Limo, Laster und Logistik

Den Umstieg von der Plan- zur Marktwirtschaft hat Ingo Prüstel gut hinbekommen. Ein Jahr nach der Wende gründete der gebürtige Sachse in Callenberg nahe Zwickau einen Getränkefachgroßhandel. Zeugnis aus dieser Zeit ist die Schwarz-Weiß-Aufnahme eines IFA-W50-Hängerzuges mit Kondrauer-Aufschrift in der Firmenbroschüre. Wer im großen Stil mit Limo, Wasser und Bier handelt, der braucht geeignetes Transportmaterial. Getränke sind noch immer wichtiges Transportgut bei Prüstel - inzwischen auch Transporte für die Automobilhersteller sowie Papier- und Stahllogistik. Weil die ursprüngliche Wirkungsstätte, der Vierseit-Hof der Familie, aus allen Nähten platzte, zog Ingo Prüstel autobahnnah ein respektables Firmengelände hoch. Mit neuem Areal samt großem Bürogebäude kam auch die erste Lagerhalle. Seit 2000 wird dort für Kunden kommissioniert und eingelagert. 2006 folgten Werkstatt und Lkw-Waschanlage sowie der erste Walking-Floor-Auflieger für Schüttguttransporte in der Recyclingindustrie. In ähnlich großen Schritten ging es weiter: 2012 eine Niederlassung im rumänischen Gilau, 2014 ein Standort in Hartheim bei Freiburg und 2018 eine Produktionshalle in Hohenstein, wo ein wichtiger Kunde Montagearbeit verrichtet und sich Prüstel um die Logistikdienstleistungen kümmert. Auch wenn es um die Nachfolge geht, hat der Seniorchef vorgesorgt. Sohn Florian ist ins Unternehmen eingestiegen, leitet die Niederlassung im Südwesten und reitet zudem ein Steckenpferd, mit dem Prüstel ebenfalls ziemlich erfolgreich unterwegs ist: ein Moto3-Motorrad-Rennteam in der 250er-Klasse, mit dem man im letzten Jahr immerhin auf dem Podest landete und WM-Dritter wurde. Da spielt wohl die Nähe zur Traditionsrennstrecke Sachsenring eine nicht ganz unbedeutende Rolle. "Dort haben wir jetzt auch ein 6000 Quadratmeter großes Lager errichtet", erzählt der Junior. "Dort machen wir das globale Warehousing für einen Kunden. Der hat dank unserer Dienstleistung nur zwei, drei Anlieferungen statt wie früher Dutzende. Das ist außerdem ein Bereich, wo wir mit unserem eigenen Fuhrpark guten Service erbringen können." Eigener Fuhrpark bringt Qualität Während viele andere Transportunternehmen über eine Verkleinerung des Fuhrparks nachdenken, ist das für Prüstel keine Option: "Viele unserer Kunden verlangen aus Gründen der Transportqualität, dass wir eigenes Equipment vorhalten - was bei Ausschreibungen wichtig ist." Wie Sohn Florian erläutert, sucht man den Erfolg dann lieber in einer Spezialisierung des Fuhrparks, "etwa mit unseren Jumbozügen mit Mitnahmestapler". Prüstels sind sich auch darüber bewusst, dass man künftig mehr Energie in die Personalgewinnung stecken muss. "Jetzt steigt meine Tochter Christin ins Unternehmen ein und nimmt sich des Themas Personalmanagement an. Nur so lässt sich dauerhaft sichern, dass wir Fahrer, Lagerfachkräfte, aber auch kaufmännisches Personal bekommen und halten können." Das Klima bei Prüstel ist gut, bestätigt Fahrer Marco Gabriel. Der 45-Jährige ist seit vier Jahren bei Prüstel. "Vorher war ich im Seecontainer-Transport. Sonntag am Abend raus, Samstag irgendwann zurück. Kein Spaß." Jetzt fährt er in erster Linie Getränke. Die Arbeitswoche beginnt normal am Montag und endet am Freitag. Kollege Andreas Köhler ist seit acht Jahren bei Prüstel. Da hat er mit seinem Actros nicht nur sein Lieblingsauto bekommen, sondern fühlt sich im Papiertransport, in dem er hauptsächlich eingesetzt ist, pudelwohl. "Die Mehrzahl unserer Fahrer kommt durch Mundpropaganda zu uns, und das ist sicher ein Zeichen, dass bei uns das Betriebsklima passt." Kfz-Meister kümmert sich um die Trailer Um die Technik der Fahrzeuge müssen sich die Fahrer nicht kümmern. Die jungen Zugmaschinen laufen im Full-Service, um die Trailer kümmert sich Kfz-Meister Ronny Körner. "Probleme erledigen wir, wenn die Autos wieder auf dem Hof sind." Neben den Reparaturen an den gezogenen Einheiten übernimmt die Werkstatt auch kleine Unfallinstandsetzungen und Aufbaureparaturen. Zu den Aufgaben der Chefs gehören dagegen regelmäßige Kundenbesuche. "So erfahren wir, wie sich unsere Firma nach außen darstellt und wo wir noch an der einen oder anderen Stellschraube drehen müssen", erläutert Ingo Prüstel. "Wir müssen besser sein als die Großen, um erfolgreich zu agieren." Dazu gehört die Außenwirkung und die Innenansicht - etwa durch regelmäßige Firmenfeiern zu Weihnachten. Denn nicht nur das Image, auch die Fahrer wollen gepflegt werden. Mehr zum Thema im Dossier Unternehmensführung www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Die Spedition Prüstel aus dem sächsischen Callenberg hat ihre Ursprünge in einem Getränkeverlag. Aus der Notwendigkeit eines eigenen Lkw entstand ein Fuhrgewerbe, das sich immer mehr in Richtung Lagerlogistik und Spezialtransporte entwickelt. Firmenprofil Anschrift: Prüstel Spedition GmbH Lichtensteiner Straße 18a 09337 Callenberg Telefon 0 37 23/7 69 35-0 www.pruestel.deGründung: 1990 als Getränkefachgroßhandel; 1995 Erweiterung um den Geschäftsbereich SpeditionHauptaktivitätenGetränke-, Papier-, Automobil-, Baustoff-, Stahl- und Aluminium- sowie RecyclinglogistikMitarbeiter: 258Fuhrpark: 145 Zugfzg.; 210 Trailer