Vom Cockpit in die Personalabteilung

Telematikdaten weiter gehend nutzen: Daten aus dem Bordcomputer können bei der Lohnberechnung helfenVom Cockpit in die PersonalabteilungEine Telematiklösung kann nicht nur zur Disposition eingesetzt werden – sie kann auch der vereinfachten Lohnabrechnung dienen. Die Software Roadwatch soll die Daten auswerten und verspricht weniger Aufwand für den Spediteur. Den LKW auf dem Hof abstellen und nicht nach Hause, sondern erst einmal die notwendigen Papiere zur Zeiterfassung ausfüllen. Alltag für viele LKW-Fahrer – so auch für die rund 60 Fahrer des Familienbetriebes Aloys Siepmann aus Duisburg. Mit Stift und Zettel werden die Arbeitszeiten protokolliert. Die Personalabteilung errechnet dann anhand der vorliegenden Papiere Spesen und Gehalt. Viel Aufwand für die Erfassung von Daten, die durch das eingesetzte Telematiksystem eigentlich schon vorliegen. Bald soll es allerdings mit der Zettelwirtschaft vorbei sein. Siepmann setzt auf die Software Roadwatch, die seit dem Frühjahr 2007 durch die Firma LogicWay Data Services GmbH in Deutschland vertrieben wird. Das Programm, das auf den Rechnern der Personalverantwortlichen installiert wird, nutzt die Daten aus dem Bordcomputer des Fahrerhauses für die Berechnung der Fahrerlöhne. Der Grund für den Einsatz der Software liegt für Geschäftsführer Wolfgang Siepmann auf der Hand: "Wir haben seit 2002 die Telematiklösung Truck24 im Einsatz, da macht es nur Sinn, wenn wir die vorhandenen Daten auch weiter gehend nutzen." Mittlerweile verwenden nach Angaben des Herstellers über 20 Kunden in Deutschland Roadwatch. Grundvoraussetzung für den Einsatz des Programmes ist ein Telematiksystem (siehe Kasten Seite 27), das über Schnittstellen mit der Roadwatch-Software verknüpft wird. Lieber digital als auf PapierAuch in der Spedition Anhalt Logistics ist Roadwatch im Einsatz. Das Unternehmen mit rund 230 eigenen Zugmaschinen und 250 Fahrern arbeitet mit der Telematiklösung Qualcomm Omnitracs. Christian Cornelius, Prokurist bei Anhalt Logistics: "Mit Einführung des digitalen Tachografen wollten wir die Fahrzeiten aller LKW zusammen in einem Programm erfassen und auswerten." So wollte der Logistikdienstleister die Berechnung der Spesen für die Fahrer von der manuellen auf die elektronische Variante umstellen. Dieser Fall macht deutlich, in welchen Fällen der Einsatz von Roadwatch sinnvoll ist: wenn Unternehmen komplexe Lohnstrukturen vorweisen – leistungsabhängige Zulagen, Spesen oder Prämien. Wichtig ist zudem, dass sich die Implementierung erst ab einer bestimmten Größe des Fuhrparks lohnt, da die Kosten für die Einrichtung für Kleinstbetriebe in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Ein Beispiel: Ein Fuhrpark mit 50 Fahrzeugen muss mit einmaligen Kosten von rund 10.000 Euro rechnen. Hinzu kommt ein "kleiner jährlicher Betrag für Wartung und Hotline", so Cornelius von Anhalt Logistics. Platz für individuelle LohnmodelleWer sich für den Einsatz einer solchen Software entscheidet, hinterlegt die individuellen Regelungen des eigenen Lohnmodells wie Tarife, Festlöhne, Zulagen, Spesen oder Prämien in der Anwendung. Anstelle des Verwaltungsaufwandes durch das Sammeln und Prüfen der Daten durch Fahrer und Personalverantwortliche in Papierform nutzt Roadwatch die im Telematiksystem gesammelten Statusmeldungen in Verbindung mit den hinterlegten Regelungen. Von besonderer Bedeutung ist allerdings, dass der Fahrer die benötigten Informationen in den Bordcomputerrichtig eingibt, da die Software sonst die Daten nicht zufrieden stellend auswerten kann. Das Programm berücksichtigt dabei die aktuellen steuerlichen Rahmenbedingungen und soll helfen, steuerpflichtige, steuerfreie und pauschal zu versteuernde Anteile sowie nicht genutzte Steuerpotenziale aufzuzeigen.Die Schnittstelle zwischen Telematiksystem und der Software sieht allerdings je nach zu Grunde liegendem Telematiksystem unterschiedlich aus. Unternehmensberater Bernd Schoob, der mit seinem Unternehmen Fleetconsult am Roadwatch-Anbieter LogicWay Data Services mit 50 Prozent beteiligt ist, erläutert: "Es gibt einmal die Möglichkeit, über einen FTP-Server an die Daten zu kommen und diese dann zu interpretieren und aufzubereiten." Dies sei bei den Anbietern der Fall, die Weblösungen anbieten – Beispiele sind Fleetboard, Truck24, Spedion oder Comlog. Im zweiten Fall, bei lokalen Softwareanwendungen wie Transics, baue die Software eine Direktverbindung zur Datenbank des Telematikanbieters auf. Roadwatch ist modular aufgebaut und wertet neben den Lohn- und Spesendaten auch Berichte über Tankdaten oder den Fahrer- und Fahrzeugeinsatz aus (siehe Kasten "Software-Funktionen"). Andere Lohnstrukturen im AuslandDass das Konzept aus den Niederlanden stammt, ist kein Zufall. "In Holland sind diese Systeme aus Bordcomputer und Auswertungssoftware weit stärker verbreitet", erzählt Schoob. Der Grund liege in den komplexeren Lohnstrukturen – holländische Fahrer erhalten seltener Pauschalgehälter als ihre deutschen Kollegen. Auch hier zu Lande ist laut Schoob dieser Trend zu beobachten: "Auch in Deutschland interessieren sich immer mehr Unternehmer im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten für eine leistungsorientierte Bezahlung." Dies gilt auch für Wolfgang Siepmann. "Auf lange Sicht wollen wir uns die Option weg vom Festgehalt hin zu Stundenlöhnen mit leistungsbezogener Bezahlung offen halten", sagt er. Bei der Implementierung dieses Modelles könne die Software helfen. Das Ziel auf kurze Sicht in der Spedition ist aber anders definiert: Siepmann will von der manuellen Zeiterfassung und dem Papierwust bei der Abrechnung wegkommen. In der Übergangsphase laufen zwar noch beide Systeme der manuellen und digitalen Datenübermittlung parallel. Spätestens in einigen Monaten aber soll es dann heißen: Daten aus dem Cockpit direkt in die Personalabteilung. ❙❚■ Tobias Rauser

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