Köhler stoppt Privatisierung der Flugsicherung

24.10.2006 09:46 Uhr

Unterschrift verweigert: Bundespräsident stuft Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung als nicht verfassungskonform ein

Berlin. Bundespräsident Horst Köhler hat die Privatisierung der bundeseigenen Deutschen Flugsicherung (DFS) gestoppt. Köhler stufte das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung nach einer Mitteilung des Bundespräsidialamtes vom Dienstag als nicht verfassungskonform ein und weigerte sich, es zu unterschreiben. Damit scheitert erstmals ein Gesetzesvorhaben der schwarz-roten Regierung. Bisher war ein Verkauf von 74,9 Prozent des Bundesunternehmens an private Anteilseigner geplant. Der Bund erhofft sich von dem Verkauf bis zu eine Milliarde Euro. Köhler moniert, dass der Staat bei der Kapitalprivatisierung der DFS zu wenig Einfluss auf die Flugsicherung habe. Der Bund müsse weiter die Verantwortung für die Flugsicherung tragen können. Die Entscheidung richte sich nicht grundsätzlich gegen die Privatisierung einer staatlichen Aufgabe, heißt es in einer Mitteilung des Bundespräsidialamtes weiter. „Eine solche Privatisierung kann jedoch nur nach Maßgabe des geltenden Verfassungsrechts erfolgen. Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für sein Vorhaben zu schaffen.“ Verkehrspolitiker von Union und SPD hatten schon angekündigt, notfalls das Grundgesetz zu ändern, um eine Privatisierung zu ermöglichen. Auch die FDP zeigte sich überzeugt, dass notfalls eine Bundestagsmehrheit für eine Grundgesetzänderung stimme. Regierung und Bundestag hatten die Privatisierung damit begründet, dass die DFS mehr Freiraum für unternehmerisches Handeln gewinnen müsse, um in Europa zu bestehen. Der europäische Luftraum wird 2007 für Wettbewerb geöffnet. 25,1 Prozent der DFS sollten als Sperrminorität in Staatshand bleiben. Ursprünglich sollte der Bieterprozess für das staatliche DFS-Aktienpaket im Herbst beginnen. Interesse an dem Unternehmen mit Sitz im hessischen Langen hatten deutsche Fluggesellschaften wie die Lufthansa und Air Berlin, der Reise- und Schifffahrtskonzern TUI sowie Finanzinvestoren. Zur „evidenten Verfassungswidrigkeit“ hieß es in der Mitteilung des Präsidialamtes, eine kapitalprivatisierte Flugsicherung sei mit dem Erfordernis der bundeseigenen Verwaltung unvereinbar. Dies betreffe auch die „sich aus dem Flugsicherungsgesetz unmittelbar ergebende zeitliche Befristung der vorgesehenen Steuerungs- und Kontrollrechte des Bundes sowie die geringen gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten auf Grund einer Minderheitsbeteiligung“. Die Flugsicherung sei eine sonderpolizeiliche Aufgabe und somit hoheitlich wahrzunehmen. Damit verbleibe die Aufgabenverantwortung unabhängig von der Ausgestaltung der Aufgabe rechtlich beim Bund. (dpa/tz)

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