Tirsan

TirsanZwischen zwei WeltenHierzulande viel diskutierte Themen wie Ausbildungsinitiativen, Fremdsprachenkenntnisse oder Frauenquoten hat Tirsan längst umgesetzt. Das Ziel: Man möchte mittelfristig Europas Nummer drei werden. Wir sind da, seit 1893. Mit diesem Slogan spielt Tirsan hierzulande jetzt die Traditionskarte und -marke Kässbohrer, die man anfangs nur für Tank- und Silofahrzeuge nutzte. Doch schnell stellte man fest, dass die eigene Marke zwar in der türkischen Heimat einen ähnlichen Namen und dominierenderen Marktanteil hat wie Schmitz in Deutschland, hier aber eben nicht viel ausrichten kann gegen Cargobullen und Konsorten. Die bieten viel Qualität zu fast selbstmörderischen Preisen – eine harte Lektion, die Tirsan schnell gelernt hat. Als man in der Krise die Fertigung im Werk Goch bei Emmerich am Rhein beenden musste, sah es so aus, als würde sich der türkische Familienkonzern in Zentraleuropa vor allem auf die Talson-Luftfrachtsattel, Kässbohrer-Kippsilos und die Hendricks-Tankfahrzeuge zurückziehen. Doch weit gefehlt: „Wer in dieser Region dauerhaft präsent sein will, kommt um eine breite Abdeckung des deutschen, polnischen und russischen Markts nicht herum“, erklärt Firmengründer Ö. Cetin Nuhoglu. Man definierte vier Euro-HauptmärkteDer Koordinator der technischen Entwicklung, Tugay Yilmaz, hat dafür auch eine Erklärung: „Achsen, Bremsen, Zubehör – fast alles wird in Deutschland entwickelt und gefertigt. Entsprechend liegt dort auch das Know-how und der Markt.“ Darum genügt es nicht, stabile Sattel zu bauen, die russische Kunden im China-Verkehr einsetzen, die aber für Mitteleuropa zu teuer und zu schwer sind. Deshalb leitete man mehrere Schritte ein, um Kässbohrer auf seinen alten Platz zurückzuheben. Damals gehörte man in Ulm mit Transmaximal und Co zu den Größen im Geschäft. Bei den Curtainsidern stellt man die Fertigung in Richtung Großserie um: Für den Rahmenbau sind neue und weitere Schweißroboter geplant, anschließend eine große Sandstrahlanlage. Die so vorbereiteten Chassis sollen ab dem vierten Quartal 2011 im MAN-Omnibuswerk bei Ankara KTL-getaucht werden, bevor sie Tirsan wieder ins optimierte Band einsteuert. Dann werden die Trailer in einer neuen Lackiererei eingefärbt, bevor die Bandmontage beginnt. Hier wird heute noch vieles von Hand gemacht, was künftig ebenfalls Stück für Stück automatisiert werden kann. Die Endabnahme erfolgt in einer separaten Halle, in der auch die Prüfstände untergebracht sind.Testen und prüfen ist auch das Stichwort für das zusätzlich geplante Forschungs-Center in Mitteleuropa. „Wir müssen hier noch näher am Kunden sein“, erklärt Managing- Direktorin Iffet Türken den Plan, der außerdem umfasst, Goch als Endmontageort, Showroom und Servicepunkt wieder ans Netz zu nehmen. Der Grund für Goch war einfach: „Wir wollten nahe an Antwerpen, Rotterdam und dem deutschen Markt sein“, begründet Türken die Standortwahl.Über 500 Varianten im PortfolioAußerdem investiert man in neue Produkte: Sehr beliebt ist mittlerweile der 5,2 Tonnen leichte „Light“ mit dem üblichen gelochten Längsträger. Das umso mehr, seit auch in der Türkei verstärkt nachgewogen wird. Ebenfalls neu sind die Kühler mit eigenen Paneelen, die man auf den Ex-Univan-Anlagen fertigt – mit einer viel zu geringen Kapazität: „Wir schaffen momentan zwei Kühler pro Schicht“, erklärt Techniker Yilmaz, „doch die Nachfrage ist viel höher.“ Außerdem importiert man Kühler von Lamberet und kaufte Paneele aus den Niederlanden zu – laut Yilmaz alles keine perfekten Lösungen: „Die Lamberet-Kühler sind teuer, außerdem wollen wir das komplette Know-how in unserer Hand haben.“ Bis die Tirsan-Kühler „kässbohrerisiert“ sind, wird noch Zeit vergehen: „Die Anlagen funktionieren gut, aber die Technik hat sich weiterentwickelt, entsprechend gibt es auch dafür schon Pläne“, lässt Yilmaz durchblicken. Entsprechend kleine Brötchen backt man derweil für Deutschland: Hier bringt man das erste 90-Kubik-Kippsilo an den Start und investiert in eine Optimierung der Hendricks-Tanker und übrigen Kässbohrer-Silos, die schon jetzt in „Serie“ gefertigt werden. Daneben engagiert man sich weiterhin bei den Talson-Luftfracht- und -Kleidertrailern, die mit ihrem selbsttragenden, genieteten Aufbau eine Sonderstellung im Markt einnehmen. Und in dieser Nische Marktführer sind. ❙❚■ Gregor SollerGenau zwischen Abendland und Asien liegt die Kässbohrerfertigung im türkischen Adapazari. Neue Produktlinien sind Kühler, Light-Sattel und Halfpipe-Kipper, auch als FahrgestellKässbohrer-Tirsan heute: Neuer Light-Sattel (l.), Fertigung am „Band“: Bodenmontage, Aufsetzen des Aufbaus und Endabnahme, neuer Kühler (r.)Mit Ulmer Werkzeugen: BehälterfertigungTirsanWir wollen die Nummer drei werden Kässbohrer-Managing-Direktorin Iffet Türken äußert sich in einem Interview zu Goch, China-Komponenten und den weiteren Plänen. Welche Pläne gibt es für das Werk Goch an der niederländischen Grenze? Iffet Türken: Goch hat zurzeit vier verschiedene Funktionen: Erstens ist es zentraler Aftersales Service, zweitens werden Planensattel demontiert nach Goch versandt. Dort wird der gesamte Aufbau und die Endmontage fertiggestellt, so dass wir unseren Kunden flexibel Fahrzeuge anbieten. Entsprechend dient Goch auch als Showroom: Unsere Kunden können sich unsere Produktlösungen aus unserem breiten Produktprogramm in Goch detailliert anschauen. Vierte Funktion ist schließlich PDI und Lieferung: Falls unsere Kunden keine Lieferung frei Haus möchten, können sie ihre Auflieger in Goch abholen. Deutschland ist ein sehr wichtiger Markt für uns und wir planen eine weitflächige Erweiterung unseres Verkaufs- und Servicenetzwerkes. Ziel ist es, einer der Top 3 der europäischen Trailerhersteller zu werden.Wie wollen Sie in Zentraleuropa das Händler- und Servicenetz auf- bzw. ausbauen? Seit Mitte letzten Jahres führen wir Gespräche mit wichtigen lokalen Partnern, die in den jeweiligen Ländern Erfahrungen und Kenntnisse auf diesem Gebiet haben. Für uns als Kässbohrer ist es wichtig, dass unser lokaler Ansprechpartner uns und somit auch unsere Kunden bestens repräsentiert. Wir arbeiten mit Hochdruck an Strategien zur Erweiterung unseres Service- und Händlernetzwerkes.Wie sieht es mit dem Einsatz von zum Beispiel Achsen oder Reifen aus China aus? Unsere Fahrzeuge müssen langfristig hohen Qualitätsmaßstäben genügen, da sie ein wichtiger Bestandteil der logistischen Kette sind. Sollten diesbezüglich Kundenwünsche bestehen, können diese in Einzelfällen nach den entsprechenden Produkt- und Sicherheitskontrollen bewertet werden. Aktuell haben wir diese Produkte nicht in unserem Programm. gsInterviewIffet Türken

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