Evendorf. Der US-Mischkonzern Flying J, zu dessen Kerngeschäft mehr als 170 LKW-Autohöfe in den USA und Kanada gehören, will auf dem europäischen Markt Fuß fassen. „Der Konzern plant den Bau von acht bis zehn LKW-Rastanlagen der Superlative in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Polen“, berichtete Wilfried Seyer, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Harburg (WLH), der VerkehrsRundschau. Auch die vor allem vom boomenden Hafen und der Logistik-Industrie profitierende Metropolregion Hamburg wird Nutznießer der Expansion. An der Autobahnabfahrt Evendorf im Zuge der Nord-Süd-Autobahn A 7 (rund 45 Kilometer südlich von Hamburg) wird das Unternehmen das Referenzprojekt für den europäischen Markt verwirklichen, berichtete Seyer. Die seit eineinhalb Jahren geführten Verhandlungen über den Erwerb eines elf Hektar großen Grundstücks würden in den kommenden Tagen abgeschlossen. Das direkt an der Autobahn gelegene Grundstück wählten die Amerikaner aus einer Vielzahl von Flächen aus, die ihnen die WLH für ihren Wirkungsbereich vorgestellt hatte. Vor allem die sehr gute verkehrstechnische Erschließung, die sehr gute Einsehbarkeit der Fläche von der Autobahn und die Nachbarschaft zum Hamburger Hafen hätten bei der Kaufentscheidung den Ausschlag gegeben. Das US-Unternehmen will einen zweistelligen Millionenbetrag in die Anlage stecken, für die Seyer mit einem Baubeginn im Frühjahr 2008 rechnet. 2009 soll der Komplex dann fertig gestellt sein. Herzstück sind rund 300 LKW-Stellplätze sowie ein umfassender LKW-Service-Bereich, einschließlich einer Großtankstelle. Das Unternehmen selbst verfügt in Nordamerika ebenfalls über eine eigene Mineralölgesellschaft nebst eigener Tankstellenversorgung. Abgerundet wird das Serviceangebot der Evendorfer Referenzanlage durch Restauration und Hotelbetrieb sowie ein Kasino. Seyer zufolge fasst Flying J im Großraum Hamburg noch eine weitere Anlage ins Auge. Der Bedarf an Lkw-Stellplätzen am Logistik- und Hafenstandort Hamburg ist sehr groß. Nach VR-Recherchen stehen im Gebiet des Hamburger Freihafens derzeit gerade rund 100 als LKW-Stellplätze ausgewiesene Flächen zur Verfügung. Die Rastanlagen und Parkplätze im Bereich der wichtigen Autobahnen A 1 und A 7 sowie der Verbindungsautobahnen reichen nach Angaben der Polizei hinten und vorne nicht mehr aus, um den Bedarf zu befriedigen. Sehr kritisch verfolgt die Vereinigung Deutscher Autohöfe e.V. (VEDA) die Expansionsabsichten des US-Konzerns. Der 1. Vorsitzende Karl-Heinz Schneider ließ in einer ersten Reaktion kein gutes Haar an dem Unternehmen, das sich Marktmacht über den Preiswettbewerb verschaffen dürfte. Schneider: „Geld spielt bei denen keine Rolle.“ Hingegen seien die deutschen Autohöfe durchweg Mittelstandsbetriebe. Die durchschnittliche Größe eines deutschen Autohofes liegt deutlich unter den Flächen, die Flying J benötigt: zwischen 35 bis 50.000 Quadratmeter. Der VEDA gehören derzeit rund 85 Betriebe in ganz Deutschland an. Nach Schneiders Erkenntnissen hat sich der US-Konzern auch schon im Bereich der wichtigen Ost-West-Autobahn A 2 nach einem Grundstück umgesehen. (eha)
LKW-Rastanlagen: Flying J kommt nach Europa
Parkplatznot lockt ausländische Investoren: US-Konzern plant bis zu zehn Mega-Rastanlagen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Polen