Hannover. Ein Jahr nach dem Start von Pilotprojekten mit überlangen Lastwagen hat Niedersachsens Verkehrsminister Walter Hirche (FDP) für einen bundesweiten Feldversuch plädiert. „Wir brauchen in Deutschland für Neuerungen mehr Tempo“, sagte Hirche am Donnerstag in Hannover. „Viele der Horrorszenarien, die aufgestellt wurden, sind in sich zusammengebrochen“, sagte der FDP-Politiker mit Blick auf eine Studie der Leibniz Universität Hannover. Die Studie beweise, dass die umstrittenen, so genannten Gigaliner einen großen Beitrag zur Bewältigung des zunehmenden Güterverkehrs und zum Klimaschutz leisten könnten. „Ich kann mir vorstellen, dass ein größer angelegter, bundesweiter Feldversuch die positiven Ergebnisse aus Niedersachsen bestätigen würde.“ Umwelt- und Verkehrsverbände betrachten den Versuch allerdings mit Skepsis. „Die Tests sind realitätsferne Laborversuche ohne Aussagekraft“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, in Berlin. „Herr Hirche betreibt Standortpolitik zu Lasten des Allgemeinwohls.“ Jeder 60-Tonner in Konkurrenz zur Bahn trage zu einer massiven Verschlechterung der Klimabilanz bei, hieß es aus der SPD-Fraktion im Landtag. „Hirches Gigaliner sind daher keineswegs Öko-Liner, sondern im Gegenteil riesige Klimasünder“, sagte SPD-Verkehrsexperte Gerd Will. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) befürchtet zusätzliche Unfälle durch die Riesen-LKW. „Derartige Ungetüme haben in Niedersachsen nichts zu suchen“, sagte der Landesvorsitzende Thomas Kliewer. Weitere Pilotversuche laufen derzeit in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Eine einheitliche Linie von Bund und Ländern gibt es bisher nicht. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und die Verkehrsminister der Länder entscheiden auf einer Konferenz am 9. und 10. Oktober über die Einführung der überlangen LKW. Wie die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtete, würde die Zulassung einem internen Papier des Bundesverkehrsministeriums zufolge zu einer starken Verlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Straße führen. Obwohl drei herkömmliche Lastwagen durch zwei 60-Tinner ersetzt werden könnten, fiele dem Papier zufolge die Entlastung der Straße gering aus. „Wir haben derartige Zuwächse beim Verkehr insgesamt in den nächsten Jahren zu erwarten, dass wir es dringend nötig haben, die Transportmöglichkeiten auf Straße und Schiene deutlich zu verbessern“, sagte Hirche. „Man muss neue Lösungen nicht in den Himmel heben, aber man muss sie ausprobieren.“ Einziges Problem der Super-Lastwagen sei das schwierige Parken an der Autobahn. Laut Studie der Universität Hannover bieten die überlangen LKW im Vergleich zu konventionellen LKW viele Vorteile: Sie steigerten nicht nur die Effizienz der Transporte, sondern senkten auch den Kraftstoffverbrauch und damit den Ausstoß von Schadstoffen um mehr als 30 Prozent. Die Gesamtkosten für die Spedition verringerten sich um etwa ein Viertel, sagte Stephan Hoffmann von der Uni Hannover. Die „verkrustete Diskussion“ in Deutschland müsse aufgebrochen werden, sagte Hirche.
60-Tonner: Verkehrsminister fordert bundesweiten Feldversuch – Polizisten und Umweltschützer skeptisch
Niedersachsens Verkehrsminister hat sich für einen bundesweiten Feldversuch mit den überlangen LKW ausgesprochen – Kritik kommt von Umwelt- und Verkehrsverbänden sowie der Polizei.