Verhandlungen um EU-Standards

Nach dem Brexit hat die EU jetzt ihre roten Linien für das künftige Verhältnis zu Großbritannien abgesteckt. Diese Woche haben die Verhandlungen begonnen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte vorab in Brüssel, er erwarte sehr schwierige Gespräche. Denn die Regierung des Vereinigten Königreichs hat teils konträre Forderungen und droht mit einem Abbruch, sollte sich bis Juni kein Abkommen abzeichnen. Das geht aus dem britischen Verhandlungsmandat hervor, das ebenfalls vorliegt und einen harten Kurs mit eigenen Positionen vorgibt. Für einen Kompromiss bleiben nur zehn Monate, Premierminister Boris Johnson will die bis Jahresende laufende Brexit-Übergangsphase keinesfalls verlängern. "Wir sind bereit", sagte EU-Verhandlungsführer Barnier, nachdem die 27 Mitgliedstaaten detaillierte Vorgaben für seine Verhandlungen besiegelt hatten. "Aber wir werden diesen Vertrag nicht um jeden Preis schließen." Die zuständige Kommission besteht auf Fairness und klare Regeln für den Umgang mit dem Vereinigten Königreich, das Ende Januar aus der EU ausgetreten war. Bei den Gesprächen geht es vor allem darum, ob die Briten mit oder ohne Handelsabkommen gehen. Die EU will kein Dumping Die EU will ein Freihandelsabkommen mit Großbritannien schließen, das sicherstellt, dass ab Januar 2021 keine Zölle und Quoten für den Warenhandel gelten. Ihr 46 Seiten umfassendes Verhandlungsmandat betont, ein fairer Wettbewerb müsse von belastbaren Zusagen getragen sein. Das angestrebte Abkommen solle gemeinsame hohe Standards erhalten. Für wichtige politische Themen wie Klimaschutz, Arbeitnehmerrechte, Steuern oder staatliche Subventionen soll es demnach auch weiterhin vergleichbar hohe Vorgaben mit EU-Standards als Referenz geben. Barnier soll mit den Briten zudem wirksame Regeln für die Überwachung, Umsetzung und Weiterentwicklung des Abkommens vereinbaren. Dazu gehören auch die Schlichtung von Streitigkeiten und die Durchsetzung der vereinbarten Punkte. Die angestrebte Partnerschaft soll eine vollständige oder teilweise Aussetzung der Vereinbarung für den Fall vorsehen, dass eine Seite gegen wesentliche Elemente verstößt. Eine Anpassung britischer Gesetze an EU-Regeln will die Regierung in London allerdings nicht akzeptieren. Johnson will ein Abkommen nach dem Vorbild von Ceta, dem Freihandelsabkommen mit Kanada - allerdings ohne dafür Auflagen der EU zu erfüllen. Während die Briten separate Zugeständnisse für Bereiche wie die Fischerei und Luftfahrt wollen, strebt Brüssel keine Ausnahmen an. Ein britischer Regierungssprecher betonte, London wolle die "wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit" Großbritanniens zum Ende dieses Jahres wiederherstellen. Bis dahin ist UK noch Teil des Binnenmarktes und der Zollunion. Der Druck lastet auf Großbritannien Es bleibt abzuwarten, ob die britische Regierung aus Sorge vor wirtschaftlichen Schäden von anfänglichen Positionen abrückt. Doch selbst mit einem ehrgeizigen Freihandelsabkommen werden sich wohl die Wirtschaftsbeziehungen ändern. Mehr zum Thema finden Sie unter #Großbritannien www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien über die Beziehungen nach dem Brexit haben begonnen. Beide Seiten wollen ein Freihandelsabkommen ohne Zölle und Quoten. Im Detail gehen die Forderungen allerdings auseinander. London will sich vor allem nicht länger Regeln aus Brüssel aufzwingen lassen. EU-Positionen zum Güterverkehr mit Großbritannien - Die geplante Partnerschaft sollte laut EU-Verhandlungsmandat auf eine Freihandelszone abzielen, die gewährleistet, dass in allen Sektoren keine Zölle, Gebühren, Abgaben gleicher Wirkung oder mengenmäßige Beschränkungen erhoben werden - vorausgesetzt, dass beide Seiten gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten.- Die EU plädiert in ihren Positionen für einen offenen Marktzugang für den bilateralen Straßengüterverkehr, sehen allerdings auch Einschnitte vor. So sollen Frachtführer und Spediteure aus Großbritannien nicht mehr Kabotage-Transporte wie bislang durchführen dürfen. Zudem sollen "geeignete" Regelungen für den Lkw-Transit geschaffen werden. Vorgesehen ist darüber hinaus, dass die Briten europäische Sozialstandards für Lkw-Fahrer nicht unterschreiten dürfen.- Die Vereinbarung zwischen EU und UK soll zudem - falls erforderlich - beim Schienenverkehr die besondere Situation des Bahnverkehrs durch den Kanaltunnel und der Belfast-Dublin-Linie berücksichtigen. Im internationalen Seeverkehr fordert Brüssel gleiche Wettbewerbsbedingungen. Und für den Luftverkehr sollen die Unterhändler Vereinbarungen in Betracht ziehen, die typischerweise in bilateralen Luftverkehrsabkommen der EU enthalten sind. Luftfahrtunternehmen aus Mitgliedstaaten dürften nicht diskriminiert werden, Wettbewerber aus UK dürften umgekehrt jedoch nicht dieselben Rechte und Vorteile wie derzeit haben. ag

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