BWVL-Forum: Keine Masse ohne Klasse

Vor dem Hintergrund der aktuellen Top-Themen wie Lkw-Maut, E-Fuels, Lang-Lkw, Euro 7 und synthetischen Kraftstoffen darf aus Sicht des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) eine Frage nicht vernachlässigt werden, die so gut wie jedes Unternehmen der Transportlogistik, aber auch die Verlader umtreibt: "Wer soll die Güter transportieren?" Aktuell scheinen die Fragen nach Geld (Maut) und Technik (Antriebstechnologien, Energie) die Frage nach den Menschen, die doch alles bewegen, etwas zu verdrängen. Der "Fachdialog Berufskraftfahrermangel", der am 22.September 2023 im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) als Ergebnis eines Verbändegesprächs mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) stattfand, kam deshalb zum richtigen Zeitpunkt, um die Forderungen zur Bekämpfung des Fahrer:innenmangels mit dem BMDV abzugleichen. Bereits Anfang des Jahres hatte eine groß angelegte Konsortialstudie der Universität St. Gallen, der Technischen Universität Dresden und des Instituts für Angewandte Logistik der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt FHWS 40 Ursachen für den Fahrer:innenmangel aus Sicht der Transportunternehmen identifiziert. Die vier mit Abstand wichtigsten sind: lange, unattraktive und wenig planbare Arbeitszeiten, gepaart mit wenig wettbewerbsfähigen Gehaltsaussichten, fehlende gesellschaftliche Wertschätzung und daher wenig attraktives Image des Berufs sowie zu wenig Nachwuchs bedingt durch den demografischen Wandel und das Aussetzen des Wehrdienstes. Das derzeitige System der Aus- und Weiterbildung von Berufskraftfahrer:innen ist zwar nicht als "maßgebliche" Ursache für den Fahrpersonalmangel im Transportgewerbe anzusehen. Dennoch ist der BWVL gemeinsam mit dem Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ), der Deutschen Fahrlehrer-Akademie (DFA), der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) sowie der MOVING International Road Safety Association der Ansicht, dass Maßnahmen zur Entbürokratisierung und Digitalisierung im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Berufskraftfahrer:innen sinnvoll und möglich sind. Sie können neben der Schaffung konkreter Anreize einen positiven Effekt auf alle Beteiligten im System der Aus- und Weiterbildung haben und somit auch einen Beitrag zur Gewinnung von Fahrer:innen leisten. BKF-Statistik 2022 BA-Förderung Aus-/Weiterbildungsziel Berufskraftfahrer: 29.264 Maßnahmen; BKrFQG-Prüfungen 2022: 27.354 (Güterkraftverkehr: 19.666, Personenverkehr: 7688) Quelle: Bundesweite Statistik zu den Prüfungen gemäß BKrFQG, DIHK-Gesellschaft für berufliche Bildung - Organisation zur Förderung der IHK-Weiterbildung gGmbH Zur Entbürokratisierung schlägt das Verbändekonsortium konkret vor, die Umschreibung von ausländischen Fahrerlaubnissen solcher Staaten zuzulassen, die ein Mindestniveau an Ausbildung und Prüfung gewährleisten. Idealerweise sollte dazu eine EU-weit einheitliche Staatenliste als Basis dienen. Zudem sollte die Prüfung zur beschleunigten Grundqualifikation in mehreren Fremdsprachen abgelegt werden können. Nach Informationen des BWVL soll dies schon in der anstehenden Änderung der Berufskraftfahrer-Qualifikations-verordnung (BKrQV) entsprechend geregelt werden. Ein weiterer Vorschlag soll die Vorteile des digitalen Unterrichts zur Entlastung der Fahrer:innen nutzen. Der Zwang zum Präsenzunterricht wird von vielen Fahrer:innen als unattraktiv empfunden, weil er oft eintönig und wenig flexibel ist und damit als Einschränkung des Privatlebens wahrgenommen wird. Besser wäre es, wenn stattdessen zwölf Stunden Unterricht in der Weiterbildung als Kombination von Online-Unterricht (synchrones Lernen) und E-Learning (asynchrones Lernen) in Form eines Blended Learning-Ansatzes (Verbindung zwischen Präsenzphasen und Selbstlern-phasen) möglich wären. Andere EU-Staaten zeigen bereits, dass dies sinnvoll und möglich ist. Der seit vielen Jahren diskutierte Ansatz, das Mindestalter für die Lkw-Fahrerlaubnisklassen (C, CE, C1, C1E) auf 17 Jahre im Rahmen des begleiteten Fahrens während der Berufsausbildung abzusenken, könnte ein weiterer Baustein zur Steigerung der Berufswahl für junge Menschen sein. Es würde der Frustration entgegenwirken, auf das bislang höhere Mindestalter von 18 Jahren warten zu müssen, um "aktiv" ans Steuer gelassen zu werden. Die mitunter geforderte Absenkung der Aus- und Weiterbildungsqualität ist aus Sicht der BWVL-Unternehmen aus Werkverkehr und Verladerschaft kein geeignetes Mittel, um Fahrer:innen für den Fahrer-Beruf zu begeistern. Aus diesem Grund spricht sich der BWVL mit den genannten Verbänden gegen eine Zusammenlegung vermeintlich identischer Inhalte von Führerscheinausbildung und Grundqualifikation - Stichwort 2 in 12 - aus. Durch ein geringeres Qualifikationsniveau verursachte Unfälle, unwirtschaftlicheres Fahren sowie höhere CO2-Emissionen wären die Folgen und würden dem Image der gesamten Branche zusätzlichen Schaden zufügen. Quantität darf nicht zulasten von Qualität und damit von Verkehrssicherheit und Umwelt gehen. Impressum BWVL-Forum, eine Information des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V., Augustastraße 99, 53173 BonnTelefon 0228/92535-0, Fax 0228/9253545,ww.bwvl.de, E-Mail: Info@bwvl.de, Schriftleitung: Markus Olligschläger (verantwortlich)Verlag: TECVIA GmbH, Aschauer Straße 30, 81549 München

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