Bericht aus Brüssel

Bericht aus BrüsselEU will Dienstleistungen vereinheitlichenStandards und Normen im Dienstleistungssektor sollen künftig europaweit einheitlich gestaltet werden. Unternehmen sollen aber frei entscheiden können, ob sie die Standards übernehmen.Die EU-Kommission will künftig auch im Bereich der Dienstleis-tungen Normen und Standards setzen. Einen Verordnungsentwurf hat EU-Industriekommissar Antonio Tajani in Brüssel vorgelegt. Er würde der Exekutive der Union erstmals die Möglichkeit einräumen, auch im Dienstleistungsbereich Standards und Normen bei Verfahrensabläufen, aber auch bei Service-Qualität, zu setzen.Wettbewerbsvorteil für EuropaDie Abkürzung DIN ist fast jedermann ein Begriff – vor allem bei Papierformaten. Das Deutsche Institut für Normung schuf damit eine weltweit anerkannte Norm. In der globalisierten Wirtschaft sind einheitliche Normen bedeutender denn je. „Wenn wir es schaffen, unsere Standards über unsere Grenzen hinaus anerkannt zu bekommen, verbessern wir unsere Position“, unterstrich Industriekommissar Tajani bei der Vorlage seiner Strategie, mit der Normung auf die europäische Ebene gehoben werden soll. Und das gilt aus seiner Sicht gerade im Bereich Dienstleistungen, die sich zum wichtigsten Wirtschaftssektor der EU entwickelt haben. Von der Logis-tikbranche über den Tourismus bis hin zu grünen Dienstleistungen könnten deshalb schon bald Standards und Normen aus Brüssel den Geschäftsverkehr regulieren.In Bereichen wie der Telekommunikation und dem Transportwesen hat die EU bereits versucht, Einzelregulierungen zu beschließen, die aber nur sehr zögerlich umgesetzt wurden. Wo dies gelang, war die EU allerdings erfolgreich. Als Paradebeispiel gilt dafür in Brüssel die Tatsache, dass es gelang, bei der Mobiltelefonie den europäischen GMS-Standard weltweit durchzusetzen. Europäische Hersteller, vor allem Nokia, konnten damit mit einem erheblichen Startvorteil punkten.Vielfach werden Standards und Normen bisher auf nationaler Ebene beschlossen. Nach den Vorstellungen vieler soll dies so bleiben: Torsten Bahke, Direktor des DIN-Instituts, eines privatwirtschaftlich organisierten eingetragenen Vereins, begrüßte zwar, dass die Kommission die Normung „als strategisches Instrument der Wirtschaftspolitik“ erkannt habe. „Bei aller Euphorie für die Rolle der Normung bei der Durchsetzung politischer Ziele müssen wir aber weiter dafür sorgen, dass die Entscheidungen über die Organisation der Normung in den Händen der Privatwirtschaft bleiben“, erklärte Bahke. 98 Prozent der europäischen Normung werden schließlich durch die Privatwirtschaft finanziert.Tajani hat in seinem Projekt deshalb bereits Abstriche gemacht: Statt eine zentraleeuropäische Normungsbehörde zu schaffen, will er die Zusammenarbeit mit bereits bestehenden Normungsorganisationen verstärken. Vor allem unterstrich er die Freiwilligkeit der Normen: „Niemand ist zu ihrer Nutzung oder Anwendung verpflichtet.“ Dennoch vermutet man bei der Kommission, dass insbesondere international tätige Unternehmen am Ende wohl gezwungen sein werden, EU-Standards einzuhalten – schon weil ihre Partner dies verlangen werden. ❙❚■ Tobias Freudenberg, VR-Korrespondent in BrüsselDer Industriekommissar der Europäischen Union: Antonio TajaniFreiwilligkeit ist entscheidendEs klingt nach einem neuen Stück europäischer Regelungswut: Die EU will bei der bisher weitgehend privatwirtschaftlich und vielfach national organisierten Normung eine stärkere Rolle übernehmen – und das gleich auch im Dienstleistungsbereich. Und doch hat der Vorstoß auch einiges für sich: International tätige Unternehmen müssen sich heute auf eine Vielzahl unterschiedlicher, national festgelegter Normen und Abläufe einstellen. Europäische – oder besser noch weltweite – einheitliche Standards vom Format des Transportbehälters über die Abwicklungsformalitäten bis hin zu den Sicherheitsvorgaben können das Geschäftsleben erheblich erleichtern. Sie müssen es aber nicht. Deshalb ist die Freiwilligkeit das entscheidende Stichwort: Wenn sich die beteiligten Unternehmen einig sind, können sie weiterhin von den EU-Normen abweichen. Dennoch werden die sich am Ende wohl durchsetzen, weil vereinheitlichte Prozesse für alle am einfachsten sind. tofTobias Freudenberg,VR-KorrespondentKommentar

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