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Pirat gesteht „Es wurde so viel gelogen hier“

29.02.2012 16:20 Uhr
Pirat gesteht „Es wurde so viel gelogen hier“
Auch die Bundeswehr bekämpft die Piraten am Horn von Afrika
© Foto: dapd/Bundeswehr

Seit 15 Monaten zieht sich der bundesweit erste Piraten-Prozess in Hamburg hin. Jetzt hat einer der zehn Angeklagten umfassend gestanden

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Hamburg. Im bundesweit ersten Piraten-Prozess hat ein Somalier nach 15 Monaten überraschend ein umfassendes Geständnis abgelegt und seine Mitangeklagten der Lüge bezichtigt. Vor dem Landgericht in Hamburg seien „sehr viele Märchen“ erzählt worden, sagte der Angeklagte am Mittwoch, dem 78. Verhandlungstag. „Es wurde so viel gelogen hier, man hat das Gericht in die Irre geführt.“ Alle zehn Angeklagte hätten bei dem Überfall auf den Hamburger Frachter „Taipan“ freiwillig mitgemacht, betonte der Mann - sie seien nicht, wie von manchen vor Gericht behauptet, dazu gezwungen worden.

Die zehn angeklagten Somalier sollen das Schiff am Ostermontag 2010 vor der Küste Somalias beschossen und gekapert haben. Die 15-köpfige Besatzung verschanzte sich in einem Sicherheitsraum und wurde Stunden später von einem niederländischen Marinekommando befreit. Neun der zehn Angeklagten haben bisher vor Gericht ihre Beteiligung an dem Überfall eingeräumt; einige erklärten jedoch, sie seien unter Zwang oder Täuschung dazu gebracht worden.

Der Angeklagte - er wurde vermutlich 1983 geboren, das genaue Alter ist jedoch strittig - stellte den Überfall nach seinen Erinnerungen nun aber als gut organisiert dar. Alle hätten Verträge unterzeichnet, in denen etwa festgelegt gewesen sei, wie das erhoffte Lösegeld aufgeteilt wird und wie die Geiseln zu behandeln sind. „Jeder hat unterschrieben“, betonte der Mann. „Es war alles ganz klar vorbereitet.“

Allen seien bestimmte Aufgaben zugeteilt worden, sagte der Somalier und weist auf die Mitangeklagten: Dieser sei Steuermann gewesen, jener sei mit einer Panzerfaust bewaffnet gewesen, ein anderer habe ein Maschinengewehr gehabt. Der älteste Angeklagte habe den Angriff angefangen, „er war an vorderster Front“. Seine eigene Aufgabe sei es gewesen, zu dolmetschen. „Jeder wusste, was er zu tun hatte.“ Er nennt auch den Namen ihres angeblichen Anführers in Somalia und berichtet von weiteren Hintermännern.

Die Staatsanwaltschaft hat in ihrem Plädoyer für den Mann acht Jahre Haft gefordert - weniger als bei manchen Mitangeklagten, weil er den Niederländern Informationen über die Piraterie in Somalia gegeben hatte. Dass er erst nach 15 Monaten Prozessdauer so umfassend aussagt, liege daran, dass er die ganzen Lügen nicht mehr ertragen könne, erklärte der Angeklagte. „Die Wahrheit muss auf den Tisch. (...) Vor Gericht hat man uns korrekt und fair behandelt, und ich möchte Ihnen wirklich die Wahrheit sagen.“ An diesem Donnerstag soll der Angeklagte voraussichtlich zu seinem Geständnis befragt werden.

Das Gericht hatte den Prozess in der vergangenen Woche zunächst in zwei Verfahren geteilt - um zumindest in einem Verfahren zu einem schnellen Ende zu kommen. Weil der angeklagte Somalier jedoch sein Geständnis angekündigt hatte, wurde dieser Schritt rückgängig gemacht. Jetzt wird wieder gegen alle zehn Angeklagten zusammen verhandelt. Zur Begründung erklärte der Vorsitzende Richter Bernd Steinmetz, die Aussage betreffe alle Angeklagten. Wäre es bei zwei Verfahren geblieben, „wir hätten alles doppelt gemacht“. (dpa) 

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KOMMENTARE


juergen diercks

01.03.2012 - 13:51 Uhr

wir koennen mit unserer art von rechtsprechung gegen solche vorgaenge und verhaltensweisen nichts ausrichten ausser die etwa noch vorhandenen reste von achtung uns und unserem system gegenueber, je laenger solche Verfahren hingezogen werden, auch noch verlieren. es wird von diesen bewegungen - auch ein massenhafte verbrecherische handlungsweise stellt eine kriegerische bewegung dar - uns und unserem system der kampf angesagt. dem muss man nicht nur optisch/symbolisch sondern faktisch adaequad begegnen, d.h. den Kampf annehmen und einheitlich kriegerisch durchziehen, d.h. einschliesslich der rechtlichen behandlung.die konsequenzen muessen von einem kriegsgericht gezogen werden. alles andere wird als weicheierei verstanden und ermutigt eher als dass es abschreckt. wenn ein gericht unserer art im herkunftsland solcher leute verhandeln wuerde, wuerde es im besten fall kopfschuetteln eher aber gelaechter ausloesen. menschen, die im clanwesen stecken, kann man nicht uebergangslos in die demokratie versetzen, wir haben jahrhunderte dafuer gebraucht, in die demokratie zu gelangen und nicht wenige von uns sind im kopf noch immer im drei-klassen-system geblieben.


frank schneider

01.03.2012 - 15:17 Uhr

Die Frage ist doch jetzt, ob aus dem Geständnissen auch Konsequenzen gezogen werden.Wie sollen diese Menschen denn ihre Familien ernähren.Da muß der Hebel angesetzt werden


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