Aus eins wird zwei

Aus eins wird in Zukunft zwei - mit dieser Mitteilung sorgte die Metro Group am 30. März für Aufregung. Künftig soll es nicht mehr den einen großen Handelskonzern geben, sondern zwei voneinander unabhängige Unternehmen: Auf der einen Seite das Großhandels- und Lebensmittelgeschäft mit den Cash-&-Carry-Märkten und Real, auf der anderen das Elektronikgeschäft mit Media Markt, Saturn und Versender Redcoon (kurz: Media-Saturn). Beide Teile sollen als separate Aktiengesellschaften mit eigenem Vorstand und Aufsichtsrat geführt werden. Die Aufspaltung solle so schnell wie möglich vollzogen werden, hieß es aus der Düsseldorfer Zentrale. Stimmen Aufsichtsrat, Behörden und Aktionäre zu, könnte das Dickschiff schon Mitte 2017 aus zwei Supertankern bestehen. Welche Folgen hätte das für die Logistik? - So gut wie keine, sagt Metro, weil zwischen beiden Unternehmen nur wenig operative Überschneidungen bestünden. - Stimmt das wirklich? Was kommt auf Speditionsdienstleister zu, die für Metro tätig sind? Auf den ersten Blick scheint die Spaltung tatsächlich kaum Auswirkungen zu haben, weil die Logistik in den jeweiligen Sparten streng getrennt und gut eingespielt ist. Die Versorgung der Groß- und Supermärkte übernehmen die bekannten Spezialisten für Lebensmittellogistik; seit 2013 liegt die Beschaffungslogistik in der Hand der Nagel Group, im Non-Food-Bereich (alles außer Lebensmittel) setzt die Handelsgruppe unter anderem auf Deutsche Post DHL. In der Elektroniksparte dagegen sind andere Dienstleister im Einsatz. Die E-Commerce-Logistik zum Beispiel organisiert Fiege. Wo es Überschneidungen gibt Auch die Warenflüsse in den zwei Segmenten sind sehr unterschiedlich: Im Lebensmittelhandel ist die Nachfrage relativ konstant, bei den Consumer Electronics dagegen schwankt sie stark, getrieben durch Aktionen und Neuprodukte. "Es gibt tatsächlich kaum Synergien zwischen den Bereichen, deshalb wird es kurzfristig auch keinen Austausch von Dienstleistern geben", sagt Harald Gerking, Unternehmensberater aus Lippstadt und lange Jahre in Führungspositionen bei verschiedenen Handelsunternehmen tätig. Dass sich für die Logistik - wie von der Metro angedeutet - durch die Aufspaltung gar nichts ändert, ist jedoch nicht klar. Denn es gibt durchaus Überschneidungen zwischen Lebensmitteln und Elektronik. "Der Knackpunkt ist der Non-Food-Bereich von Real", meint Experte Gerking. Hintergrund: Die Supermarktkette verkauft längst nicht mehr nur Lebensmittel, sondern auch weiße und braune Ware, Kleidung sowie Freizeitartikel. Schätzungen zufolge entfallen 25Prozent der Umsätze auf den Non-Food-Bereich und dessen Versorgungsketten sind durchaus mit denen des restlichen Metro-Konzerns verbunden. So wird Real vermutlich die gleichen Seefracht-Carrier wie Media-Saturn nutzen, um Ware aus Fernost nach Deutschland zu bringen. "Wer kauft diese Leistungen ein, wenn die Unternehmensteile getrennt werden?", gibt Gerking zu bedenken. Real hat zwei Optionen: Die Beschaffungslogistik für Elektronikartikel neu in Eigenregie aufziehen oder dieses Geschäft an Media-Saturn auslagern (dann könnte Saturn zum Beispiel eine Mini-Filiale in den Real-Märkten betreiben). Mit wem haben es Spediteure in Zukunft zu tun? Bisher war es oft Metro Logistics (früher MGL). Dieses Tochterunternehmen wurde 1995 gegründet, um die Transportnachfrage aus dem Konzern zu bündeln und so günstigere Preise von den Dienstleistern zu bekommen. Die so erzielten Rabatte werden an die internen Auftraggeber weitergegeben. Bisher lief dieses System, mit dem Metro zu den Vorreitern im Handel gehörte, gut. "Die Verantwortlichen in den Unternehmen wissen, bei welchen Diensten es sich lohnt, die MGL anzufragen", sagt Andreas Baader, Managing Partner bei der Unternehmensberatung Barkawi in München. Allerdings besteht kein Kontraktionszwang: Die Metro-Töchter können Logistikleistungen auch selbst einkaufen, ohne die Gruppenlogistik zu nutzen. Und gerade die Sparten für braune und weiße Ware haben dies in der Vergangenheit gerne getan. "Media Markt, Saturn und Hansa haben immer ein Eigenleben geführt", berichtet ein Insider. Er erwartet, dass sich diese Abschottungstendenzen verstärken werden. Denn was die Elektronikmärkte zunehmend brauchen, ist eine enge Bindung an ihren Dienstleister, um die Anforderungen des E-Commerce-Geschäfts besser meistern zu können, etwa Same-Day. Hier kann Metro Logistics als Mittelsmann nur begrenzt Nutzen stiften. Negative Auswirkungen Was passiert mit der Logistiktochter ab 2017, wenn das Konzerndach wegfällt? Dazu äußert sich Metro bislang eher vage. "Eine der zentralen Kompetenzen der Metro Logistics ist die Schaffung von Synergien über verschiedene Gesellschaften hinweg. Daran ändert auch die geplante Aufteilung nichts", so ein Sprecher auf Anfrage. Auf die Frage, welcher der zwei Säulen die Logistiktochter zugeordnet wird, sagt er: "Die Querschnittsgesellschaften sollen größtenteils Bestandteile des neuen Großhandels- und Lebensmittelgeschäfts werden." Sollte damit auch Metro Logistics gemeint sein, könnte es bedeuten, dass die zentrale Logistiksteuerung eher Einfluss bei Media Markt, Redcoon und Saturn verliert. Spediteure sind also gut beraten, ihre direkten Verbindungen zu den Entscheidern in der Elektroniksparte zu pflegen. Bislang haben die Dienstleister die Ankündigung aus Düsseldorf gelassen aufgenommen. "Mit der Logistik hat die Aufspaltung nichts zu tun", meint Michael Bargl, Geschäftsführer der IDS Logistik. Der Stückgutverbund ist seit rund zwei Jahren für die Real-Warenhäuser tätig: Die Partner des IDS-Netzwerks liefern sowohl Unterhaltungselektronik als auch Haushaltsgeräte und Sportartikel an Kunden aus, die Waren im Real-Online-Shop gekauft haben. Noch sind die Mengen überschaubar, doch das Geschäft wächst sehr stark. Vergeben wurde der Auftrag von Real selbst, ohne Beteiligung der Metro-Gruppenlogistik. IDS-Geschäftsführer Bargl rechnet nicht damit, dass die Aufspaltung kurzfristig Auswirkung auf dieses Geschäft haben wird. Auf lange Sicht seien aber Strukturänderungen nicht auszuschließen, "wir wissen nicht, welche Rolle die MGL in Zukunft spielt". Auf lange Sicht aber könnte die Aufteilung des blau-gelben Riesen für die Logistikdienstleister negative Auswirkungen haben - ganz einfach, weil die Mittel für Innovationen in diesem Bereich fehlen. "Metro in der Summe war beim Aufbau neuer Themen schlagkräftiger", sagt Berater Baader. Wenn es etwa in der Vergangenheit darum ging, einen Online-Shop aufzubauen und das dazugehörige Fulfillment zu organisieren, konnte das mit der finanziellen Kraft eines Großkonzerns gestemmt werden. Diese Option fällt künftig weg. Dabei müsste die Elektroniksparte kräftig investieren, um konkurrenzfähig zu bleiben. Rivale Amazon prescht vor, betreibt in München ein eigenes Zustellsystem und liefert öfter am gleichen Tag aus. Auch Media Markt und Saturn bieten das, doch solche Services flächendeckend aufzubauen, ist teuer. Können die Elektroniker ohne finanzielle Unterstützung aus dem Konzern bei der Aufholjagd in der E-Commerce-Logistik mithalten? - Experten haben ihre Zweifel. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Handelslogistik" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Ein Riese mit zwei Beinen Der Metro-Konzern 1963 wurde in Essen der erste SB-Supermarkt mit dem Namen Metro eröffnet. Heute beschäftigt der gleichnamige Konzern rund 227.000 Mitarbeiter und macht 59 Milliarden Euro Umsatz. Im SB-Großhandel gehört der Düsseldorfer Konzern zur internationalen Spitze, die Elektronikmärkte Media Markt und Saturn sind in Europa Marktführer. Flächenbereinigt, das heißt ohne Neueröffnungen zu berücksichtigen, legte die Metro Group zuletzt 1,5 Prozent beim Umsatz zu. Allerdings entwickeln sich die Geschäftszweige, die 2017 eigenständig werden sollen, unterschiedlich.Lebensmittel(Metro Cash & Carry, Real)- Umsatz in Deutschland*: 12,47 Milliarden Euro- Entwicklung: minus 2,2 Prozent- Lage: Das Lebensmittelgeschäft läuft derzeit nur schleppend. Die Cash-&-Carry-Märkte schafften insgesamt (national und international) nur ein leichtes Plus. Sorgenkind bleiben die Real-Supermärkte, die gegen andere Discounter immer mehr verlieren und zuletzt sogar einen Umsatzrückgang vermeldeten. Versuche, diese Vertriebslinie zu verkaufen, sind mehrfach gescheitert.- Logistik: Die Märkte werden mit Tiefkühl-, Frische- und Trockenprodukten aus Zentrallagern versorgt. Die Beschaffungslogistik steuert die eigene Tochter Metro Logistics, die auch über einige eigene Fahrzeuge verfügt. Führender Dienstleister ist Nagel-Group.Unterhaltungselektronik(Media-Saturn, also Media Markt, Saturn und Redcoon)- Umsatz in Deutschland: 10,01 Milliarden Euro- Entwicklung: 2,3 Prozent- Lage: Das Geschäft mit der Unterhaltungselektronik war jahrelang der Glanzpunkt in der Metro-Bilanz. Auch jetzt noch steigen die Umsätze, in Deutschland zuletzt um 2,3 Prozent. Allerdings kommt Media-Saturn zunehmend unter Druck. Die Sparte hat den Einstieg in den E-Commerce erst spät geschafft und hier gegen"Pure Player" wie Amazon Marktanteile verloren.- Logistik: Es finden mehr Direktlieferungen vom Hersteller in die Märkte statt als im Lebensmittelgeschäft; Metro Logistics ist zwar auch hier aktiv, dennoch agieren die einzelnen Vertriebslinien bei ihrer Logistik autonomer als bei Cash & Carry. Als Dienstleister ist zum Beispiel Fiege im Einsatz (E-Commerce). cg* Werte für 2014/2015, Veränderungen zum Vorjahreszeitraum nicht flächenbereinigt, Quelle: Metro Geschäftsbericht

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