Arbeitswoche: Aus fünf mach vier

In Kürze Wer darüber nachdenkt, eine Vier-Tage-Woche einzuführen, sollte genau schauen: Sind Überstunden oder Mehrarbeit möglich? Kann es besser sein, die Arbeitsstunden pro Woche zu reduzieren? Erfahrungswerte gibt es so gut wie keine. Und das Arbeitszeitgesetz ist ebenso zu berücksichtigen wie das Nachweisgesetz. Kein Zweifel, eine Vier-Tage-Woche bei reduzierter Arbeitszeit und gleichem Gehalt klingt für viele Arbeitnehmer äußerst reizvoll. Die Realität in der Logistik sieht weitgehend anders aus. Da eine damit verbundene Gehaltserhöhung um 20 Prozent im Markt preislich nicht durchsetzbar ist, der Wunsch bei den Beschäftigten jedoch besteht, überlegen Unternehmen, ob und wie sie solch eine Maßnahme umsetzen können. Einführung ist Pionierarbeit Neben den wirtschaftlichen Erwägungen gibt es eine Vielzahl von rechtlichen Vorgaben, die zwingend zu beachten sind - wir geben dazu einen Überblick. Dieser klammert das Thema Fahrer bewusst aus, da sie unverändert die gesetzlichen Vorgaben der Lenk- und Ruhezeiten beachten müssen. Auch wenn sich viele Mitarbeiter eine Vier-Tage-Woche wünschen: Jede Änderung der Arbeitszeit führt zu einer Änderung des Arbeitsvertrags. Außerdem kommt es dadurch zu gravierenden organisatorischen und betrieblichen Veränderungsprozessen. Ein weiterer Aspekt sind die fehlenden Erfahrungswerte. Wer sich dazu entscheidet, leistet Pionierarbeit. Nachhaltige wissenschaftliche Ergebnisse von Langzeitforschungen, wie sich eine Vier-Tage-Woche für Mitarbeiter, die betriebliche Organisation sowie die Ertragssituation auswirkt, gibt es derzeit nicht. Zudem sind Lohnerhöhungen für Betriebe nur dann zu verkraften, wenn der Markt diese übernimmt. Ebenfalls müssen Unternehmen stets darauf achten, dass tarifrechtliche Vereinbarungen und Betriebsvereinbarungen einzuhalten sind, die für Mitarbeiter bessere Bedingungen als die gesetzlichen Mindeststandards vorschreiben können. Grundsätzlich gibt es viele Alternativen, neue Arbeitszeitmodelle zu schaffen. Dabei sollten der Unternehmer und die Mitarbeiter die Vielfalt von Handlungsalternativen sehr gewissenhaft prüfen und vor allem die betrieblichen Belange mit einbeziehen. Denkverbote darf es nicht geben. Zum Beispiel könnte man eine Vier-Tage-Woche auch von Dienstag bis Freitag oder alternativ in zwei Zwei-Tages-Blöcken Montag, Dienstag/Donnerstag, Freitag oder Montag und Mittwoch bis Freitag festlegen. Auch die Überlegung einer 4,5-Tage-Woche gilt es zu prüfen. Das würde etwa bedeuten, dass bei geringem Lohnabschlag jeder Mitarbeiter einen freien Tag alle zwei Wochen erhält. Achtung, Arbeitszeitgesetz Bei allen Überlegungen ist aber zwingend das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu beachten. Danach ist grundsätzlich eine 40-Stunden-Woche verteilt auf fünf Tage die Regel. Das Gesetz sieht keine Sanktionen vor, wenn die 40 Stunden auf vier Tage verteilt werden und die 40-Stunden-Woche dauerhaft eingehalten wird. Wenn dies geschieht, ergeben sich allerdings weitergehende Konsequenzen aus Paragraf 3 des ArbZG. Unter dieser Maßgabe beträgt dann die tägliche Arbeitszeit maximal zehn Stunden. Demzufolge ist eine Mindestpause von 45 Minuten gemäß Paragraf 4 einzuplanen und die Mindestruhephase von elf Stunden zu beachten. Überstunden sind damit tabu. Ohne im Detail die Konsequenzen für die Mitarbeiter bewerten zu wollen, ist festzustellen, dass es eine starke physische und psychische Mehrbelastung darstellen kann, wenn von dem gewohnten Acht-Stunden-Tag eine zeitliche Mehrbelastung von über 20 Prozent zu erbringen ist. Insofern ist eine Umstellung der 40-Stunden-Woche von fünf auf vier Tage durchaus kritisch zu bewerten. Anders zum Beispiel bei einer Vier-Tage-Woche mit 36 Stunden: Bei einem regelmäßigen Neun-Stunden-Tag beträgt die Mindestpause 30 Minuten. Und die Ableistung von Überstunden ist nach dem ArbZG möglich. Bei möglichen Varianten sind somit verschiedene Aspekte zu bedenken. Das zeigt sich etwa an folgenden fünf Optionen: Variante 1: Vier-Tage-Woche mit 40 Stunden; gleiches Gehalt - keine Überstunden/Mehrarbeit möglich Variante 2: Vier-Tage-Woche mit 36 Stunden; Gehalt reduziert sich um zehn Prozent - Überstunden/Mehrarbeit weiterhin möglich Variante 3: Vier-Tage-Woche mit 32 Stunden; Gehalt reduziert sich um 20 Prozent - viel Flexibilität für Überstunden und Mehrarbeit für den Betrieb möglich Variante 4: 4,5-Tage-Woche mit 40 Stunden bei Tagesarbeitszeit 8,88 Stunden; gleiches Gehalt - viel Flexibilität für Überstunden/Mehrarbeit - ein fixer oder flexibler freier Tag alle zwei Wochen Variante 5: 4,5-Tage-Woche mit 36 Stunden bei Tagesarbeitszeit acht Stunden; Gehalt reduziert sich um zehn Prozent - viel Flexibilität für Überstunden/Mehrarbeit - ein fixer/flexibler freier Tag alle zwei Wochen Hohe Bußgelder können drohen Die dauerhafte, mitunter sogar festgeschriebene Mehrarbeit oder fehlende Pausenzeiten können hohe Bußgelder bis zu 15.000 Euro pro Zuwiderhandlung gemäß Paragraf 22 ArbZG zur Folge haben. Die Gewerbeaufsichtsämter ahnden in der Praxis durchaus mit spürbaren Bußgeldern.Ebenfalls zu bedenken ist der geänderte gesetzliche Urlaubsanspruch gemäß Bundesurlaubsgesetz, der von den Arbeitstagen pro Woche abhängig ist. So reduziert sich dieser bei einer Vier-Tage-Woche im Verhältnis zur Fünf-Tage-Woche mit jeweils gleicher Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Entscheidend abzustellen ist dabei auf die arbeitsvertragliche Urlaubsregelung.Grundsätzlich reduziert sich bei einer Vier-Tage-Woche mit 40 Stunden die Zahl der Urlaubstage um 20 Prozent. Konkret bedeutet dies zum Beispiel für den gesetzlichen Urlaubsanspruch eine Reduzierung von bislang 20 auf 16 Urlaubstage. Änderungen schriftlich festhalten Ob sich Unternehmen für das Modell der Vier- oder 4,5-Tage-Woche oder eine andere Variante wählt, muss jeder Betrieb für sich abwiegen und abstimmen.Wichtig ist, gesetzliche Regelungen einzuhalten. Sollte sich eine Firma für eine modifizierte Fünf-Tage-Woche entscheiden, sollte sie in jedem Fall eine Probephase von mindestens sechs Monaten vereinbaren. Dabei gilt es auch festzulegen, dass - gemäß Direktionsrecht des Betriebsinhabers - die Probephase beendet wird, sollte es zu erheblichen Umsetzungsproblemen kommen. Auch wichtig: Aufgrund des Nachweisgesetzes ist es zwingend notwendig, alle Änderungen im Arbeitsvertrag schriftlich zu dokumentieren. Darf's noch mehr sein? Auf unserer Profiplattform VerkehrsRundschau plus haben wir – gratis für Abonnenten der VerkehrsRundschau – noch einmal die wichtigsten Hinweise zur rechtlichen Umsetzung der Vier-Tage-Woche in einer Checkliste zusammengefasst. www.verkehrsrundschau.de/plus/4tage

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