Düsseldorf. Der angeschlagene Postdienstleister Pin soll trotz gescheiterter Verhandlungen über frisches Kapital von einem erfahrenen Sanierungsexperten am Leben erhalten werden. Zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Pin Group wurde heute der Rechtsanwalt Horst Piepenburg berufen, der vor einigen Jahren den insolventen Anlagenbauer Babcock Borsig erfolgreich saniert hatte. Das gab das Unternehmen in einer Pressemitteilung in Düsseldorf bekannt.
Darin heißt es zwar, „dass die Verhandlungen über eine neue Gesellschafterstruktur der Pin Group gescheitert sind“. Piepenburg wolle aber „alle Optionen einer Fortführung der Unternehmensgruppe prüfen“. Alle operativen Geschäfte liefen derzeit weiter. Weitere Details wurden heute zunächst nicht bekannt. Pin beschäftigt in Deutschland rund 9000 Menschen.
Mehrheitsgesellschafter mit einem Anteil von 63,7 Prozent ist der Medienkonzern Axel Springer. Nach dem Bundestagsbeschluss zum Mindestlohn am vergangenen Freitag hatte Springer angekündigt, kein Geld für Pin mehr bereitzustellen. Springer teilte heute mit, die Gesellschafter hätten „kein gemeinsames tragfähiges Finanzierungskonzept für die Fortführung des Geschäfts der Pin Group gefunden“. Für die eigene Bilanz ergebe sich voraussichtlich ein Abschreibungsbedarf von bis zu 620 Millionen Euro.
Nach dem Anfang November vorgelegten Neunmonatsbericht hatte Axel Springer die Anschaffungskosten für die Pin Group auf insgesamt rund 618,2 Millionen Euro taxiert. Im Konzernabschluss soll die Pin Group nun als „nicht fortgeführte Geschäftstätigkeit“ separat ausgewiesen werden.
Trotz der Bereitschaft, den eigenen Anteil an Pin für einen Euro abzugeben sowie zu einem „weiteren weitgehenden Forderungsverzicht“ habe aufgrund „inakzeptabler wirtschaftlicher Perspektiven“ keine Einigung zur Fortführung erzielt werden können, teilte Springer weiter mit. Der bisherige Pin-Chef Günter Thiel war am Dienstag als Vorstandsvorsitzender zurückgetreten und hatte sein Übernahmeangebot für Pin Group zurückgezogen.
Die als Minderheitsgesellschafter an Pin beteiligten Verlagshäuser Madsack, Holtzbrinck, WAZ sowie West Mail berichteten in einer gemeinsamen Presseerklärung, sie hätten am Vortag „ganztägig und bis nach Mitternacht versucht, den Fortbestand der Pin Group zu sichern und zwischen dem Gesellschaftergeschäftsführer Günter Thiel und der Mehrheitsaktionärin, der Axel Springer, zu vermitteln“. Dabei seien die Minderheitsgesellschafter bereit gewesen, „quotal“ - also entsprechend ihrem Anteil - eine Weiterfinanzierung mitzutragen. Die Verlage und die West-Mail-Gesellschafter versicherten, sie wollten sich „bemühen, in den Regionen die Logistikzentren zu sichern und damit möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten“. Dem jüngsten Springer-Quartalsbericht zufolge gibt es unter dem Dach der in Luxemburg ansässigen Pin Group 85 inländische Tochtergesellschaften.
Der neue Pin-Chef Piepenburg wird Unternehmensangaben zufolge auch dem auf drei Personen verkleinerten Verwaltungsrat Pin Group angehören und dessen Vorsitz übernehmen. „Die bisher im Gremium vertretenen Verlage stellen ihre Sitze zur Verfügung“, teilte Pin weiter mit. „Damit kann der ursprünglich 14-köpfige Verwaltungsrat künftig unabhängig von den unterschiedlichen Interessenlagen der Gesellschafter handeln.“ Neben Piepenburg kommt Hans-Joachim Ziems in den Pin-Vorstand. Ziems war vor einigen Jahren als Geschäftsführer der insolventen Kirch-Media-Gruppe für die Restrukturierung und den Verkauf der Medien-Gruppe verantwortlich. (dpa)