Tokio/Japan Der in Japan tobende Machtkampf um die Privatisierung der Post steht vor einer Entscheidung, von der die politische Zukunft des Landes abhängen könnte. Am kommenden Montag soll das Oberhaus über die Gesetzesvorlage zur Postprivatisierung abstimmen, die das Herzstück des Wirtschaftsreformprogramms von Ministerpräsident Junichiro Koizumi ist. Angesichts harten Widerstands auch in der eigenen regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) hat Koizumi für den Fall des Scheiterns Neuwahlen in Aussicht gestellt. Als letzten Schritt vor der entscheidenden Abstimmung passierte die Gesetzesvorlage am Freitag einen Parlamentsausschuss. Dies war erwartet worden, da die LDP-Mitglieder in dem Ausschuss als Befürworter des Gesetzes gelten. Nachdem das Unterhaus des Parlaments den Gesetzentwurf mit nur hauchdünner Mehrheit abgesegnet hatte, ist die anstehende Abstimmung im Oberhaus offen. Koizumi hat deutlich gemacht, dass er ein Scheitern in der Kammer als Misstrauensvotum ansehen und Neuwahlen anberaumen würde. In der LDP wird befürchtet, dass die Partei bei Neuwahlen die Macht verliert. Denn die Abgeordneten der LDP, die gegen das Gesetz stimmen, dürfen zur Strafe bei Wahlen nicht erneut als LDP-Kandidaten antreten, sondern müssen als Unabhängige in die Wahl gehen. Für Koizumi ist die japanische Post das Symbol für die über Jahrzehnte unter seiner regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) aufgebaute Klientelwirtschaft. Im Rahmen der Postsparkasse und der Lebensversicherung der Post werden rund ein Viertel aller privaten Einlagen verwaltet. Diese Gelder flossen in den vergangenen Jahrzehnten oft in fragwürdige Bauprojekte und ineffiziente öffentliche Unternehmen. Für die seit Jahrzehnten fast ununterbrochen regierende LDP stellt die Post mit ihren knapp 25.000 Postämtern und 400.000 Beschäftigten zudem eine bedeutende Stimmenmobilisierungsmaschine dar. Die Gegner einer Privatisierung fürchten, dass als Folge zahlreiche Postämter geschlossen werden. (dpa)
Japan vor Abstimmung über Postreform
Ministerpräsident Koizumi droht mit Neuwahlen für den Fall eines Scheiterns