Berlin. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee gerät wegen der Krise bei der Bahn-Privatisierung zunehmend in die Schusslinie. Sollte die Privatisierung scheitern, „dann hat er jedenfalls nicht gezeigt, dass er in der Lage ist, das große Reformvorhaben in der Verkehrspolitik vernünftig zu Ende zu führen“, sagte Hessens Verkehrsminister Alois Rhiel (CDU). Tiefensee habe sich zu sehr von Bahnchef Hartmut Mehdorn abhängig gemacht. „Der Schwanz wedelt mit dem Hund“. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn nannte Tiefensee den größten Verlierer der Debatte. Es sei noch nie da gewesen, dass ein Minister einen Gesetzentwurf einbringe und zeitgleich schon für etwas anderes stimme, „damit er bei seinen eigenen Leuten keine Haue bekomme“. Die FDP forderte den Rücktritt des SPD-Politikers wegen des Parteitagsbeschlusses gegen eine Privatisierung der Flugsicherung. Die Parteidelegierten hatten die SPD-Fraktion aufgefordert, „keinesfalls einer nochmaligen Gesetzesinitiative“ und auch keiner Grundgesetzänderung zur Privatisierung zuzustimmen. SPD-Chef Kurt Beck stellte sich hinter Tiefensee. Angesprochen auf Unionsforderungen, dem Minister die Zuständigkeit für die Bahn-Privatisierung zu nehmen, sagte er: „Das ist Unsinn und kommt nicht in Frage“. Die Union solle zunächst selbst klären, ob sie weiter an Privatisierungsmodelle denke, die nicht mit der Verfassung zu vereinbaren seien. Inzwischen gehen immer mehr Verkehrspolitiker davon aus, dass die Bahnreform mit dem Beschluss des SPD-Parteitages für die Volksaktie vorerst gescheitert ist. Mehdorn, der derzeit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ihrer Indienreise begleitet, betonte: „Die Regierung muss als Eigentümer sagen, wie wir jetzt weiter machen“. (jök)
Tiefensee gerät unter Druck
Rücktrittsforderung von Opposition und Koalitionspartner: Kritik an Bundesverkehrsminister wegen Krise bei Bahn-Privatisierung wächst