Altersvorsorge

AltersvorsorgeZu niedriger Lohn für die hohe KanteBundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen will Selbstständige ab 2013 dazu zwingen, für den Ruhestand vorzusorgen. Diese Regelung betrifft unter anderem selbstfahrende Unternehmer. Nur wenige von ihnen können sich die Altersvorsorge allerdings überhaupt leisten.Private Rentenversicherung? Wenn man ihn darauf anspricht, winkt Jürgen Paczulla ab. „Dafür ist das Geld nicht da“, sagt der Transportunternehmer aus Dallgow in der Nähe von Berlin. Seine Firma Pefex ist auf eilige Transporte spezialisiert, Paczulla bringt zum Beispiel Ersatzteile zu Kraftwerken oder Windkraftanlagen. Zwei Fahrzeuge hat er im Fuhrpark, der monatliche Umsatz liegt im Schnitt bei 4500 Euro. Nachdem der selbstfahrende Unternehmer Sprit, Krankenversicherung und Fahrzeugraten abgezogen hat, bleiben nur 800 Euro übrig – zu wenig für eine zusätzliche Rentenversicherung. „Da versucht man lieber, das Häuschen abzubezahlen“, sagt Paczulla.Er ist kein Einzelfall. Eine Stichprobe der Frachtenbörse Couriernet, Neunkirchen am Brand, hat ergeben, dass rund 23 Prozent der selbstfahrenden Unternehmer nichts für ihr Alter zurücklegen. Die Erhebung ist zwar nicht repräsentativ, deckt sich jedoch mit Expertenschätzungen: Das Mannheimer Forschungsinstitut für Ökonomie und demografischen Wandel warnt in einer Studie, dass jeder zehnte Selbstständige in Deutschland Gefahr läuft, im Alter nur eine Grundsicherung zu haben – mangels zusätzlicher Ersparnisse.Diese Menschen nimmt die Bundesregierung jetzt ins Visier: Sie plant, Selbstständige dazu zu verpflichten, für ihr Alter vorzusorgen. Laut einem Eckpunktepapier des Bundesarbeitsministeriums soll diese Pflicht für alle Selbstständigen gelten, die bei Inkrafttreten des Gesetzes jünger als 30 Jahre sind oder erst dann eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen. Ein entsprechendes Gesetz soll schon 2013 in Kraft treten. Damit will der Staat erreichen, dass Selbstständige genug sparen, um im Alter auf eine Rente von mindestens 700 Euro pro Monat kommen. Um diesen Betrag zu erreichen, müssten zwischen 250 bis 300 Euro monatlich beiseitegelegt werden, schätzt das Ministerium. Weitere 100 Euro kämen hinzu, wenn sich Selbstständige zusätzlich gegen Erwerbsminderung (zum Beispiel Berufsunfähigkeit durch Unfall) absichern müssten. Ob das ebenfalls Pflicht wird, steht derzeit noch nicht fest.Regelung trifft vor allem SelbstfahrerIn der Transportbranche würde die neue Regelung überwiegend Fahrer betreffen, die mit eigenem Fahrzeug und auf eigene Rechnung unterwegs sind. Davon gibt es besonders viele im Kurier-, Express- und Post-Segment (KEP). Der dafür zuständige Bundesverband BdKEP begrüßt deshalb den Vorstoß: „Wir fordern schon lange eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige“, sagt ein Sprecher. Das Argument des BdKEP: In den heftigen Preiskämpfen auf dem Paket- und Kuriermarkt gibt es immer wieder Selbstfahrer, die ohne Kosten für ihre Rentenvorsorge kalkulieren, um so die Konkurrenz zu unterbieten. Eine Versicherungspflicht könnte diese Selbstausbeutung stoppen, meint der Verband.Hintergrund: Eine Rentenversicherungspflicht existiert momentan ausschließlich für Selbstfahrer mit nur einem Kunden (Verbot von Scheinselbstständigkeit). Alle anderen Einzelunternehmer können wählen, ob und wie sie sich ein finanzielles Polster für den Ruhestand zulegen (siehe Kasten). Speziell auf die Transportbranche zugeschnittene Produkte bietet zum Beispiel das SVL Versorgungswerk des Straßenverkehrs- und Logistikgewerbes zusammen mit der Kravag-Versicherung an.Vorsorgeexperten beurteilen die Pläne von Ursula von der Leyen grundsätzlich positiv. „Gerade für Kleinverdiener gibt es eine Vorsorgelücke“, diagnostiziert Theodor Pischke von der Zeitschrift „Finanztest“. Er kennt die typische Einkommenssituation von Selbstständigen: Eine private Rentenversicherung oder Kapitallebensversicherung sei zu teuer, und eine Rürup-Rente lohne sich nicht, weil die damit verbundene Steuerersparnis für sie zu gering sei. „Für diese Selbstständigen bietet der Staat noch nichts an“, urteilt Pischke.Gut gemeint ist aber noch nicht gut gemacht: Tatsächlich sind noch etliche Details rund um die geplante Altervorsorgepflicht ungeklärt. Punkt eins: Das Bundesarbeitsministerium will eine Altersvorsorge vorschreiben, bei der die Ansprüche später als monatliche Rente ausgezahlt werden. Versicherungen, bei denen man das angesparte Geld auch auf einen Schlag erhalten kann, will es nicht erlauben. Doch genau solche Verträge (mit sogenanntem Kapitalwahlrecht) haben viele Selbstständige schon abgeschlossen – und diese Altverträge lassen sich nicht so einfach kündigen. „Dabei fallen hohe Stornokosten an“, warnt Finanztest-Experte Pischke, „außerdem kämen Abschlusskosten für einen neuen Vertrag hinzu.“ Unklar ist auch, was mit Selbstständigen passiert, die älter als 30 sind. Sie müssten nachweisen, „dass sie Beiträge zu einer (…) Rentenversicherung zahlen oder über ein entsprechendes Vermögen verfügen, das eine Basisabsicherung sicherstellen kann“, heißt es im Eckpunktepapier aus Berlin lediglich. Doch es gibt zahllose Möglichkeiten, sein Geld anzulegen – von Aktien über Fonds bis Immobilien. Das dürfte die Vorsorgeprüfung hochkomplex und bürokratisch machen. Wie genau sie ablaufen wird, konnte das Bundesarbeitsministerium auf Nachfrage noch nicht mitteilen.Opposition kritisiert von der LeyenScharfe Kritik an den Plänen aus dem Hause von der Leyen kommt von der Opposition. Zum Beispiel weisen die Grünen darauf hin, dass heute viele Menschen zwischen Selbstständigkeit und Anstellung wechseln. „Diese neue Realität ist in dem Modell nicht abgebildet“, kritisiert Wolfgang Strengmann-Kuhn, rentenpolitischer Sprecher der Partei. Der Grünen-Politiker sieht außerdem ein Problem bei der angepeilten Höhe der Pflichtbeiträge. „350 bis 400 Euro – das können sich viele Selbstständige nicht leisten“, meint Strengmann-Kuhn. Besser sei eine gesetzliche Rentenversicherung für alle, für die dann ein Beitrag gezahlt wird, der sich nach der Höhe des Einkommens richtet. ❙❚■ Constantin Gilles, freier JournalistBei einer gesetzlichen Altersvorsorgepflicht bliebe vielen Selbstständigen am Monatsende weniger Geld in der BrieftascheAltersvorsorgeDiese Möglichkeiten haben selbstständige UnternehmerGesetzliche Rentenversicherung: Auch Selbstständige können freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Der monatliche Regelbeitrag für ein durchschnittliches Einkommen liegt in diesem Jahr bei 514,50 Euro (West) beziehungsweise 439,04 Euro (Ost).Kapital-Lebensversicherung:Eine Kapital-Lebensversicherung ist eine Mischung aus Sparvertrag und Todesfallversicherung. Verstirbt der Versicherte vor dem Ende der Sparperiode, erhalten die Hinterbliebenen die vereinbarte Versicherungssumme sofort. Ansonsten wird das angesparte Kapital plus Überschüsse am Ende der Laufzeit als Rente ausgezahlt. Rürup-Rente:Die Rürup-Rente ist eine private Rentenversicherung für Selbstständige, die vom Staat gefördert wird. Während der Ansparphase können Beiträge aktuell zu 74 Prozent von der Steuer abgesetzt werden. Besonderheit: Der angesparte Betrag darf nicht auf einmal ausgezahlt werden, sondern nur als monatliche Rente.Tipp: Private Altersvorsorge-Produkte bekommen momentan schlechte Noten. Erst im Februar hatte die Zeitschrift „Öko-Test“ 137 Tarife verglichen und „lausige Renditen und noch weniger Schutz“ kritisiert. Detlef Lülsdorf vom Bundesverband der Rechtsberater für betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten bestätigt diese Einschätzung. „Die Kosten sind oft viel zu hoch und für den Kunden schwer zu erkennen.“ Garantiezinsen lägen häufig unter der Inflationsrate. Vor diesem Hintergrund sei es für Selbstständige eine Überlegung wert, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, so der Versicherungsberater. Vorteile: Eine Erwerbsminderung ist versichert, außerdem sind die Hinterbliebenen versorgt. Beides muss bei den Privaten gesondert versichert werden. cgEs gibt zahlreiche AltersvorsorgemodelleAltersvorsorge

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