess eingesprungen und hätte sich für einen technologieoffeneren Zugang eingesetzt, wären wir heute nicht, wo wir derzeit stehen." Sprich: Dann hätte man E-Fuels ohnehin schon für Pkw vorgesehen, für Lkw wäre das auch schon im aktuell laufenden Gesetzgebungsprozess ein Thema. Internationale Abstimmungen hätten bereits begonnen, die Autohersteller hätten mehr Planungssicherheit. Außerdem findet Ferber, dass Wissing die Kommission mit viel mehr Nachdruck an die Zusagen vom vergangenen März erinnern müsste als nur durch ein "Vier-Augen-Gespräch" mit Sefcovic. Potenzial für E-Fuels im Straßenverkehr sieht Ferber auf jeden Fall. Sie hätten eben den enormen Vorteil, "dass sie direkt in Bestandsfahrzeugen genutzt werden können, die ja über 2035 hinaus auch noch auf europäischen Straßen rollen werden", so Ferber. Das gilt tatsächlich auch für Lkw, wie Leon Zacharias, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Supply Chain Management (ISCM-HSG) an der Universität St. Gallen auf Anfrage der VerkehrsRundschau bestätigt. E-Fuels könnten ohne Umrüstung der Lkw-Motoren genauso verwendet werden wie Lkw-Diesel. E-Fuels in Lkw bezeichnet Zacharias als "sehr sinnvoll" bei den Bemühungen, den CO2-Ausstoß zu verringern. Denn die Menge CO2, die beim Gebrauch von E-Fuels an die Umwelt abgegeben werde, entspreche genau der Menge, die bei ihrer Herstellung aus der Umwelt genommen werden müsse. Außerdem bekämen die Unternehmen des Straßengütertransports mit der Zulassung von E-Fuels die Sicherheit, dass Investitionen in Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren sich auch langfristig tatsächlich lohnen. "Politische Farce" Bei den politischen Gegnern von E-Fuels im Straßenverkehr haben solche Argumente allerdings keine Chance. Die synthetischen Kraftstoffe seien für die Schiff- und Luftfahrt eine gute Alternative, weil dort der Einsatz von Elektromotoren schwierig sei, sagt Anna Deparnay-Grunenberg, Europaabgeordnete und Verkehrspolitikerin der Grünen. Im Straßenverkehr seien E-Fuels hingegen eine "politische Farce". "Autos und Trucks, die mit E-Fuels betrieben werden, stoßen nämlich immer noch genauso viele Schadstoffe aus wie herkömmliche Verbrenner", behauptet Deparnay-Grunenberg. Das sind E-Fuels "E-Fuels sind vom Aufbau genau gleich wie herkömmliche, fossile Kraftstoffe", erklärt Leon Zacharias, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Supply Chain Management (ISCM-HSG) an der Universität St. Gallen. Denn herkömmlicher Diesel und Benzin bestünden jeweils aus Kohlenwasserstoffverbindungen (CH). Diese würden bei der Herstellung von E-Fuels durch die Zusammenführung von Wasserstoff, der durch Elektrolyse gewonnen werden können, und CO2 aus der Umgebungsluft entstehen. "Ergo: E-Fuels können überall da genutzt werden, wo derzeit Diesel bzw. Benzin genutzt wird", so Zacharias. kw Kay Wagner, Brüssel-Korrespondent

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