BWVL-Forum: K(s)NIrschen im Fördergebälk

Am 11. November 2020 stellte der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer das "Gesamtkonzept klimafreundliche Nutzfahrzeuge" vor. 1,6 Milliarden Euro bis 2024 für die Förderung von Lkw mit alternativen Antrieben und sieben Milliarden Euro bis 2025 für die Förderung von Tank-, Lade- und Oberleitungsinfrastruktur (für Pkw und Nutzfahrzeuge) mit bis zu vier Förderaufrufen pro Jahr schaffen ein hohes Erwartungspotenzial für diesen sehr wichtigen Baustein zur Umsetzung der Klimaschutzziele 2030. Doch die Entwicklung ist ernüchternd - und das liegt sicherlich nicht an der Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Im Gegenteil: Aus Sicht des BWVL bauen viele Unternehmen, insbesondere im Werkverkehr, sehr umfangreich auf die KsNI-Anträge bei der Umsetzung ihrer ambitionierten CO2-Minderungsziele. Nicht selten umfassen die Anträge mehrere Dutzend Fahrzeuge und parallel dazu die entsprechende Infrastruktur - Millioneninvestitionen! Statt Zuwendungen hagelt es jedoch Ablehnungsbescheide. Damit stehen viele Budgetplanungen und Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand. Woran liegt das? Das KsNI-Förderprogramm stellt für die Prüfung des Förderantrags maßgeblich auf die erwartete jährliche CO2-Einsparung je investiertem Fördereuro, die sogenannte CO2-Einsparungsquote ab. Diese ergibt sich unter anderem aus der Antriebsart, dem zulässigen Gesamtgewicht, den Investitionsmehrausgaben je beantragtem Nutzfahrzeug und der erwarteten Jahresfahrleistung. Für die Bewilligung ist entscheidend, ob die jeweilige CO2-Einsparungsquote je Fördereuro mindestens 50 Prozent des Mindestambitions-Niveaus erreicht, das heißt des Durchschnittswertes aller Anträge nach Bereinigung der förderaufrufabhängigen Schwankungen (gleitender Durchschnittswert). Dieser liegt nach Informationen des BWVL bei 0,4381. Bei gleicher Antriebsart und zulässigem Gesamtgewicht drängt sich der Eindruck auf, dass die "erwartete elektrische Jahresfahrleistung" der Faktor ist, der die Entscheidung für oder gegen einen Zuwendungsbescheid maßgeblich beeinflusst. Da es eine Plausibilitätsprüfung nach Informationen des BWVL nicht gibt, könnten unrealistische Kilometerangaben zu Bewilligungen geführt haben. Ehrlichkeit zahlt sich nicht aus? Antragsteller mit realistischen Kilometerangaben könnten bei ansonsten gleichen Parametern einen Ablehnungsbescheid erhalten haben. Zur Frage, ob hier Manipulationsmöglichkeiten mit wissentlich falschen Jahresfahrleistungen ausgenutzt wurden und zu Wettbewerbsverzerrungen geführt haben, kann nur spekuliert werden und hilft den Antragstellern mit Ablehnungsbescheiden nicht weiter. Wenig tröstlich ist in diesem Zusammenhang die Inaussichtstellung einer Plausibilitätsprüfung für ein zukünftiges Förderfenster - geplant ist nach BWVL-Informationen ein erstes Förderfenster im zweiten Halbjahr 2023 - oder der Hinweis auf die Monitoringfrist, in der eine Abweichung von den im Antrag gemachten Angaben unverzüglich anzuzeigen ist und auf die dahinterstehenden förderrechtlichen Konsequenzen. Für Ärger sorgt auch die Dauer der Bescheidungen aufgrund nicht verfügbarer Haushaltsmittel. Nach BWVL-Informationen wurden erst in der 12. Kalenderwoche die ersten Förderbescheide zur Tankstellen- und Ladeinfrastruktur versandt. Fahrzeuge und Infrastruktur laufen nun in ihren Fristen versetzt anstatt parallel, was zusätzliche Probleme und Aufwand für alle Beteiligten schafft. Wünschenswert wäre aus Sicht der antragstellenden BWVL-Unternehmen mehr Transparenz, etwa zur Formel, die den Förderentscheidungen zugrunde liegt. Überlegenswert wäre auch eine "Nachprüfung" von Anträgen mit deutlich hohen Fahrleistungsangaben. Für die Zukunft könnte eine Förderampel auf der Internetseite des BALM hilfreich sein, in jedem Fall aber eine Trennung von Fern-, Regional- und Nahverkehr, wenn das Kriterium Jahresfahrleistung weiter Anwendung finden sollte. Ein funktionierendes KsNI-Förderprogramm wäre ein starkes Argument für dessen Finanzierung durch die zukünftigen CO2-Mauteinnahmen im Sinne einer grünen Finanzierungskreislauf-(Straßen-)Mobilität. KsNI-Förderanträge Anzahl Anträge 2. Förderaufruf 325 Anzahl Anträge 1. Sonderaufruf 484 Beantragte Nutzfahrzeuge 11.330 N1 4,589 N2 2.382 N3 4.359 Ladesäulen 3.968 Wasserstofftankstellen 58 INFOBOARD Gemeinsam mit dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung (BGA) e.V. hat sich der BWVL in einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz gewandt. Darin bitten die beiden Verbände um Planungssicherheit hinsichtlich des Einsatzes von Lang-Lkw auf den seit vergangenem Jahr zusätzlich beantragten Strecken. Der Zulassung geht eine Prüfung auf Länderebene voraus - so ist es im Zulassungsverfahren normiert. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat im vergangenen Jahr die 11. Änderungsverordnung mit den neuen Streckenvorschlägen eingebracht. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) erteilt jedoch bislang keine Zustimmung und begründet dies unter anderem mit grundsätzlichen Bedenken gegen den Einsatz von Lang-Lkw. Aus Sicht von BGA und BWVL stellt sich die Frage, ob in der Position des BMUV eine grundlegende Abkehr vom Einsatz von Lang-Lkw zu sehen ist. BGA und BWVL haben sich deshalb an den Bundeskanzler mit der Bitte um eine Entscheidung in dieser Pattsituation gewandt. Impressum BWVL-Forum, eine Information des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V., Augustastraße 99, 53173 Bonn, Telefon 0228/92535-0, Fax 0228/9253545, www.bwvl.de, E-Mail: Info@bwvl.de, Schriftleitung: Markus Olligschläger (verantwortlich)Verlag: Springer Fachmedien München GmbH, Aschauer Straße 30, 81549 München

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