Kostenmanagement: "Wir müssen reden"

Ob Heizung, Miete, Lebensmittel oder Versicherungsprämien: Durch die hohe Inflationsrate wird in Deutschland alles teurer. Wer da kein höheres Entgelt aushandelt, dem bleibt am Monatsende immer weniger. Verständlich also, dass Mitarbeiter jetzt mit ihren Chefs reden wollen. "Firmenchefs und Führungskräfte sind derzeit im Dilemma", weiß Verhandlungsexperte Professor Jack Nasher, Eigner des Nasher Verhandlungsinstituts in München (siehe S. 25). "Einerseits wissen sie, was ihre Mitarbeiter in den vergangenen zwei Jahren seit Ausbruch der Pandemie geleistet haben. Andererseits muss das Unternehmen die Mehrkosten natürlich wieder reinholen." Hinzu kommt: Ein Nein zur falschen Zeit und mit dem falschen Argument kann den loyalsten Mitarbeiter vergraulen. "Umso wichtiger ist es", betont auch Verhandlungscoach Claudia Kimich, "dass sich Chefs auf das Gehaltsgespräch richtig vorbereiten. Denn viele wissen ja nicht mal, was ihre Mitarbeiter genau tun, geschweige denn, wie sie deren Leistung überhaupt beurteilen können." Außerdem sollten sie vorab ihre persönliche "Entgelt-Schmerzgrenze" festlegen und abklären, mit welchen anderen Möglichkeiten, etwa steuerfreien Zuwendungen, sie ihren Mitarbeitern Gutes tun könnten. "Prinzipiell ist da alles gut, was nicht die Lohnnebenkosten erhöht." Welche Verhandlungstypen gibt es? Unabhängig davon tickt und verhandelt jeder Mensch natürlich anders. Um geschickt zu verhandeln, sollte sich also jeder vor dem entsprechenden Gespräch überlegen, welcher "Verhandlungstyp" sein Gegenüber sein könnte. Kimich unterscheidet hier nach vier Verhandlungstypen, denen sie sogar Namen gegeben hat, wobei es auch Mischformen gebe, betont sie. Verhandlungstyp 1 sind "Max und Maxima" - Kimich zufolge sind das die strategischen Gewinnmaximierer, also zahlen- und faktenorientierte Menschen, bei denen es helfe, dass jedes Argument sitzt und jedes davon mit Daten, Zahlen oder Fakten untermauert wird. Verhandlungstyp 2 sind "Domenik und Domenika". Dies seien "Machtmenschen", erläutert sie, die in Verhandlungen schwierig werden könnten, weil sie sich zuweilen überschätzen und hohe Ansprüche an Führungskräfte stellen. Um sie zu überzeugen, müsste man sie erst auf eine Machtebene herunterholen, rät Kimich. Erst dann könne eine Führungskraft mit ihnen vernünftig verhandeln. Ein Gebot der Fairness Als Verhandlungstyp 3 nennt die Verhandlungsexpertin "Star und Stella". Dies seien die Paradiesvögel unter den Verhandlungstypen, sprich die klassischen Vertriebler. Diese seien nicht an Excel-Listen, Daten oder Fakten interessiert, sagt sie. Anstelle einer regulären Gehaltserhöhung sollte ein Vorgesetzter diesen einen extravaganten Bonus gewähren. Dadurch fühlten sie sich mehr wertgeschätzt. Verhandlungstyp 4 sind laut Kimich "Traugott und Traudel", also Beziehungsmenschen. Diesen Mitarbeitern sei die Beziehung zu ihrem Chef sehr wichtig, dadurch fühlten sich diese oft mehr wertgeschätzt als über mehr Geld. Diese könne man beispielsweise auch mit einer Kita-Betreuung beglücken. Was aber, wenn der Vorgesetzte davon überzeugt ist, dass die Gehaltserhöhung doch nicht gerechtfertigt ist? "Dann sollte er dies dem Mitarbeiter auch so offen kommunizieren. Das ist ein Gebot der Fairness", unterstreicht Kimich. "Mitarbeiter fühlen sich dann ernst genommen", weiß sie. "Letztlich stärkt das vielleicht sogar ihre Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber." Und wenn die Entgelterhöhung partout finanziell nicht drin ist? Dann sollte sich ein Chef mehr einfallen lassen als nur die Worte - die Zeiten seien eben schwierig, empfiehlt Verhandlungsexperte Nasher. Sinnvoller sei es, dem Mitarbeiter anhand konkreter Kosten- oder Umsatzentwicklungen zu erklären, warum man im Moment kein höheres Entgelt zahlen könne. "Mitarbeiter haben für plausible Begründungen durchaus Verständnis", weiß er. Abgesehen davon gebe es neben der reinen Entgelterhöhung noch viele andere spannende Optionen, über die man die Mitarbeiter motivieren kann, betont Nasher. Es müsse ja nicht gleich eine Rolex sein. "Viele Beschäftigte wünschen sich seitens ihres Arbeitgebers zum Beispiel mehr Flexibilität, weil sie mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen wollen. Schenke ein Chef diesen einen halben Tag im Monat, löst das vielleicht für beide Seiten das Problem." Auch die Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder eine Weiterbildung für den Mitarbeiter seien oft eine gute Lösung. "So ein Gutschein kostet vielleicht 100 Euro im Monat, das Unternehmen kann diese Summe steuerlich absetzen, und dem Mitarbeiter kommt die Leistung direkt zugute, ohne sie versteuern zu müssen. Der Mitarbeiter fühlt sich geschätzt, und das Unternehmen hat einen kompetenteren Mitarbeiter - Win-Win!" In Kürze Angesichts der steigenden Kosten suchen zunehmend Mitarbeiter in den Unternehmen das Gespräch mit ihren Vorgesetzten, um über ein höheres Entgelt zu verhandeln. Auf was Führungskräfte und Chefs achten sollten, damit die Personalkosten in diesem Jahr nicht ausufern, zeigt der Artikel. Wie sagt ein Vorgesetzter richtig "Nein"? Professor Jack Nasher, Eigner des Nasher Verhandlungsinstituts in München Sie sind Verhandlungsexperte, Herr Professor Nasher: Wie sollte ein Vorgesetzter das Gehaltsgespräch beginnen?Mein Rat: Beginnen Sie dieses Gespräch wie jede Verhandlung - als ein freundliches Fragezeichen. Sie sind höflich, freundlich und stellen viele Fragen, um herauszufinden, was dem Mitarbeiter so wichtig ist, wie zufrieden er mit dem Job ist und was seine Probleme sind. Gerade im Gespräch mit introvertierten Mitarbeitern ist das wichtig. Erst dann wissen Sie, welche Probleme überhaupt zu lösen sind. Beachten Sie dabei aber, dass eine gute Verhandlung immer ein kreativer Prozess ist und kein Tauziehen. Und: Die Beweislast liegt stets beim Mitarbeiter.Was heißt das: die Beweislast liegt beim Mitarbeiter?Jeder Mitarbeiter hat zu bestimmten Konditionen seinen Arbeitsvertrag unterzeichnet. Jede von ihm geforderte Gehaltserhöhung ist im Grunde also eine Nachverhandlung seines Arbeitsvertrags. Sprich: Bei jeder Nachverhandlung braucht der Mitarbeiter also verdammt gute Argumente, warum sein Arbeitgeber die Verhandlung mit ihm neu eröffnen soll. Sprich: Er muss seinem Vorgesetzten aufzeigen, wie er diesem mehr Geld bringen will oder diesem helfen will, Kosten zu sparen. Der Deal ist: Er darf das Unternehmen weniger kosten, als er verdient.Also kann es durchaus Gehaltserhöhungen geben?Der Vorgesetzte muss messbare Ziele definieren, nach denen er dessen Leistung beurteilt. Daran sollte die Gehaltserhöhung gekoppelt werden. Macht ein Vertriebler viel Umsatz, wird er entsprechend an diesem Erfolg beteiligt - ohne eine Deckelung, die ich für sinnlos halte. Selbst für den Assistenten, der etwa Veranstaltungen organisiert, lassen sich messbare Ziele definieren. Sprich: Wenn einer mehr Geld will, muss er dafür messbare Ziele erreichen. Und wenn nicht, erhält er eben nicht mehr Geld. Wieder Win-Win, weil beide Seiten profitieren.Wie sagt ein Vorgesetzter richtig "Nein"?Man muss nie "Nein" sagen. Besser ist "Wenn ... dann ...". Wenn ich messbare Ziele an die Hand gebe, an die ich die Erhöhung koppele, ist jedem gedient. eh

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