VR-Barometer Entsorgung

VR-Barometer EntsorgungDer Kampf um den MüllZwar scheint die Krise überstanden. Aber auf die Entsorgungsbranche warten bereits die nächsten Probleme: Die Abfallmengen sinken und eine neue Gesetzesnovelle beunruhigt das gesamte Gewerbe.Die Entsorgungsbranche atmet durch: Das Gröbste nach dem Abschwung scheint überstanden. 90 Prozent der Betriebe waren von der Krise laut einer Umfrage des Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. (BDE) betroffen. Mittlerweile geht es bei den meisten wieder aufwärts. So gaben bei der Befragung aus dem Frühjahr 31 Prozent an, dass sie mit steigenden Umsätzen für 2010 rechnen.Allerdings kündigen sich neue Herausforderungen an, die auf den ersten Blick nicht gut klingen: Zum einen wird ein weiter sinkendes Abfallaufkommen prophezeit. Zum anderen liegt seit August die Novelle für das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) vor. Diesen Entwurf bezeichnen die meisten Experten bislang als unzureichend und enttäuschend.Der Trend zur RecyclingwirtschaftEgal, wie das Gesetz aussehen wird, langfristig gehen die Experten von einer Verringerung des Abfallaufkommens aus. „Wir sorgen mehr und mehr dafür, dass Abfälle vermieden und vor allem die Wertstoffe von den Beseitigungsabfällen getrennt und in den Wirtschaftskreislauf wieder eingebracht werden“, begründet Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V., den Rückgang. Bärbel Birnstengel, Expertin bei der Prog-nos AG für Abfall und Sekundärrohstoffe, nennt dazu konkrete Zahlen. Danach bleibt das Aufkommen im Siedlungsabfall bis 2015 zwar nahezu konstant. Es gibt jedoch Verschiebungen: Der Restabfall der Haushalte sinkt bis 2015 deutlich, weil beispielsweise Bioabfall künftig deutschlandweit getrennt erfasst wird. Auch beim gewerblichen Abfall rechnet Birnstengl mit Rückgängen: Bis 2015 soll der Abfall zur Beseitigung von 4,5 Millionen Tonnen (2008) auf 3,8 bis 4,0 Millionen Tonnen (2015) sinken. Die gleiche Tendenz wird beim Abfall zur Verwertung vorhergesagt: Die Menge soll sich von 8,3 Millionen Tonnen (2008) auf 6,0 Millionen verringern.Diese Mengenentwicklung wirkt sich auch auf den Umsatz aus. Einer Prognose von OC & C Strategy Consultants zu Folge wird der Umsatz der deutschen Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft in den kommenden Jahren spürbar schrumpfen, und zwar von 14,5 Milliarden Euro (2007) auf 13,0 Milliarden Euro 2015. Das größte Stück Kuchen von dem Gesamtmarkt entfällt nach wie vor auf die Sammlung, allerdings sinkt dieser Anteil (s. Grafik). (Preis-) Druck von den MüllkonzernenFür die Entsorgungsdienstleister hat sich die Lage seit der Krise nach Aussage von Benedikt Althaus, stellvertretender Geschäftsführer des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL), etwas entspannt. „Der Anstieg der Preise für verschiedene Abfallsorten hat dazu beigetragen“, sagt Althaus. Skeptisch beobachtet er das Verhalten vor allem größerer Entsorger. „Bei der Sammlung werden Angebote gemacht, die bis zu 50 Prozent unter dem marktüblichen Preis liegen“, klagt er. Die großen Anbieter wollten so ihre Aufbereitungskapazitäten besser auslasten und sich über zusätzliche Mengen stärker im Markt positionieren. Auch Birnstengl beobachtet eine Konzentration: „Das Recycling wird komplexer. Dazu braucht man ein entsprechendes Know-how und entsprechende Mengen. Das ist für viele kleine Anbieter eine kaum zu überwindende Hürde.“ Eine Chance sieht sie für die kleineren Anbieter in Kooperationen. Althaus stimmt zu: „Wer in Netzwerke eingebunden ist oder Zusatzdienstleistungen anbieten kann, hat gute Chancen. Auch dem Entsorger im Nahverkehr mit ein, zwei Fahrzeugen, räumt er Überlebenschancen ein. Schwer werde es für denjenigen, der mehr LKW hat und auf den reinen Transport fixiert ist.“All diese Prognosen werden maßgeblich von dem neuen KrWG beeinflusst. Dazu liegt seit August die erste Novelle aus dem Bundesumweltministerium vor. Die Experten sind enttäuscht und werfen dem Papier vor, nicht annähernd den Erwartungen zu entsprechen. So kritisiert Althaus, dass nicht geklärt sei, ob die Wertstofftonne künftig Hoheitsgebiet der Kommune werde. „Dann könnten einige Regionalplatzhirsche Probleme bekommen, die in ihrer Region beispielsweise die Altpapiersammlung und -entsorgung übernommen haben.Birnstengel bemängelt unter anderem die anvisierte Recyclingquote von 65 Prozent. „Das ist enttäuschend, da wir jetzt schon bei 63 Prozent sind.“ Die Abfallexpertin hält eine Quote von 75 Prozent für machbar. Nahezu alle Verbände sehen ein großes Problem darin, dass die Novelle viele Dinge ungeklärt lässt, so auf vielen Ebenen die Zuständigkeiten zwischen kommunaler und gewerblicher Sammlung. „Diese Rechtsunsicherheit provoziert geradezu Rechtsstreitigkeiten. Das führt dann dazu, dass potenzielle Investoren vor großen Investitionen zurückschrecken“, befürchtet Hintzmann. Doch noch ist das letzte Wort bei der Novelle nicht gesprochen. Erst im neuen Jahr ist mit einer Entscheidung der Bundesregierung zu rechnen. ❙❚■ Michael CordesMüllentsorger haben künftig weniger zu tun: Das Aufkommen soll weiter sinkenbranchen-spezialDie VerkehrsRundschau beleuchtet die Aussichten für die Märkte: VR 35: Ukraine vor der Fußball-EM: Eine Chance für Transporteure? VR 36: Die Zukunft der Entsorgungsbranche VR 37: Die Containerschifffahrt profitiert von globaler KonjunkturVR 38: Die Trends in der Distribution von NeufahrzeugenVR-Barometer EntsorgungDen Trend umkehrenDa braucht man gar nicht um den heißen Brei herumreden: Die Prognose, nach der das Abfallaufkommen weiter sinkt, wird für viele Entsorger zu einem (Auslastungs-) Problem. Andererseits, und da sind sich die Experten einig, bedeutet der Trend zum Recycling auch eine große Chance für die Entsorger. Wie auch das Porträt der Firma Büchl (Seite 30) zeigt, stehen Entsorgungskonzepte bei Industrie und Handel auf der Prioritätenliste nicht an vorderster Stelle. Wem es hier gelingt, sich Know-how anzueignen und sich als kompetenter Entsorger anzudienen, der kann den scheinbar negativen Trend zu einem positiven umwandeln. cdFazitZukunft Entsorgung20072015Entwicklung der Marktanteile nach Wertschöpfungsstufen 2007/2015Der Entsorgungsmarkt schrumpft – mengen-, aber auch wertmäßig. So die Prognose von OC & C Strategy. Zu den Verlierern zählen die kommunalen Anbieter, deren Marktanteil von 61 auf 51 Prozent sinkt. cdEnergie-gewinnung Recycling/Ver-kauf WertstoffeBeseitigung/VerwertungSortierung/BehandlungSammlung5%19%24%12%40%13%24%21%10%32%14,5 Mio. €13,0 Mio. €Gesamtmarkt

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