Plan B rettet den Masterplan

Ein Plan B musste her, denn ein Eigentümerwechsel zwang die Einzelhandelskette Zielpunkt (siehe Kasten oben), ihre Logistiksoftware auszutauschen. Die enthielt aber den Masterplan für die Disposition der Transporte vom Lager zu den Filialen. "Mit Unterstützung der früheren, individuell programmierten Konzernsoftware hatten wir eine gleichmäßige Auslastung von Lager und Lkw an sechs Tagen erreicht. Diese Auslastung des Fuhrparks ist die Basis unserer guten Beziehung zu den Spediteuren", sagt Klaus Wopperer, Leiter Logistik von Zielpunkt. Plan B sollte die Dienstleister nicht verunsichern. Die neue Tourenplanungssoftware musste die Prozesse und Vergabepraxis unverändert fortführen können. Aufgrund der Zeitvorgabe von vier Monaten sollte es diesmal nichts extra Programmiertes werden, sondern eine Standard-Lösung. So wurde die Tourenplanungs- und Dispositionssoftware Trampas von Städtler-Logistik zum Plan B. Eine Besonderheit in der täglichen Disposition bei Zielpunkt ist der Masterplan. Das ist eine wöchentliche Matrix der Lieferrhythmen für die Filialen und Warengruppen, auf die sich auch die fixen Bestellzeiten je Sortiment für die Filialen beziehen. Der Trick mit der Kopie Im Prinzip wird dieser Masterplan von Woche zu Woche kopiert. Allerdings arbeiten die Disponenten mit Varianten dieses Masterplans, die sich nach Saison, Aktionszeiträumen oder Wochen mit Feiertagen unterscheiden. Der Masterplan als Basis reduziert den Dispositionsaufwand auf die aktuellen Besonderheiten, selbst saisonale Schwankungen bildet die Kopie gut ab. Die Feindisposition, die auf Basis der aktuellen Bedarfe der Filialen erstellt wird, geht aus Trampas per E-Mail an die Logistikpartner - inklusive der Angaben zum Stellplatz im Lager. Damit die für eine Tour zusammengestellten Waren zügig geladen werden können, verfügt der Einzelhändler über eine eigene Stellplatzplanung auf Basis der Tabellenkalkulation Microsoft Excel. Die Tourenplanungssoftware importiert diese Daten und gibt sie an die Kommissioniersoftware weiter. Damit auch die Ablieferung reibungslos und ohne Wartezeiten erfolgt, berücksichtigt die Software die Restriktionen der jeweiligen Touren und Filialen. Dazu zählen beispielsweise: mögliche Zeitfenster, die Größe der Ladezone, die Verfügbarkeit von Rampen und nachts zugänglichen Lagern, nötige Kühlguttransporte sowie die Zeiten für das Aufladen von Retouren und Verpackungsmüll. Neben den Filialen fordert der Wiener Stadtverkehr seinen Tribut. Auch die bisherige Software hatte bei der Tourenplanung Fahrtprofile für Strecken berücksichtigt, konnte dies allerdings nur mit den auf diesen Straßen realistischen Durchschnittsgeschwindigkeiten tun. Über die neue Software konnten hier jetzt deutlich differenziertere Profile eingeführt werden: Diese lassen sich zeit- und ortsabhängig definieren. "Wer, wie unsere Fahrer, viel in Wien unterwegs ist, weiß genau: Im zulässigen Tempo von diesem Bezirk in jenen Bezirk - das gelingt nur außerhalb der Stoßzeiten, im Berufsverkehr geht sich das nicht aus", erklärt Wopperer. Jetzt können die Disponenten pro Strecke die Auswirkung der tageszeittypischen Verkehrssituationen in Trampas einpflegen. Die neue Qualität und Genauigkeit der Tourenplanung hinsichtlich der Wegezeiten sei beachtlich. Darüber hinaus liege die Auslastung der Lkw jetzt bei 94 Prozent, so der Logistikleiter. Plan B hat funktioniert: "Die Disposition lief von Anfang an fehlerfrei und die Spediteure bekamen alles wie gewohnt - auch ihre Gutschriften mit einer zuverlässigen Berechnung der Transportkosten." Dazu bekommt die Frachtmanagementlösung LP/2 täglich die Touren- und Dispositionsdaten aus dem Transportmanagement und nimmt die bei Zielpunkt übliche Kalkulation vor. Die stark vereinfachte Formel: Kosten pro Kilometer plus Stundensatz plus Maut plus Dieselzuschlag plus individueller Zuschlag. Abgerechnet wird monatlich. Über die statistischen Auswertungen aus dem Städtler-Tool SP/2 kann der Logistikleiter seine Transportkosten verursachungsgerecht den einzelnen Filialen oder Sonderaktionen zuordnen. Zudem können die Logistikdaten als Basis für Simulationen genutzt werden, etwa um Auswirkungen einer zusätzlich eröffneten Filiale oder von veränderten Frachttarifen abzuschätzen. Ein Masterplan für die Stellplätze Wichtig für das Team von Wopperer ist, dass das gesamte System bei allen automatischen Planungshilfen flexibel bleibt. Hat beispielsweise der Vertrieb Sonderwünsche, können die Disponenten die im System hinterlegten Restriktionen brechen, etwa wenn Aktionsware zu einer unüblichen Zeit angeliefert werden soll. Ein anderer Fall: Filialen tauschen untereinander Waren über das Zentrallager. Als Nächstes will der Logistikleiter die Excel-Tabellen, mit denen sein Team die Stellplätze plant, durch eine grafische Lösung in Trampas ersetzen. Die soll analog zu den Masterplänen der wöchentlichen Disposition kopiert und adaptiert werden können. Dann hätte Plan B nicht nur den Masterplan gerettet, sondern einen zweiten geschaffen. "Unser Verwaltungsaufwand ist gesunken und unsere Logistikprozesse sind so effizient, dass wir die Transportkosten um 30 Prozent senken konnten", bilanziert Wopperer. Supermarkt-Logistik Spediteure statt eigener Fuhrpark Die österreichische Supermarktkette Zielpunkt gehört seit März 2014 zur Pfeiffer Handelsgruppe. Das Unternehmen mit Zentrale in Wien betreibt rund 250 Filialen, die sich vorwiegend im Osten Österreichs befinden. 140 davon liegen im Einzugsbereich von Wien. Zielpunkt beschäftigt 2400 Mitarbeiter und bietet ein Sortiment von 6500 Produkten. Jede Woche wickelt das Unternehmen 3200 Filialbelieferungen in einem nach Produktgruppen differenzierten Lieferrhythmus ab. Dazu setzen die Zielpunkt-Logistiker ausschließlich auf einen Fremdfuhrpark. Die Fahrten übernehmen kleinere Partnerspeditionen, die mit gut 20 Fahrzeugen die Filialen in drei Schichten beliefern. sv