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Mercer-Analyse zum europäischen Postmarkt

03.05.2007 17:23 Uhr

Die europäischen Postgesellschaften stehen kurz vor der geplanten Liberalisierung der Postmärkte am Scheideweg: Eine aktuelle Analyse von Mercer Management Consulting kommt zu dem Ergebnis, dass neue Wettbewerber ihren Marktanteil im lukrativen nationalen Briefgeschäft von derzeit fünf auf 30 Prozent im Jahr 2015 steigern werden.

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München. Besonders hohe Verluste werden die Postkonzerne im profitablen Kundensegment der SOHOs (Klein- und Kleinstunternehmen) erleiden, das einen Anteil von bis zu 60 Prozent am Unternehmensgewinn hat. Verlieren die Postkonzerne diese Kundengruppe, werden ihre Gewinne im Briefgeschäft teilweise um mehr als 30 Prozent sinken, so die Beratungsfirma. Mercer empfiehlt den Postgesellschaften daher, ihr Geschäftsmodell an die neue Wettbewerbssituation anzupassen.Dabei sind Kooperationen mit Frankiermaschinenherstellern ebenso aussichtsreich wie attraktive Convenience-Angebote in den Postfilialen. Postkonzerne betreiben in vielen europäischen Ländern effiziente Netzwerke für die Distribution von Briefen und Paketen sowie für Bankgeschäfte. Der wichtigste Bereich ist das Briefgeschäft, das 60 Prozent des 90 Milliarden Euro schweren europäischen Marktes für Brief-, Paket- sowie Expresspost ausmacht und je nach Segment mit einer Umsatzrendite von 14 bis 20 Prozent besonders hohe Margen verspricht. Aber der Wettbewerb wird härter und die Marktanteile der europäischen Marktführer Deutsche Post (24 Prozent), La Poste (20 Prozent) und Royal Mail (19 Prozent) geraten in Gefahr, schreiben die Mercer-Berater. Denn einerseits wird die Briefpost teilweise durch elektronische Medien ersetzt, andererseits erscheinen zunehmend neue Wettbewerber. Sie stammen aus dem Verlagswesen, wie in Deutschland die PIN Group oder in Frankreich Adrexo. Oder es sind internationale Beteiligungen und Tochtergesellschaften der traditionellen Postkonzerne. Dazu gehören die TNT-Gesellschaft Belgische Distributiedienst oder CityMail, die schwedische Beteiligung der Norwegischen Post. Frankiermaschinenhersteller beginnen ebenfalls, ihr etabliertes Geschäftsfeld zu verlassen. So hat der Weltmarktführer Pitney Bowes gerade erst das Amerikageschäft von Spring Global Mail übernommen. Noch profitieren die staatlichen Postkonzerne davon, dass in den meisten Ländern der Europäischen Union der Markt für Briefsendungen bis 50 Gramm, und damit der Großteil des Briefgeschäftes, für sie reserviert ist. Nach Planungen der EU-Kommission soll dieses Monopol in der EU im Jahr 2009 fallen. Auch wenn in Deutschland die für 2008 vorgesehene Liberalisierung noch einmal verschoben werden sollte, steht sie definitiv in den nächsten Jahren an. Mercer geht davon aus, dass mit der endgültigen Öffnung der europäischen Postmärkte weitere neue Wettbewerber entstehen, die vor allem das lukrative Briefgeschäft angreifen und ihren europaweiten Marktanteil in diesem Segment von derzeit knapp fünf auf 30 Prozent im Jahr 2015 steigern werden. Besonders umkämpft wird der Bereich der Geschäftskunden sein, auf das sich bereits heute PrimeMail, das Joint Venture von Hermes und der Swiss Post International, konzentriert. Das lukrativste Segment ist das der Klein- und Kleinstunternehmen (SOHOs: Small Offices/Home Offices), das bis zu 60 Prozent des Gewinns eines Postunternehmens beisteuert. Sollte es den neuen Postdienstleistern gelingen, diese profitable Zielgruppe mit abgestimmten Angeboten abzuwerben, würden die Gewinne der nationalen Postgesellschaften im Briefgeschäft bis 2015 teilweise um mehr als 30 Prozent sinken. Gegenwärtig ist die Liberalisierung der Postmärkte in der EU unterschiedlich weit fortgeschritten. Insbesondere die süd- und osteuropäischen Länder stehen hier noch ganz am Anfang. In Großbritannien hingegen wurde auch der Briefmarkt im Januar 2006 komplett für den Wettbewerb geöffnet. Die britische Staatspost Royal Mail hat dadurch bis Anfang dieses Jahres 19 neue Konkurrenten bekommen, die sich primär auf das Geschäftskundensegment konzentrieren. In Deutschland fielen die ersten Wettbewerbshürden bereits vor zehn Jahren, so dass hier heute über 2000 Lizenznehmer registriert sind, die 2006 einen Anteil von neun Prozent am gesamten deutschen Briefmarkt hatten. Mercer-Thesen zum europäischen Postmarkt 1. Die Wettbewerbsbedingungen im lukrativen Briefgeschäft werden für die nationalen Postkonzerne härter. Zum einen werden Privat- und Geschäftspost durch elektronische Medien zunehmend substituiert, zum anderen gewinnen neue Wettbewerber immer mehr Marktanteile. Die geplante Liberalisierung der europäischen Postmärkte wird diese Situation verschärfen. 2. Bis 2015 werden neue Wettbewerber wie Verlage, Frankiermaschinenhersteller und unabhängige private Anbieter 30 Prozent des Briefpostvolumens auf sich vereinen können. Die "New Entrants" werden insbesondere die profitable Zielgruppe der SOHOs (Klein- und Kleinstunternehmen) umwerben. Damit drohen die Gewinne der Postkonzerne im Briefgeschäft um teilweise mehr als 30 Prozent einzubrechen. 3. Um für die Zeit nach der Liberalisierung gerüstet zu sein, müssen die Postgesellschaften ihr nationales Kerngeschäft absichern und gleichzeitig ihre Abhängigkeit vom Heimatmarkt verringern. Punktuelle Maßnahmen allein reichen dafür nicht aus. Vielmehr ist es nötig, dass die Universaldienstleister ihr Geschäftsmodell restrukturieren. 4. Die Bedienung der Kundenbedürfnisse ist für die Zukunftsfähigkeit der ehemaligen Monopolisten von zentraler Bedeutung. Um die Qualitätsführerschaft zu erreichen, sind Investitionen in die Marktforschung ebenso aussichtsreich wie die Zusammenarbeit mit Frankiermaschinenherstellern, die über wertvolle Kundeninformationen verfügen. 5. Die nationalen Postgesellschaften werden zukünftig über ihr großes Filialnetz weitere Dienstleistungen anbieten und darüber einen zusätzlichen Umsatz- und Gewinnbeitrag generieren. Dabei erscheinen Cross-Selling-Ansätze sowie Beratungs- und Maklerleistungen im Convenience-Bereich (beispielsweise Telekommunikation, Energie, Reisen, Mietwagen) besonders lukrativ. 6. Private-Equity-Gesellschaften und internationale Investoren werden den Postmarkt genau beobachten. Sollten sich ihnen Übernahmechancen bieten, werden sie diese nutzen. Im Fokus werden insbesondere die Postkonzerne stehen, die ihr Geschäftsmodell nicht an die veränderten Wettbewerbsbedingungen angepasst haben.

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