Ruhe vor dem Sturm

Welche Folgen haben das Coronavirus und die einschneidenden Maßnahme auf die Transportbranche? Diese Frage kann noch keiner beantworten. Sicher ist nur: Es wird zu Einbußen kommen. Damit werden auch die Preise unter Druck geraten. Denn eine rückläufige Nachfrage bewirkt in der Regel, dass die Frachtraten nachgeben. Nur ein leichter Anstieg der Preise Eine solche Entwicklung lässt sich aus dem VerkehrsRundschau-Index für das erste Quartal 2020 noch nicht ablesen. Die Frachtraten im nationalen Straßengüterverkehr sind laut den Umfrageergebnissen im ersten Quartal 2020 um 0,84 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Damit wurde der Abwärtstrend des letzten halben Jahres nicht nur gestoppt, sondern sogar leicht gedreht. "Leicht" deshalb, weil damit der Rückgang im vierten Quartal 2019 immer noch nicht wettgemacht werden konnte und auch die Werte der dem vierten Quartal vorangegangenen vier Quartale nicht erreicht wurden. Warum hat sich aber die Corona-Krise noch nicht auf den VR-Index ausgewirkt? Zum einen endete die Erhebung am 6. März. Da waren in Deutschland die meisten gravierenden Maßnahmen noch nicht beschlossen. Aber: Zu dem Zeitpunkt wurden bereits Messen abgesagt. Zudem dürften die Unternehmen, die international tätig sind, die ersten Folgen von Corona schon gespürt haben. So gab es in Italien Anfang März schon mehr als 3000 Infizierte. Und in China waren Fabriken geschlossen, weshalb ein negativer Einfluss auf Luft- und Seefracht bereits zu spüren oder absehbar war. Der zweite Grund: Der VR-Index ist keine Zeitpunkt-Betrachtung, also ein Wert zum Ende eines Quartals. Sondern die Zahlen gelten für einen Zeitraum, in diesem Fall für das erste Quartal. Im Januar und für die meisten Tage im Februar dürfte das Virus jedoch kaum Auswirkungen gehabt haben. Damit lässt sich auch der Anstieg der Transportpreise erklären. Denn die Wirtschaft ist in das Jahr 2020 zwar nicht übermäßig stark gestartet, aber doch ganz ordentlich. Trotz Corona-Krise hat das Ifo-Institut am 18. März noch ein Wachstum von 0,1 Prozent für das erste Quartal 2020 prognostiziert. Das deutet darauf hin, dass es in den ersten Wochen des Jahres eine akzeptable Nachfrage nach Frachtraum gegeben hat. Eine Einschätzung, die auch der Ifo-Geschäftsklima-Index bestätigt, bei dem monatlich 9000 Unternehmen zur Lage und Entwicklung befragt werden. Im Januar war der Index leicht von 96,3 auf 95,9 Punkte gesunken, im Februar dann immerhin wieder auf 96,0 Punkte gestiegen. Dass im Transportgewerbe die ersten zwei Monate des Jahres gut zu tun war, lässt sich auch am Lkw-Maut-Fahrleistungsindex ablesen. Der Index wird auf Monatsbasis auf Grundlage der Daten zur Lkw-Maut vom Statistischen Bundesamt (Destatis) erfasst. Demnach stieg der saison- und kalenderbereinigte Wert von 111,5 Punkten (Dezember 2019) um 1,8 Prozent auf 113,5 Punkte im Januar 2020. Im Februar gab es nochmals einen Anstieg um 2,2 Prozent auf 116,0 Punkte. Die Zahl der Mautkilometer ist also von Monat zu Monat gestiegen. Ein Index mit ebenfalls sehr aktuellen Daten ist der Transport Market Monitor (TMM) von TIM Consult und Transporeon. Wobei dessen Verlauf im Januar und Februar sich scheinbar ein wenig konträr entwickelt hat im Vergleich mit dem VR-Index. Denn im TMM sind die Frachtraten im Januar 2020 um 4,4 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken und im Februar nochmals um 8,6 Prozent. Zugleich ist der Kapazitätsindex stark angestiegen im Januar und Februar, und zwar um mehr als 50 Prozent. Letzteres bedeutet, dass deutlich mehr Frachtraum im Markt ist. Der sorgt dann dafür, dass die Preise sinken. Auch hier besteht auf den ersten Blick ein Widerspruch, dieses Mal zu den Zahlen aus dem Mautindex von Destatis (siehe oben). Denn deutlich mehr verfügbare Kapazität passt nicht zu deutlich mehr Mautkilometern auf den Autobahnen und Bundesstraßen. Aber: Zum TMM muss man wissen, das hier ausschließlich Daten aus der Plattform von Transporeon einfließen. Dort werden ausschließlich Spotmarkt-Transporte erfasst. Deshalb schwankt der Index deutlich stärker. Zudem deckt dieses Segment der Spotverkehre nicht die gesamte Branche ab. Aber für diesen Teilmarkt ist der TMM von großer Bedeutung. Im März steigt der Preisindex im TMM In Anbetracht der Corona-Krise werden die Daten zum TMM seit März sogar zweimal im Monat veröffentlicht. Somit liegen Zahlen für die erste Hälfte des Monats März vor. Damals sind die Frachtraten - wie auch im VR-Index im ersten Quartal - gestiegen. Der Preisindex kletterte auf 99,4 Punkte und lag damit um 4,9 Prozent höher als im Februar. Zugleich stand weniger Frachtraum zur Verfügung: Der Kapazitätsindex rutschte von 159,4 Punkten im Februar auf 123,4 Punkte zum Stichtag 17. März: ein Minus von 22,6 Prozent. Eine auf den ersten Blick überraschende Entwicklung, hätte man doch angesichts geschlossener Fabriken erwartet, dass mehr Kapazität zur Verfügung steht. Aber: Dafür gab es im Handel deutlich mehr zu tun. Die Abläufe an den Rampen mit Einhaltung von Hygienevorschriften haben zudem auch für längere Umlaufzeiten gesorgt. Zudem beschäftigen viele deutsche Transportunternehmen Fahrer aus Osteuropa. Die müssen in ihrem Heimatland jedoch zunächst häufig in eine 14-tägige Quarantäne. Der Lkw kann dann also nicht besetzt werden. Doch wie viele Fahrer dies bereits betrifft, ist unbekannt. Sicher hingegen ist: Die Wirtschaft in Deutschland und in Europa wird in eine Rezession abrutschen. Ein negatives Wirtschaftswachstum bedeutet auch weniger Transportnachfrage. Auf welche Rückgänge muss sich die Branche einstellen? Das sind Themen, mit denen wir uns auch in dem regelmäßigen Blog auf VR plus befassen. Dort finden Sie auch weitere Kennzahlen, beispielsweise zu den Erwartungen der Transportdienstleister und Verlader für die kommenden Monate (siehe Kasten rechts). In Kürze Die Frachtraten im Straßengüterverkehr sind im ersten Quartal 2020 gestiegen. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung im zweiten Quartal nicht weiter fortsetzt. Erhebungsmethodik und Teilnehmer Was man zum VerkehrsRundschau-Index wissen mussSeit 2005 lässt die VerkehrsRundschau (VR) von einem unabhängigen Marktforschungsinstitut die Frachtraten im Straßengüterverkehr erheben. Damit ist der VR-Index der älteste Preisindex für Lkw-Transporte in Deutschland.Zur Methodik und ErscheinungsweiseIm ersten Quartal 2020 haben 110 Unternehmen bei der Befragung mitgemacht, etwas mehr Dienstleister als Verlader. Von den Dienstleistern haben 30,4 Prozent 20 und weniger Mitarbeiter. Bei den Verladern geben 68,3 Prozent an, mehr als 100 Mitarbeiter zu haben. Sie sind also durchschnittlich größer als die Dienstleister. Bei der Abfrage der Frachtraten sind nur Transporte berücksichtigt worden, deren Güter palettierbar sind und keine besondere Handhabung erfordern. Folgende Kriterien nehmen Einfluss auf die Preisgestaltung:- Entfernungen- Sendungsgrößen- Quell- und Zielraum - Transporte innerhalb und zwischen Ballungsgebieten- Art des Vertragsverhältnisses zwischen Verlader und Transporteur - keine langfristigen Kontrakte- Preisbildung der Aufträge ohne Annahme einer RückfrachtDer Index erscheint vierteljährlich. Die Daten werden erhoben vom Marktforschungsinstitut Kleffmann. cd