Diese Folgen hat die Zollrechtsreform

Mit Inkrafttreten des neuen Unionszollkodex (UZK) zum 1. Mai müssen sich Spediteure und Lagerhalter auf eine Änderung des Zollrechts einstellen. Bei nicht vorsätzlichen Verstößen sind künftig etwa mehr Heilungsmöglichkeiten beziehungsweise weitere Tatbestände vorgesehen, die das Erlöschen einer Zollschuld - also der Verpflichtung zur Zahlung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben - begründen. Bislang drohen bei der Übernahme von Versand- oder Lagerverfahren bereits bei kleinsten Fehlern im Rahmen der Zollanmeldung hohe Abgabenforderungen. Eine Heilung kommt nach derzeitigem Recht nur infrage, wenn der Verstoß keine erheblichen Auswirkungen auf das Zollverfahren hat. Allerdings gilt dies nur bei einer Zollschuld wegen Verletzung von Pflichten aus dem Zollverfahren. Diese Regelung wird durch den UZK auf alle Gründe ausgeweitet. Danach kann die Zollschuld auch erlöschen, wenn die Ware vorschriftswidrig verbracht oder der zollamtlichen Überwachung entzogen wurde. Die Wiederausfuhr einer Ware kann in bestimmten Fällen ebenfalls zum Erlöschen der Zollschuld führen. Eine solche Heilung ist nur noch dann ausgeschlossen, wenn ein Täuschungsversuch vorliegt. Viele Routinefälle werden sich in Zukunft auf diese Weise lösen lassen. Verbesserungen für AEO Der UZK sieht Vereinfachungen für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (AEO) vor. Bis 2020 soll eine zentrale Zollabwicklung möglich sein. Der Ort der Warengestellung darf dann von dem der Zollanmeldung abweichen. Dies soll länderübergreifend funktionieren, sofern die IT-Systeme der Mitgliedstaaten rechtzeitig darauf ausgelegt sind. Für den AEO wäre dies von Vorteil, weil er künftig nur noch über ein System mit einer Zollstelle kommunizieren müsste. Allerdings sind Verzögerungen bei der Umstellung zu erwarten. Neu einführt werden ermäßigte Sicherheitsleistungen beim Zahlungsaufschub: Der Zoll kann AEO bewilligen, zur Sicherung der Zollschuld für mehrere Vorgänge, Zollanmeldungen oder -verfahren eine Gesamtsicherheit zu leisten. Die Voraussetzungen dafür knüpfen an die heutigen AEO-C-Kriterien an. Antragsteller, die den AEO-C-Status haben, dürfen darüber hinaus eine verringerte Gesamtsicherheit hinterlegen, die bis auf 50, 30 oder 0 Prozent des Referenzbetrags reduziert werden kann. Ab 1. Mai soll der AEO-Status an zusätzliche Bewilligungskriterien geknüpft sein. Künftig dürfen keine schwerwiegenden oder wiederholten Verstöße gegen zollund steuerrechtliche Vorschriften vorliegen - die bisherige Beschränkung auf zollrechtliche Vorschriften entfällt somit. Diese neuen Voraussetzungen muss der Zollbeauftragte des jeweiligen Unternehmens erfüllen. Änderungen der Zollverfahren Der UZK enthält für alle in Artikel 210 genannten besonderen Zollverfahren (Versand, Lagerung, Verwendung, Veredelung) gemeinsame, allgemeine Vorschriften. Damit sind die Regeln zu Themen von verfahrensübergreifender Bedeutung übersichtlich zusammengefasst, etwa Beförderungen im Rahmen des Verfahrens oder die Nutzung von Ersatzwaren. Das Rückerstattungsverfahren bei der aktiven Veredelung und die Differenzverzollung bei der passiven Veredelung entfallen ebenso wie die Freizone Kontrolltyp II und der Zolllagertyp D. Unternehmen, die solche Zollverfahren in Anspruch nehmen, müssen frühzeitig ihre Prozesse an die neuen Vorschriften anpassen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) sind für Wirtschaftsbeteiligte ein wichtiges Instrument, um Rechtssicherheit über die auf ihre Waren entfallenden Einfuhrabgaben zu erlangen. Ihre Beantragung war bisher ohne Risiko, da Unternehmen nicht gezwungen sind, sie zu verwenden, wenn sie ihrer Auffassung widersprechen. Rechtlich binden diese bisher nur die Zollbehörde. Nach dem neuen Zollrecht bindet eine vZTA nicht mehr nur die Zollbehörden, sondern auch deren Inhaber. Er muss in der Zollanmeldung künftig eindeutiger darauf Bezug nehmen. Um Haftungsrisiken vorzubeugen, ist es wichtig, dass Zollvertreter wie Spediteure ihre Kunden über diese Neuregelung aufklären und eine Bestandsaufnahme über bestehende Auskünfte machen. Die Gültigkeit einer vZTA beträgt künftig drei statt bisher sechs Jahre. Das gilt auch für Auskünfte, die vor dem 1. Mai 2016 erteilt worden sind. Einheitliche IT-Systeme Der UZK verpflichtet die Zollbehörden der Mitgliedstaaten und Wirtschaftsbeteiligte, bis 2020 komplett auf einen elektronischen Datenaustausch für die Kommunikation umzusteigen. Das papiergestützte Zollverfahren soll es bis dahin nicht mehr geben. Die dafür notwendigen IT-Systeme befinden sich im Augenblick aber noch in der Entwicklung. Geplant ist, die notwendigen technischen Voraussetzungen EU-weit schrittweise einzuführen. Der Prozess wird aber voraussichtlich länger dauern. In Deutschland wird zunächst weiter das IT-Verfahren ATLAS verwendet werden. Für Wirtschaftsbeteiligte ist es wichtig, sich mit den Übergangsregelungen auseinanderzusetzen und ihre Prozesse rechtzeitig darauf abzustimmen. Fazit: Die Einführung des UZK verlangt Wirtschaftsbeteiligten erhebliche Anpassungen ab und stellt gerade Dienstleister wie Spediteure vor Herausforderungen. Der sofortige Übergang zum neuen Zollrecht ist dabei erst der Anfang eines längeren Umstellungsprozesses, der sich mit der schrittweisen Einführung der IT-Systeme bis mindestens 2020 hinziehen dürfte. Bestehende Bewilligungen passt der Zoll sukzessive ab 1. Mai 2016 bis zum 1. Mai 2019 an die neue Rechtslage an. Exportierende und importierende Unternehmen sollten aber nicht abwarten, bis die Behörden reagieren, sondern ihre Prozesse frühzeitig einer Prüfung auf erforderliche Veränderungen unterziehen. Für deren Dienstleister ist es wichtig, sich gegen neue Haftungsrisiken abzusichern. Zum UZK gehören mehrere Durchführungsregeln: Neben dem Delegated Act (DA) und dem Implementing Act (IA) gibt es den Transitional Delegated Act (TDA), der regelt, welche Vorschriften in der Übergangszeit bis 2020 gelten. Um eine einschlägige Rechtsgrundlage zu finden, müssen alle vier Rechtsakte nebeneinander gelesen werden, was die Umstellung nicht gerade erleichtert. Lothar Harings ist Rechtsanwalt in der Sozietät Graf von Westphalen sowie Geschäftsführer der Hamburger Zollakademie (www.hza-seminare.de) Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Zollrecht" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Zollschulden ue Haftungsrisiken für Dienstleister im Außenhandel Mit dem UZK erweitert sich der Kreis der möglichen Zollschuldner. Auch Vertreter von Exporteuren und Importeuren - etwa Spediteure - können künftig zur Kasse gebeten werden.Nach dem neuen Recht schuldet neben dem Zollanmelder auch derjenige Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, der die für die Zollanmeldung erforderlichen Angaben geliefert" hat und "gewusst hat oder vernünftigerweise hätte wissen müssen", dass die Angaben falsch waren.Unklar ist bisher, ob lediglich vom Zollvertreter ergänzte Angaben oder sämtliche von ihm im Namen des Anmelders an den Zoll übermittelte Angaben gemeint sind. Spediteure sollten hier sehr vorsichtig sein. Besonders dann, wenn sie für den Kunden eigenständig zollrelevante Angaben ermitteln: etwa Warentarifnummern oder Angaben zum Zollwert. In der Praxis noch zu klären ist zudem, ob diese Haftung auch mit Zollfragen befasste Mitarbeiter persönlich treffen kann.Neue Haftungsrisiken könnten auf Spediteure und ihre Mitarbeiter gleichfalls bei Zollschulden infolge von Verstößen gegen die Zollvorschriften zukommen. In diesen Fällen können sich die Zollbehörden laut UZK auch an den Vertreter des Pflichtigen und sonstige Beteiligte wenden, sofern diese von dem Verstoß wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen. Nach dem neuen Zollrecht kommt es also mehr als bisher auf belastbare Haftungsvereinbarungen mit dem jeweiligen Auftraggeber an, damit im Ernstfall Schäden nicht am Auftragnehmer hängenbleiben. lh

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