Verlockendes China

Es ist einer dieser Mode-Trends, die es auch in der Transportbranche gibt und denen man kaum ausweichen kann: Transporte über die Seidenstraße. Während es im Schienengüterverkehr in Deutschland an allen Ecken und Enden knirscht, während vom größten Anbieter in Europa in diesem Segment - DB Cargo - in den vergangenen Monaten eher schlechte Meldungen kamen, übt der Transport von Waren per Bahn zwischen Europa und China offenbar magische Anziehungskraft aus. Fast gewinnt man den Eindruck, dass alle mal an dieser Wunderlampe reiben wollen und hoffen, dass der dann aufsteigende Geist auch sie mit zahlreichen Gaben in Form von zu transportierenden Containern beglückt. Ehrgeizige Ziele von Rail Cargo Group Jüngstes Beispiel ist Österreich. Das Land liegt zwar nicht an der Seidenstraße, aber was nicht ist, kann ja noch werden, auch ohne Wunderlampe. So gibt es Pläne, die Breitspureisenbahn vom slowakischen Kosice bis nach Österreich zu verlängern. Beide Länder wollen dabei eng zusammenarbeiten. Die Region Wien-Bratislava soll zu einem der größten Logistikhubs Europas entwickelt werden. Thomas Kargl, Vorstand der österreichischen Güterbahn Rail Cargo Group RCG, zeigt sich optimistisch: "Geplant ist, in den nächsten Jahren die eurasischen Relationen auszuweiten, die Kapazitäten an den Grenzen zu erweitern und so die intermodalen Verkehrsvolumina bis zum Jahr 2025 zu verdoppeln." Ende April 2018 war der erste Güterzug aus China kommend in Wien eingetroffen. Über die Terminals in Duisburg und Budapest hatte die RCG bis November ihr Ziel für 2018 von 400 Güterzügen zwischen Europa und China bereits erreicht. 30.000 Container sind dabei befördert worden. Für 2019 sind 600 Güterzüge anvisiert. Zahlen, die die deutsche Bahn DB bereits erreicht hat. "Für 2018 erwarten wir 90.000 Container auf unseren Chinazügen", sagte DB-Chef Richard Lutz anlässlich der Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung Mitte November zwischen der DB und China Railways. Die Vereinbarung sieht unter anderem eine Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Abwicklung von Güterzügen von China nach Europa vor. Die DB will in naher Zukunft die 100.000-Container-Marke knacken. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde mit "DB Cargo Eurasia" eine neue Vertriebseinheit gegründet. Sie übernimmt alle Leistungen, die bislang von der Trans Eurasia Logistics TEL erbracht wurden. Als Operateur soll DB Cargo Eurasia für die Chinaverkehre alle Aktivitäten im Konzern bündeln. Als unterstützende Maßnahme wurde im August ein Büro in Shanghai eröffnet. Um die Abläufe effizienter und transparenter zu gestalten, will die DB auch den Austausch elektronischer Daten zwischen den beteiligten Bahnen verbessern. Eine Vereinbarung dazu haben Alexander Doll, DB-Vorstand für Güterverkehr und Logistik, der stellvertretende CEO der russischen Staatsbahn RZD, Viacheslav Pavlovski, und DB Cargo Polska im September unterzeichnet. Neben den Bahnen zeigen auch Operateure wie InterRail oder Hupac und Spediteure wie Militzer & Münch (M&M) Interesse an Verkehren zwischen Europa und China. Lothar Thoma, CEO von M&M, sieht die Luftfracht als eigentlichen Wettbewerber an, nicht die Seefracht. Befördert würden alle möglichen Produkte: Ersatzteile für die Autoindustrie, Elektrogeräte genauso wie gekühlte Ware. "Zudem ist die Bahn eine Alternative, wenn es Engpässe bei der Seefracht gibt - derzeit kein Thema - oder wenn es schnell gehen muss, um beispielsweise Lieferfristen einhalten zu können", sagt Thoma. Aber M&M nimmt auch Paletten oder einzelne Kartons an. "Wir bieten LCL-Verkehre an, sammeln die Ware und füllen damit die Container auf", so Thoma (siehe Interview). Auch die HHLA steigt in den Markt ein Es versuchen aber auch neue Akteure, auf den China-Zug aufzuspringen. Dazu gehört beispielsweise Metrans, die Bahntochter der Hamburger Hafen und Logistik HHLA. Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der HHLA, hat Anfang November mit Vyacheslav Saraev, Vorstandsvorsitzendem der Transcontainer, eine Absichtserklärung unterzeichnet. Diese beinhaltet eine Kooperation zwischen Transcontainer und Metrans mit dem Ziel, den Containertransport auf der Seidenstraße auszubauen. Transcontainer gilt als der größte intermodale Containertransportkonzern in Russland mit 25.000 Transportwagen für den Schienenverkehr und 68.000 Containern. "Wir wollen die Expertise beider Gesellschaften auf der Seidenstraße stärker bündeln, um beim Schienengütertransport zwischen Fernost und Europa noch bessere Angebote machen zu können", sagte Titzrath. So sei unter anderem geplant, den Bahnkorridor über die Slowakei und die Ukraine verstärkt als Transitroute für Seidenstraßen-Verkehre zu nutzen. Immerhin, schon jetzt gibt es laut Hamburg Hafen Marketing HHM wöchentlich 235 Containerzug-Verbindungen zwischen Hamburg und 27 Zielorten in China. Axel Mattern, Vorstand HHM, bezeichnet Hamburg daher als "das Chinazentrum Deutschlands als Start- und Endpunkt". Das hindert aber andere Häfen nicht, ebenfalls Verkehre nach China anzubieten. Duisburg gilt als wichtiges Hub mit etwa 35 Güterzügen die Woche von und nach China. In Köln beginnt man ebenfalls damit, Güterzugverbindungen auf dieser Route aufzubauen. So erreichte Mitte November erstmals ein Zug aus Yiwu, 250 Kilometer südlich von Shanghai gelegen, den Hafen Köln-Niehl. Acht 40-Fuß-Container mit Konsumgütern blieben in Köln, 28 weitere Boxen wurden zur finalen Destination Madrid transportiert. Ziel ist es, einen regelmäßigen Verkehr zwischen Köln und China zu etablieren. "Während meiner jüngsten China-Reise habe ich mich mit dem privaten Betreiber des Zuges auf chinesischer Seite getroffen und für eine Ausweitung der Kooperation geworben", sagte die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Der Zug wurde von dem Operateur InterRail in Auftrag gegeben. Beteiligt sind auch CTS Container-Terminal Köln (eine Tochter der Hafen Güterverkehr Köln HGK), der Logistikdienstleister RheinCargo und das Transportunternehmen Transfesa, das den Weitertransport nach Spanien organisiert. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier China www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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