Mainz. Wegen des Rhein-Hochwassers mit Schifffahrtssperre drängen sie sich schon seit Tagen die Schiffe am Mainzer Zollhafen dicht an dicht. Hinzu kommt die Blockade flussabwärts bei der Loreley: Dort ist kürzlich ein Tanklastschiff gekentert. Nach Schätzungen der Mainzer Stadtwerke warten im Innenhafen etwa 20 Schiffsbesatzungen und draußen an den Anlegestellen noch einmal neun weitere auf grünes Licht. "Der Hafen ist komplett belegt", sagt ein Sprecher. Nur draußen, an den Anlegestellen, könnten noch Schiffe andocken - aber nur in zweiter oder dritter Reihe.
"Wir warten die ganze Zeit auf neue Informationen. Das ist das Schlimme, die ständige Ungewissheit", klagt Kapitän Danny Behiels. Sein Kiesfrachter "Love Boat" liegt seit Donnerstag im Hafen vor Anker. Seine vierköpfige Crew wagt sich kaum von Bord. "Wir hängen ständig am Telefon und sind abrufbereit. Es könnte ja jederzeit weitergehen."
Das Ehepaar Jannie und Leo Meeusen vom gegenüberliegenden Schiff "Concordia" nimmt die Wartezeit locker und nutzt sie zu einem Bummel durch Mainz. Ihr Schiff war, beladen mit Mais, vom elsässischen Ottmarsheim nach Weert in den Niederlanden unterwegs. An diesem Dienstag (18. Januar) wollten die Eheleute dort ankommen. Doch nun hängt ihr Schiff 500 Kilometer und drei Tagesreisen vom Zielhafen entfernt in Mainz fest.
Dankbar sind sie aber für den Warteplatz mit Landgang. "Andere Schiffer, zum Beispiel bei St. Goar, können nicht so einfach von Bord gehen und sich mit den Kollegen austauschen. Wenn wir hier Probleme mit Lebensmittelknappheit hätten, könnten wir in fünf Minuten zu einem Einkaufsmarkt laufen", sagt Jannie Meeusen.
Auch Kapitän Eric Notterdaeme aus Schotem bei Antwerpen will die Wartezeit sinnvoll nutzen: Seine Crew wird den Frachter "Barbuda", der im Moment Dünger geladen hat, wieder mal richtig schrubben. "Am ersten Tag ärgerst Du Dich über die Warterei und schimpfst. Am zweiten Tag suchst Du Dir halt eine Beschäftigung. Was will man auch machen?", sagt der Schiffer. Auch den finanziellen Verlust nimmt er relativ gelassen hin: Zum Glück habe er eine Versicherung gegen unvorhersehbare Betriebsausfälle abgeschlossen.
Auch seine Versicherung werde greifen: "Es wird ein minimaler Betrag sein, aber immerhin haben wir eine Versicherung. Die anderen, die keine haben, tun mir wirklich leid", sagt er. Das Thema Versicherung ist das Top-Thema unter den Schiffern. "Sicher ist nur, dass es hohe Verluste geben wird", meint Behiels. Das Ehepaar Meeusen rechnet mit 500 Euro Verlust pro Tag.
Noch ganz andere Probleme könnten auf die Schiffsbesatzungen zukommen - zumindest bei schwerer Beladung und viel Tiefgang. "Im Moment ist Hochwasser, unser Frachter ist sehr schwer. Sollte das Wasser nun schnell sinken und wir setzen im Hafen auf Grund auf, wäre das eine Katastrophe", meint Behiels vom "Love Boat". Sollte sich die Bergung des Unglücksschiffes bei der Loreley mehrere Wochen hinziehen, müsste Behiels einen Teil seiner Kiesladung in Mainz abladen. "Ich will gar nicht dran denken."
Sein Kollege Meeusen hat inzwischen erfahren, dass der Mainzer Zollhafen zum Kultur- und Wohnquartier umgestaltet werden soll. Das wundert ihn: "Stellen Sie sich doch mal vor, diesen Frachthafen gäbe es nicht und es würde wieder ein solches Unglück passieren. Wo sollen wir denn dann hin mit unseren Schiffen?"
Ein Sprecher der Projektgesellschaft Zollhafen Mainz AG versucht zu beruhigen: Der Innenbereich werde zwar zum Jachthafen ausgebaut. Aber außen an der Südmole könnten auch in Zukunft Schiffe anlegen. Diese Plätze seien von vornherein in das Umbaukonzept integriert worden. (dpa)