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„Die Warenströme nach China werden sich ändern“

04.09.2015 17:19 Uhr
„Die Warenströme nach China werden sich ändern“
Volkswirt Henning Vöpel leitet als Direktor und Geschäftsführer das Hamburgische WeltwirtschaftsInstitut HWWI
© Foto: HWWI

Der Volkswirt Henning Vöppel erklärt im Interview, was der China-Crash für die Wirtschaft bedeutet auf welche Änderungen sich Logistiker in Chinaverkehren einstellen müssen.

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VerkehrsRundschau: Das Hoch und Runter an den weltweiten Börsen und vor allem in China verunsichert nicht nur Börsianer. Auch die deutsche Wirtschaft fragt sich: Was bedeutet der China-Crash für die Konjunktur?

Henning Vöpel: Wir wissen nicht genau, ob es sich bloß um eine leichte Marktkorrektur handelt oder eine echte Krise. Es könnte sein, dass die Verwerfungen größer sind, das hätte dann tief greifende Folgen für die deutsche Konjunktur. Es könnte aber auch nur eine kleine Delle sein, die wir im Jahresverlauf gut wegstecken können. Nach meiner Einschätzung ist es eher eine Marktkorrektur, die übertriebene Markterwartungen an die Realität anpasst.

Also keine Panik?

Mittelfristig sind die Wachstumsperspektiven für China weiterhin günstig, deswegen können Logistiker ruhig bleiben. Zwar rechnen wir mit einem Rückgang der Wachstumsraten von zehn Prozent auf nur noch rund sechs Prozent. Dies ist zwar eine neue Situation. Man darf jedoch nicht vergessen: Fünf Prozent bezogen auf eine mittlerweile sehr viel größere Volkswirtschaft bedeuten insgesamt einen größeren Volumenzuwachs als die hohen Raten der Vergangenheit.

Gilt denn noch der alte Grundsatz: Alles unter sieben Prozent Wachstum in China ist schlecht für die Weltwirtschaft?

Dieser Wert gilt sicher in dieser Höhe nicht mehr. Dennoch: Die chinesische Wirtschaft und ihr Wachstum sind entscheidend für die Weltwirtschaft und damit auch für die Transport- und Logistikbranche. Die nächste Phase der chinesischen Volkswirtschaft mit den demografischen, technologischen und umweltpolitischen Begrenzungen des Wachstums ist komplex und anspruchsvoll. Aber ich bin sicher, dass China diese Herausforderungen konsequent annimmt.

Richten wir den Blick nach vorne: Auf welche Änderungen der Transportströme Richtung China müssen sich Logistiker einstellen?

China verändert sich rasch, Wachstum wird zunehmend durch technischen Fortschritt erzeugt. Gerade zwischen Europa und China wird es in Zukunft einen sogenannten intraindustriellen Handel geben – wie er bereits jetzt etwa zwischen den USA und Deutschland oder innerhalb Europas existiert. Intraindustrieller Handel heißt, dass die Partner mit gleichen Gütern handeln. Dadurch werden sich die Güterströme und Handelsrouten global verschieben.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Auch die Chinesen werden in Zukunft verstärkt Maschinen und Autos produzieren und nach Europa liefern – es heißt dann nicht mehr: Maschinen gegen Textilien.

Weg von China: Welche Regionen laufen gut und wo gibt es Probleme?

Die USA sind und bleiben zunächst der Treiber, von allen Wirtschaftsregionen und Währungsräumen sind sie am besten aus der Krise gekommen. Indien ist relativ robust, Brasilien und Russland bleiben schwach.

Welche Faktoren sind eigentlich für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes wichtig?

Wachstum wird zukünftig viel stärker vom technischen Fortschritt geprägt sein. Ein zweiter wichtiger Punkt sind verlässliche Institutionen. Diese Punkte werden zu einer Differenzierung zwischen gut und schlecht laufenden Wirtschaftsräumen führen, stark getrieben auch von politischen Faktoren.

Wie wird sich das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland in diesem Jahr entwickeln?

Wir gehen für Deutschland von 1,9 Prozent BIP-Wachstum aus. Für das nächste Jahr sehen wir 1,7 Prozent Wachstum. Die Risiken, dass es in der Weltwirtschaft zu Verwerfungen kommt, sind aber gestiegen.

Das Interview führte Tobias Rauser, Chef vom Dienst der VerkehrsRundschau

Um was es geht: Logistiker sorgen sich um China
Eigentlich brummt Deutschlands Wirtschaft, doch das weltweite Börsen-Beben, das seinen Ursprung in China hat, verunsichert Transport- und Logistikverantwortliche. Noch ist unklar, ob in China die große Blase platzt oder ob es nach einigen Rückschlägen weiter bergauf geht. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft wäre ein Crash in Asien ein herber Rückschlag. (tr)

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