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Interview: Ist Schummeln bei Lkw-Abgasprüfungen möglich?

16.10.2015 09:29 Uhr
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Pascal Mast leitet bei der Prüforganisation TÜV Süd das Abgas-Labornetzwerk
© Foto: TÜV Süd

Der Volkswagen-Abgasskandal verunsichert die Käufer von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. TÜV-Experte Pascal Mast erläutert, ob solche Manipulationen auch bei schweren Lkw denkbar sind.

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Volkswagen hat per Schummel-Software seine Werte bei Abgastests frisiert. Das trifft neben Pkw-Fahrern auch Halter von leichten Nutzfahrzeugen mit dem VW-Logo. Bleibt die Frage: Was ist mit schweren Nutzfahrzeugen, kann hier auch geschummelt werden? Derzeit wird in der Politik diskutiert, wie sich die Abgasmessung bei Pkw und Nutzfahrzeugen ändern muss, damit solche Betrügereien nicht noch einmal passieren. Die VerkehrsRundschau sprach mit Pascal Mast, der bei der Prüforganisation TÜV Süd das Abgas-Labornetzwerk leitet.

 

Ist so eine Schummelei per Software wie bei Volkswagen oder auf anderem Wege auch bei leichten und schweren Nutzfahrzeugen möglich?
Manipulationen kann man grundsätzlich nie ausschließen, bei Nutzfahrzeugen ist dies aber schwieriger, weil der Motor über das gesamte Kennfeld geprüft wird.

Wie werden Schadstoffe von Pkw, leichten und schweren Nutzfahrzeugen gemessen?
Bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bis 2840 Kilogramm werden die Fahrzeuge nach der Vorschrift 715/2007 ff. auf Basis der ECE Regelung 83 auf einem Rollenprüfstand vermessen. Hierbei wird zunächst der Fahrwiderstand des gesamten Fahrzeugs auf der Straße erfasst und dann auf den Rollenprüfstand übertragen. Auf dem Rollenprüfstand wird dann ein Fahrzyklus über 20 Minuten gefahren. Hierbei werden ein Stadt-, ein Landstraßen- und ein Autobahnanteil simuliert. Bei schweren Nutzfahrzeugen wird aufgrund der zu prüfenden Gesamtmasse lediglich der Motor auf einem Motorprüfstand vermessen, wobei der Motorenprüfstand den gesamten Fahrwiderstand simulieren kann.

Worin liegen die Unterschiede?
Im ersten Fall wird das ganze Fahrzeug betrachtet mit einer Berechnung der Emissionen in Gramm pro Kilometer. Für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ist dies in Europa der einzig zu fahrende Zyklus bei 23 Grad als Kaltstartprüfung. Weitere Prüfungen sind eine Leerlaufmessung für Kohlenmonoxid, eine Prüfung der Gasemissionen aus dem Kurbelgehäuse, eine Verdunstungsemissionsmessung, eine On-Board-Diagnose-Überprüfung, eine Dauerhaltbarkeitsprüfung und eine Messung bei minus sieben Grad. Bei schweren Nutzfahrzeugen durchläuft der Motor diverse Zyklen, die über die Drehzahl und Last definiert sind. Die Emissionen werden pro verrichteter Arbeit berechnet, also in Gramm pro Kilowattstunde. Komponentenprüfungen für die Katalysatoren finden zusätzlich statt, ebenso eine On-Board-Diagnose-Prüfung.

Welche Schadstoffe werden ermittelt?
Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe, Stickoxide, Partikelmasse und -anzahl sowie Kohlendioxid, wobei das kein limitierter Schadstoff ist.

Wie hängen die Tests zur Schadstoffmessung mit denen zur Verbrauchsmessung zusammen?
Beim Pkw wird über die Emissionen – das ist primär Kohlendioxid – via Kohlenstoffbilanz der Verbrauch in Litern pro 100 Kilometer berechnet. Beim Nutzfahrzeug wird der Kraftstoffverbrauch direkt gemessen und wiederum auf die Arbeit bezogen.

Wie wäre eine Schadstoffmessung sinnvoll, damit Messwerte und auf der Straße gefahrene Werte zusammenpassen?
Der Gesetzgeber hat schon reagiert. Für Nutzfahrzeuge ist die zusätzliche Ermittlung der Emissionen auf der Straße, RDE, bereits eingeführt, bei den Pkw ist es 2017 soweit. Zusätzlich wird der zu fahrende Zyklus bei Pkw näher an die Realität gebracht. Mit dem ab September 2017 für die Neuzulassung verbindlichen neuen Fahrzyklus Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedures, WLTP, wird ein dynamischeres Fahrprofil eingeführt, das die Motoren mehr fordert.

Was wären die Folgen der vom Gesetzgeber diskutierten Verschärfung beim Messen der Schadstoffe?
Die Fahrzeuge würden auch im Alltagsbetrieb definitiv deutlich weniger Schadstoffe emittieren.

Interview: Serge Voigt

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