Näher am Fahrer

Telematik ist viel mehr als ein Tool zur Ortung eines Fahrzeugs. Ein jederzeit einsehbarer Tourenstatus hilft der Disposition dabei, dem Kunden lückenlose Transparenz über den Verbleib seiner Sendung zu gewährleisten. Der Entschluss, in Telematik und damit in die Digitalisierung des Geschäfts zu investieren, wird früher oder später von den meisten Speditionen mit einer gewissen Größe getroffen - normalerweise ist dieser Vorgang auch nicht sonderlich bemerkenswert. Man sucht sich ein entsprechendes Produkt, verbaut die Hardware in seine Fahrzeuge und es kann losgehen. Weg vom Telefon Bei der Spedition Helo Logistics & Services gestaltete sich die Ausgangslage allerdings etwas diffiziler: Das Unternehmen mit Stammsitz in Weißenfels in Sachsen-Anhalt wickelt seine Transporte über rund 15 verschiedene Subunternehmer ab, die exklusiv mit insgesamt 55 Fahrzeugen für Helo unterwegs sind. Bis vor Kurzem betreute das Unternehmen die Lkw ganz "oldschool", wie Geschäftsführer Lars Franke erklärt. "Wenn wir wissen wollten, wo sich ein Fahrzeug befindet und wann man denn mit ihm rechnen kann, wurde zum Hörer gegriffen", so Franke. Dies habe nicht nur einen gewissen Zeitaufwand bedeutet, sondern auch, dass man sich ausschließlich auf die Angaben des Fahrers berufen konnte. Der Entschluss, die Subunternehmer für Telematik zu gewinnen, sei allerdings nicht gefallen, "um das Reden abzuschaffen oder weil wir den Fahrern misstrauen", wie Franke betont. Zumal das Verhältnis zu den Fahrern sich nicht von denen unterscheide, die in einem eigenen Fuhrpark tätig sind. "Es ging schlicht darum, wichtige Informationen zu sammeln, von denen alle am Transport Beteiligten profitieren", so der Helo-Chef. Die Wahl fiel Anfang 2018 auf die Telematiklösung von Spedion. Hundertprozentige Kostenübernahme Helo trägt die Kosten für die Hardware und die Nutzung der Spedion-Telematik zu 100 Prozent selbst und kümmerte sich auch um den Einbau der Tablets in die Fahrzeuge und die Schulung der Fahrer. "Viele Spediteure wälzen die Kosten für die Digitalisierung der Prozesse auf die Subunternehmer ab", sagt Franke. Sein Unternehmen verfolge genau den entgegengesetzten Ansatz, denn die Vorbehalte gegen Telematiksysteme seien unter Frachtführern ohnehin schon groß. "Diese dazu zu bringen, für etwas zu bezahlen, von dem sie erst mühsam überzeugt werden müssen, halte ich für wenig sinnvoll. Zudem bin ich schließlich derjenige, der bestimmte Daten haben möchte", sagt Franke. Indem Helo eine einheitliche Lösung aus eigener Tasche bezahle, könne man von den Frachtführern zudem erwarten, dass sie auch genutzt wird. Vor allem die Bearbeitung des Themas Standzeiten lag Helo am Herzen. "Dank Ortung, Geofencing und Standtätigkeitserfassung können wir dem Kunden nun jederzeit eine schöne Excelliste zusammenstellen mit allen Informationen, wo, wann und wie lange der Lkw stand und welche Tätigkeiten der Fahrer dabei verrichtet hat", freut sich der Spediteur. Entlastung statt gläserner Fahrer Ein weiterer Komplex, der transparenter geworden sei, sind die Arbeitszeiten. "Die Dokumentationspflicht zur Einhaltung der gesetzlich festgelegten Arbeitszeiten und des Mindestlohngesetzes liegt zwar beim Frachtführer", so Franke. Mit entsprechenden Reportings, die das System bereitstellt, könne Helo nun aber genau nachvollziehen, wie viel die Fahrer arbeiten - per Telefon sei das nur sehr eingeschränkt möglich. Die Arbeitszeitüberwachung diene allerdings nicht dazu, um aus den Fahrern noch mehr Leistung herauszukitzeln, betont der Helo-Geschäftsführer. "Uns ist sehr daran gelegen, dass die von uns beauftragten Fahrer nicht am Limit arbeiten. Die Schichtzeit der Fahrer liegt daher in der Regel mit maximal 13 Stunden um sechs Stunden wöchentlich niedriger, als gesetzlich möglich wäre", sagt er. Trotzdem war einiges an Überzeugungsarbeit nötig: "Es wird immer Fahrer geben, die sich gegen die Einführung von Telematik sträuben, aber das liegt nicht daran, dass die Bedienung des Tablets kompliziert wäre", so der Spediteur. Vielmehr habe er so manchen Fahrer erst erklären müssen, dass seine Arbeitszeit "im positiven Sinne" überwacht werde. "Nach vielen Gesprächen hat auch der misstrauischste Fahrer eingesehen, dass wir es mit der Optimierung nicht übertreiben und er dank der Telematik sogar ein ruhigeres Leben hat", sagt Franke. Schnittstelle zu Kundensystemen Die Datenübergabe zwischen Kunden und der Dispo erfolgt nun zum großen Teil digital - das verringere die Fehlerquote enorm. Nicht alle, aber viele Kunden nutzten darüber hinaus die Möglichkeit, über das Sendungserfassungstool auf der Firmen-Website den Status ihrer Sendungen jederzeit verfolgen zu können. Die Sendungserfassung wird dabei passwortgeschützt von der bei Helo genutzten Speditionssoftware Cargonet von Logis bereitgestellt. Eine Basis-Schnittstelle zwischen Cargonet und Spedion gab es zwar schon. "Wir haben diese aber noch einmal aufbohren lassen, um verschiedene Apps unserer Kunden anzubinden", so Franke. Der Fahrer arbeitet zwar immer mit dem gleichen System - je nachdem, welchen Kundenauftrag er gerade bearbeitet, landen die entsprechenden Informationen im Idealfall per Schnittstelle aber direkt in der Anwendung des jeweiligen Kunden. "Die Abläufe haben sich schon jetzt deutlich verbessert", lautet Frankes Zwischenfazit. In diesem Jahr sollen auch die 15 übrigen Fremd-Lkw mit der Spedion-Telematik ausgerüstet werden. Eigene Lkw als Back-up Helos bisherige Strategie, auf einen eigenen Fuhrpark zu verzichten, ist zudem nicht in Stein gemeißelt. "Uns ist mittlerweile immer wichtiger geworden, ein Stück weit unabhängiger von den beauftragten Frachtführern zu werden, die beispielsweise gestiegene Kosten für das Fahrpersonal ohnehin an uns weiterreichen", sagt Franke. Um noch näher an den Fahrern zu sein, baut Helo seit Jahresbeginn zusätzlich einen eigenen Fuhrpark auf. Durch die Übernahme einer Firma mit fünf Lkw samt Fahrern und der Neueinstellung von fünf Fahrern umfasse dieser kleine Fuhrpark nun zehn Angestellte. "So verfügen wir über ein Back-up für Engpässe bei den Subunternehmern und sind damit für das künftige Wachstum unserer Firma gerüstet", so Franke. Die ersten eigenen Lkw werden gerade mit der Spedion-Telematik ausgerüstet. Franke will die Telematik-Funktionalitäten in diesem Jahr zudem noch weiter ausbauen: "Vor allem bei unseren eigenen Fahrzeugen denke ich da an das Thema Spritverbrauch und wirtschaftliches Fahren." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Telematik www.verkehrsrundschau.de/dossiers Unternehmensporträt 15 Subunternehmer bewegen über 50 LkwHelo Logistics & Services wurde im Jahr 2004 in Weißenfels in Sachsen-Anhalt gegründet. Das Unternehmen mit rund 15 Mitarbeitern bedient über den Hauptsitz sowie eine Zweigstelle in Zwickau Kunden aus unterschiedlichen Branchen. Für die Spedition fahren exklusiv rund 15 verschiedene Subunternehmer mit rund 55 Fahrzeugen. Ab Anfang 2018 wurden zunächst 40 der von Helo disponierten Lkw mit der Telematiklösung von Spedion ausgerüstet, jedes Fahrzeug wurde mit einem MediaPad T2-Tablet von Huawei ausgestattet. Mittels Telematik werden nicht nur Fahrzeug- und Standortdaten sowie Fahrerstatus an die Disposition übermittelt. Mithilfe eines in die App integrierten Aufgabenmoduls werden in regelmäßigen Abständen Unterweisungen durchgeführt. Zudem befinden sich in der Ordnerverwaltung alle Genehmigungen, Dokumente und Anweisungen, sodass für den Fahrer jederzeit in jedem Fahrzeug alle benötigten Dokumente in geordneter Form vorhanden sind. Mittels Scan-App kann der Fahrer wiederum Dokumente wie Lieferscheine als PDF verschicken. mh