Kommt uns das folgende Szenario nicht bekannt vor? Der Verkehrsminister verzettelt sich in zahllosen Interviews, seine Forderungen in der Presse sorgen für Verwirrung bei Freund wie Feind. Die Opposition spricht von Fehlstart und am Ende muss die Regierungschefin den Minister zurückpfeifen. Es war Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der sich in seinen ersten Monaten als Ressortchef auf die schiefe Bahn begab und von Kanzlerin Angela Merkel zurechtgewiesen werden musste. Ähnliches widerfährt nun seinem Amtskollegen in Baden-Württemberg.
In Berlin war Winfried Hermann der respektierte Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag und galt als besonnener Politiker, der selbst von politischen Kontrahenten geschätzt wurde. In Stuttgart probiert Hermann dagegen derzeit aus, in wie viele Fettnäpfchen er in möglichst kurzer Zeit treten kann. Anstelle für seine pragmatische Politik steht der Grüne in seinem Heimatland für dogmatischen Aktionismus.
Schon mehrmals musste Ministerpräsident Winfried Kretschmann seinem Parteifreund in die Parade fahren, als er sich beim Thema Stuttgart 21 verrannte. So schwadronierte der Grüne über die Abgabe der Zuständigkeit für das ungewollte Bahnhofsprojekt an ein SPD-Ministerium und diskutierte ohne Absprache mit dem Koalitionspartner ungeklärte Schadensersatzansprüche der Deutschen Bahn.
Offensichtlich ist Hermann als Verkehrsminister in Stuttgart noch nicht angekommen – er ist auch erst wenige Tage im Amt. Hoffnung macht deshalb ein Blick auf den erwähnten Fehlstart seines CSU-Kollegen im Bund. Peter Ramsauer hat seinen Weg gefunden und gilt im glücklosen schwarz-gelben Bundeskabinett als einer der wenigen Minister mit Qualität. Hoffentlich schafft auch Winfried Hermann diese Wende.
Sebastian Bollig, Redakteur