Die Unsicherheit bleibt

Viel war in den letzten Wochen und Monaten in der Tagespresse von Gastronomiebetrieben zu lesen, die sich mit der Stundung von monatlich auflaufenden Kosten etwas Luft verschaffen konnten - vorausgesetzt der Vermieter oder die Brauerei spielte mit. Wenn Leasing zur Belastung wird Weniger groß ist die breite Aufmerksamkeit dagegen für die vielen geleasten Lkw in den Fuhrparks, die schließlich auch dann Geld kosten, wenn sie aufgrund Corona-bedingter Auftragsflaute ungenutzt auf dem Hof stehen. Wäre das Prinzip Stundung auch etwas für Leasing-Fahrzeuge? "Stundungen können den Leasingnehmern eine Atempause verschaffen - zumal davon auszugehen ist, dass sich die Unternehmen nach der Krise wieder erholen", erklärt Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen. Das zentrale Problem für den Verband sei aber: Stundungen müssten zwingend staatlich abgesichert sein, um Ausfallrisiken für die Leasingunternehmen zu verringern. "Denn die Leasinggüter sind überwiegend fristenkongruent über Banken finanziert. Folglich können Leasinggesellschaften den Stundungsanfragen kaum nachkommen, ohne sich selbst nicht vertretbaren Risiken auszusetzen", betont die BDL-Hauptgeschäftsführerin. Die Leasingwirtschaft selbst schaut laut Ifo Geschäftsklima Mobilien-Leasing denn auch ausgesprochen pessimistisch in die Zukunft. Sowohl die Werte für die gegenwärtige Lage wie auch der Ausblick auf die Geschäftsentwicklung in den nächsten sechs Monaten sind zuletzt ins Bodenlose gefallen. Während sich der BDL eigenen Angaben zufolge weiterhin bei der Politik für ein garantiegesichertes Stundungsmodell einsetzt, bleiben Leasingnehmern aktuell die bekannten Staatshilfen: "Um unsere Kunden zu unterstützen, haben wir uns zugleich für die Öffnung der KfW-Förderkredite starkgemacht", betont Conen. Leasingnehmer könnten diese also auch nutzen, um Leasingraten zu bedienen. Ob Leasinggeber das Ausfallrisiko von Stundungen auf sich nehmen, hänge allerdings vom Vertrag und von der individuellen Kundenbeziehung ab, so Conen. Eine Sache des Goodwills Dass es aber einen Versuch wert sein kann, mit dem Leasinggeber - das sind im Transportgewerbe nicht selten auch die Finanzierungsarme der Lkw-Hersteller - zu verhandeln, weiß Johann Hiltmair von Hiltmair Management Consultants in Grasbrunn bei München (siehe Interview auf S. 18). "Abhängig von der Bedeutung des Kunden wird ein Lkw-Hersteller unter Umständen mit sich reden lassen", so der Fuhrparkexperte. Ein Modell sei etwa, die Raten für einen gewissen Zeitraum zu halbieren und den Kunden die 50 Prozent nachzahlen zu lassen, wenn das Geschäft wieder besser wird. Oder bei längeren Standzeiten zu versuchen, die Leasingrate der niedrigeren Kilometerleistung anzupassen. "Das alles hängt aber am Goodwill des Herstellers", betont Hiltmair. Kleine Kunden, die möglicherweise auch noch eine schlechte Bonität mitbringen, seien aber in einer ganz schwierigen Verhandlungsposition. "Hier sind die Lkw-Hersteller in einer ähnlichen Situation wie Banken, die aktuell über Hilfskredite entscheiden - und ihr eigenes Risiko genau abwägen müssen", sagt Hiltmair. Auch wenn das Gröbste überstanden ist und das Geschäft wieder anläuft, dürfte eine gewisse Unsicherheit bleiben. Sollten Unternehmen mit eigenem Fuhrpark ihren Finanzierungsmix also künftig noch flexibler ausrichten? Eine Zunft sagt ganz klar Ja: die Nutzfahrzeugvermieter. "Insbesondere in unsicheren Zeiten wie diesen zahlt es sich aus, wenn ein großer Teil des Fuhrparks aus Mietfahrzeugen besteht", sagt etwa Simon Greiwing, Geschäftsführer Greiwing Truck and Trailer (GTT) aus Greven. So blieben die Aufträge kalkulierbar, "wie auch immer die Zukunft aussehen wird". Eine taggenaue Abrechnung sei ebenso möglich wie eine flexible Mietdauer ohne Vertragsbindung. Die Mietdauer könne dabei auf die Wünsche des Kunden zugeschnitten werden: von einem Tag bis hin zu 60 Monaten. Im Bedarfsfall stellt GTT übrigens neben den Fahrzeugen auch Fahrer zur Verfügung. "Der Unternehmer macht sich unabhängig von unkalkulierbaren Krankheits- und Urlaubsausfällen", so Greiwing. Ins gleiche Horn stößt Euro-Leasing. "Die Mietlaufzeit und der Umfang an Flexibilität richten sich ganz nach dem Bedarf unserer Kunden", erklärt Geschäftsführer Armin Hofer. Der Vermieter aus Sittensen bewarb zuletzt eine "Sofort-Aktion", die auf einen kurzfristigen Bedarf von bis zu sechs Monaten ausgelegt ist und viele inkludierte Zusatzleistungen mitbringt, darunter Haftpflicht- und Kasko-Schutz, Reifenverschleiß, Maut, Steuern sowie Wartung und Reparatur. Auch das neue Gespann TIP Trailer Services und Pema - TIP hatte Pema Ende 2019 übernommen - betont den Faktor flexible Laufzeiten. "In unsicheren Zeiten ist man gezwungen, auf Sicht zu fahren", sagt Udo Brestel, Vertriebsleiter Pema, und verweist auf die breite Range und Verfügbarkeit von Pema-Fahrzeugen. "Ob Miete über wenige Wochen bis zu mehreren Jahren, Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen bis hin zum Sale-and-Lease-Back - gemeinsam finden wir die bestmögliche Lösung", ergänzt Oliver Bange, Geschäftsführer Zentral- und Osteuropa bei TIP. Fuhrpark muss "atmen" können Sollte man jetzt also die Mietquote deutlich ausbauen? Fuhrparkexperte Hiltmair plädiert generell für einen, wie er es nennt, "atmenden Fuhrpark", der sich durch unterschiedlich lange Leasinglaufzeiten und einen gewissen Mietanteil auszeichnet. Für Unternehmen, die vor allem für Kunden mit aktuell unsicheren Geschäftsperspektiven tätig sind, düfte der Ausbau der Mietquote dennoch eine Option sein. "Und natürlich für all diejenigen, die befürchten, dass noch mal ein Shutdown kommen könnte", sagt Hiltmair. Mehr zum Thema finden Sie unter #Miete www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Nicht nur in Krisenzeiten zahlt es sich aus, im Fuhrpark auf einen ausgewogenen Finanzierungsmix zu setzen. Erst recht, wenn das Geschäft wieder hochläuft, lautet das Zauberwort Flexibilität. Leasingverträge mit unterschiedlich langen Laufzeiten und eine gesunde Mietquote können dabei helfen. "Hintertür offen lassen" Müssen Unternehmen in Hinblick auf den Hochlauf ihren Finanzierungs-Mix neu ausrichten?Grundsätzlich sollten Unternehmen einen "atmenden Fuhrpark" betreiben, das heißt, ein gewisser Anteil sollte flexibel gehalten werden. So sollten von 80 Lkw nicht mehr als 65 Fahrzeuge gekauft sein oder in fixen Leasingverträgen bis 72 Monaten stecken. Unterschiedlich lange Leasinglaufzeiten, die Überbrückung von Auftragsspitzen mit Mietfahrzeugen - mit diesem Mix kann man flexibel auf Auslastungsflauten reagieren. Wer jetzt den Bedarf der nächsten Jahre plant, sollte sich unbedingt eine Hintertür offen lassen. Wenn die Konjunktur im nächsten Jahr doch nicht so anläuft wie erhofft, sollte man zumindest für einen Teil der bestellten Fahrzeuge eine Rücktritts-Option ziehen können.Wäre angesichts der unsicheren Zeiten nicht auch angesagt, die Mietquote zu erhöhen?Miete ist erfahrungsgemäß im Vergleich zu mittel- oder langfristigen Leasingverträgen immer teurer. Für Unternehmen, die dank eines atmenden Fuhrparkkonzepts bislang gut durch die Krise gekommen sind, sehe ich eigentlich keine Veranlassung, jetzt die Mietquote signifikant zu erhöhen. Kleine Unternehmer, die momentan Schwierigkeiten haben, einen guten Leasingvertrag zu bekommen, werden ihr Glück aber vermehrt bei den Vermietern suchen müssen, sofern sie deren branchenübliche Bonitätsanforderungen erfüllen. Vor allem für Unternehmen, die schwerpunktmäßig Branchen bedienen, die derzeit am Boden liegen und wo unklar ist, wie sich deren Geschäft in naher Zukunft entwickelt, ist der Ausbau der Mietquote eine Option. Und natürlich für all diejenigen, die befürchten, dass noch mal ein Shutdown kommen könnte.Wer lieber Lkw sein Eigen nennt: Ist jetzt der richtige Moment, bei jungen Gebrauchten zuzuschlagen?Der Kauf von Gebraucht-Lkw lohnt sich für größere Fuhrparks aktuell kaum. Die Hersteller schnüren derzeit sehr attraktive Pakete für Neufahrzeuge, zudem muss man beim Gebrauchtkauf in der Regel auf die Vorteile von Wartungsverträgen verzichten. Jüngere Gebrauchte sind also höchstens etwas für kleinere Unternehmen, die entweder selber schrauben oder auf gewohnte Werkstätten zugreifen können.Und wer seine Lkw zu Geld machen möchte - wäre Sale-and-Lease-Back eine sinnvolle Option?Sale-and-Lease-Back ist unserer Erfahrung nach immer ein schlechtes Geschäft für den Transportunternehmer. Das sollte wirklich nur als allerletztes Mittel in Erwägung gezogen werden, wenn alle anderen Reserven aufgebraucht sind. mhJohann Hiltmair, Inhaber Hiltmair Management Consultants

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