Weiter in den grünen Bereich

Statt Diesel flüssiges Erdgas in den Tank füllen - das ist bei Meyer Logistik seit Februar Alltag. Das Unternehmen hat 20 Lkw mit Flüssigerdgas-Antrieb in Betrieb genommen, die im Raum Berlin in der Lebensmittel-Distribution eingesetzt werden. "Wir messen hervorragende Verbräuche, zudem sind die Fahrzeuge leiser", freut sich Geschäftsführer Matthias Strehl. Hinter dem Test stehen ökologische Motive: Bei der Verbrennung von Flüssigerdgas (Liquid Natural Gas, kurz LNG) entsteht ein Viertel weniger Treibhausgas als bei Diesel - und deutlich weniger andere Schadstoffe. Das ist gerade für Meyer Logistik interessant, schließlich sind die über 1000 Fahrzeuge des Dienstleisters oft in Innenstädten unterwegs. Meyer testet deshalb nicht nur LNG, sondern nutzt seit über zwei Jahren auch Elektro-Lkw; außerdem beteiligt man sich demnächst an Tests mit Oberleitungs-Lkw. "Wir müssen das Geschäft für die nächste Generation sichern", stellt Strehl klar. Lkw teilweise sauberer als Pkw Wie können wir den Lkw grüner machen? Diese Frage stellen sich Transportunternehmer schon seit Jahren. Einige Fortschritte hat man schon gemacht, wie ein Blick in die Euro-Abgasnormen zeigt: Die erste Vorschrift aus dem Jahr 1992 ließ noch zu, dass ein Lkw acht Gramm schädliche Stickoxide pro Kilowattstunde ausstößt. In der aktuellen Norm Euro 6 ist der Grenzwert auf 0,46 Gramm geschrumpft. Das entspricht einer Verbesserung um den Faktor 17. Und auch beim aktuell so angesagten Diesel-Bashing müsste man den Truck eigentlich ausnehmen: Denn eine Studie des Forschernetzwerks ICCT hat ergeben, dass ein Diesel-Lkw deutlich weniger Stickoxide ausstößt als ein Pkw mit Selbstzünder - 210 Milligramm statt 500 Milligramm. Dennoch: Befördert ein Lkw eine Tonne Ladung einen Kilometer weit, stößt er dabei 101 Gramm Kohlendioxid aus. Das ist im Vergleich mit anderen Verkehrsträgern Negativrekord. Beim Binnenschiff sind es 31 Gramm, der Güterzug kommt auf 24 Gramm, sagen aktuelle Zahlen des Umweltbundesamtes. Daneben stößt der Lkw mehr Kohlenmonoxid und flüchtige Kohlenwasserstoffe als andere Verkehrsmittel aus, lediglich bei Feinstaub und Stickoxiden liegt er nicht auf dem letzten Platz, hier ist das Binnenschiff - wieder bezogen auf Tonnenkilometer - der größte Umweltsünder. Vor allem Dienstleister mit großen Lkw-Flotten gehen das Thema Umweltschutz deshalb massiv an. 30 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2020 - zu diesem Ziel der Deutschen Bahn trägt auch DB Schenker bei. Ausgangswert war dabei das Jahr 2006. "Im Landverkehr haben wir schon mehr als 16 Prozent der CO2-Emissionen eingespart", sagt Andrea Dorothea Schön, Expertin für Umweltbilanzierung beim Essener Konzern. Erreicht hat Schenker die Reduktion der Treibhausgase unter anderem durch die Umstellung des Fuhrparks auf emissionsarme Fahrzeuge sowie durch Fahrerschulungen - auch bei den Subunternehmern. "Außerdem tragen hohe Anteile an Biokraftstoffen in Nordeuropa dazu bei, aber auch unsere Kollaborations-Plattform Drive4Schenker, die unter anderem für Auslastungs-Optimierung sorgt", erklärt Schön. Doch die Expertin macht auch klar: Die erreichten Fortschritte sind nur eine Zwischenstation. E-Mobilität für den Nahbereich Ideen dazu, den Lkw grüner zu machen, gibt es viele (siehe unten). Doch welche bringen den größten Umweltnutzen und werden in Zukunft umgesetzt? Geschäftsführer Strehl von Meyer Logistik hat eine klare Prognose: "Im Nahbereich ist Elektromobilität am vielversprechendsten, im Fernverkehr wird sich LNG parallel zum Diesel durchsetzen." Ähnlich urteilt Expertin Schön von Schenker. "Biogas und E-Mobilität spielen eine große Rolle, aber noch wenig in der Praxis." Ebenfalls als interessant stuft sie den Wasserstoffantrieb ein, insbesondere, wenn dabei Wasserstoff verwendet wird, der in der chemischen Industrie ohnehin anfällt. Man müsse alle Alternativen im Blick behalten, so Schön. "Wir werden intensiv beobachten, wie sich Versuche mit Oberleitungs-Lkw entwickeln." Was sollten Fuhrunternehmer heute tun, um ihr Geschäft zukunftssicher zu machen? "Beobachten Sie die Alternativen zum Diesel-Lkw und nutzen Sie die Fördermöglichkeiten so weit wie möglich", rät Schön. Auf lange Sicht soll der Verkehrsträger Straße sogar komplett emissionsneutral werden - das zumindest plant man im Umweltbundesministerium. Dort wird erwogen, Diesel oder Gas durch synthetischen Kraftstoff, der mithilfe von erneuerbarem Strom hergestellt wird, zu ersetzen (Power-to-Liquid oder Power-to-Gas). Details erklärt Martin Schmied vom Umweltbundesamt im Online-Interview, zu finden auf verkehrsrundschau.de im Dossier "Umweltbundesamt". Was halten Praktiker von dieser Vision? "Möglich ist alles", sagt Schenker-Expertin Schön und fügt hinzu: "wenn der Ausstieg aus dem Diesel gelingt." Doch ein Blick in eine so weite Zukunft wirft Fragen auf: Wird die Politik die passenden Rahmenbedingungen schaffen und Alternativen zum Diesel systematisch fördern? Entwickelt die Forschung neue, synthetische Biokraftstoffe, die nicht aufwendig angebaut werden müssen? Gelingt es, trotz wachsender Wirtschaft das Transportvolumen zu begrenzen? All das ist völlig unklar. Außerdem spielen bei Langzeitprognosen auch immer sogenannte Wildcards eine Rolle - Umbrüche und Entwicklungen, die aus heutiger Sicht noch nicht abzusehen sind. Manche Experten halten es zum Beispiel für möglich, dass der Vormarsch von 3-D-Druckern die Produktion vor Ort deutlich verbilligt und viele Lkw-Fahrten überflüssig macht. Das aus heutiger Sicht zu beurteilen ist unmöglich. "Sicher ist nur eines", fasst Schön zusammen, "die Logistikwelt wird in zehn Jahren nicht mehr so aussehen wie heute." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Grüne Logistik www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Serie Umweltfreundliche Verkehrsträger Wir nehmen die Umweltbilanz der verschiedenen Verkehrsträger sowie deren Stärken und Schwächen unter die Lupe- Lkw (VR 23)- Schiene (VR 24)- Binnenschifffahrt (VR 25) Grüne Lkw Auswahl von umweltschonenden Alternativen - E-Antrieb: Rund ein Viertel weniger CO2-Emissionen, kein Feinstaub, kein Stickoxide, weniger Lärm - das alles verspricht der Elektromotor, zumindest, wenn er Strom aus grünen Quellen nutzt. Pionieranwender gibt es reichlich: Die Deutsche Post baut seit Kurzem sogar eigene Elektrolieferwagen, Daimler beweist mit seinem Urban ETruck, der 12,8 Tonnen transportieren kann, dass auch schwere Stromer möglich sind.- Oberleitungs-Lkw: Eine erste Teststrecke für die Technik betreibt Siemens in der Nähe von Berlin, 2019 sollen zwei Feldversuche starten. Die Trucks mit "Stromgeweih" sparen CO2 und sind obendrein durchzugsstärker. Eine neue Studie des Fraunhofer ISI kommt zu dem Schluss, dass die Technik wirtschaftlich sein kann. Die Forscher schlagen vor, die am stärksten befahrenen Autobahnabschnitte mit Oberleitungen auszurüsten.- Platooning: Mehrere Lkw fahren mit geringem Abstand hintereinander (15 statt 50 Meter) - das ist die Idee hinter dem sogenannten Platooning. Das Kolonnenfahren verringert den Windwiderstand für alle Fahrzeuge hinter dem Pilot-Lkw, was wiederum Kraftstoff spart. Umsetzen lässt es sich nur mit vernetzten autonomen Fahrzeugen, die blitzschnell reagieren. Schon bei einem Truck-Platoon aus drei Lkw reduzieren sich Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß um rund sieben Prozent, sagt Daimler. Damit seien Verbrauchswerte von 25 Liter auf hundert Kilometer für einen Sattelzug mit 40 Tonnen Gesamtgewicht möglich. MAN und DB Schenker wollen Platooning im kommenden Jahr auf der Autobahn A 9 erstmals testen.- Lang-Lkw: Die 25-Meter-Riesen mögen politisch umstritten sein, unstrittig ist ihr Umweltvorteil. Bei einem Feldversuch, den das Bundesamt für Straßenwesen im vergangenem Jahr durchgeführt hat, kam heraus, dass ein Lang-Lkw 15 Prozent effizienter ist als ein herkömmlicher Sattelzug (bezogen auf das transportierte Gewicht).- Fahrertrainings: Niedertourig und gleichmäßig fahren, Gänge überspringen, Zwischengas vermeiden - all das kann der Umwelt massiv nutzen. Mit spritsparender Fahrweise lässt sich die Kraftstoffrechnung um fünf Prozent drücken, sagt die Dekra, ein Anbieter entsprechender Schulungen. cg

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