Halle. Noch ist es eine kühne Vision: Die Region Halle-Leipzig steigt in den kommenden Jahren zu einem der bedeutendsten Drehkreuze für den Gütertransport in Europa auf. 100.000 Arbeitsplätze könnten bis zum Jahr 2015 in der Logistikbranche entstehen. „Das Potenzial ist vorhanden“, sagt Reinhardt Jünemann, Gründer des Fraunhofer Instituts für Materialfluss und Logistik Dortmund. Der Interkontinental-Flughafen Leipzig-Halle mit der Posttochter DHL, das Güterverkehrszentrum Leipzig, die hervorragend ausgebaute Schienen- und Straßeninfrastruktur um das Schkeuditzer Kreuz böten nahezu ideale Voraussetzungen für eine weitaus größere wirtschaftliche Rolle der Region. „Außerdem hat die EU-Osterweiterung Mitteldeutschland ins Zentrum des europäischen Wirtschaftsraums gerückt“, sagt der Experte. Eine Reihe von Unternehmen wie Karstadt-Quelle, Neckermann und die Deutsche Post AG haben dies längst erkannt und bereits Versandlager und Verteilzentren in Sachsen und Sachsen-Anhalt errichtet. Immer mehr Firmen ziehen nach oder bauen ihre Standorte weiter aus. Jüngstes Beispiel ist die Lidl Vertriebs-GmbH und Co. KG, die im Februar in Bernburg (Sachsen-Anhalt) ihr neues Logistikzentrum mit 140 Beschäftigten in Betrieb nahm. Die komplette Betreuung aller Lidl-Märkte in Sachsen und Sachsen-Anhalt passiert seit dem von dort aus. Die Drogeriekette Rossmann hat ihren Logistikstandort in Landsberg bei Halle seit 1994 in drei Stufen ausgebaut. Mit einer Lagerfläche von zunächst 5000 Quadratmetern und heute 26.000 Quadratmetern soll hier künftig auf 68.000 Quadratmetern das zentrale Logistikzentrum der Dirk Rossmann GmbH (Burgwedel) sein. 430 Arbeitsplätze hat die Firma bisher in Landsberg geschaffen, davon 155 mit dem jüngsten Ausbau – insgesamt ein Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro. Weitere Arbeitsplätze sollen laut Unternehmen in der Zukunft entstehen. „Wir haben die zweitgrößte Logistikinvestition nach Otto in Sachsen-Anhalt getätigt“, sagte Rossmann-Sprecher Stephan-Thomas Klose zum Engagement des in der Nähe von Hannover ansässigen Familienunternehmens. „Der Standort Landsberg in der geographischen Mitte der neuen Länder ist für uns genial“, sagt er zur Entscheidung von Rossmann, sich in dem boomenden Gewerbegebiet Landsberg nahe der Autobahn A 9 (Berlin-München) anzusiedeln. Die Verkehrsverbindungen seien sehr gut, ebenso wie beispielsweise die Zusammenarbeit mit der Kommune. Die Liste der Firmen lässt sich beliebig fortsetzen: Aldi, Edeka, Kaufland, Schlecker, Dell und die Schweizer Versandapotheke „Zur Rose“ betreiben in Sachsen-Anhalt moderne Dienstleistungszentren. „Das Land hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Logistikstandort entwickelt“, sagt Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU). Die Logistik spiele eine Hauptrolle für künftiges Wachstum und Wertschöpfung in der Region. Dem stimmt auch der Logistikexperte Jünemann zu. „Doch ich warne vor Kleinstaaterei. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dürfen nicht klein-klein und gegeneinander arbeiten“, betont er. Die Länder müssten sich vielmehr zusammentun und auch die Hochschulen einbeziehen. „Denn die angehenden Warenströme brauchen ausgefeilte Technologie-Systeme, die steuern, verwalten und überwachen“. Außerdem müssten sich noch mehr Technologieunternehmen ansiedeln, die sich mit der Logistik befassen. Solche Unternehmen seien in dem Gebiet noch kaum vorhanden. „Doch die braucht es, um Visionen wahr werden zu lassen.“ (dpa)
Halle-Leipzig: Logistikregion gewinnt an Bedeutung
Die Region Halle-Leipzig könnte in den kommenden Jahren zu einem der bedeutendsten Drehkreuze für den Gütertransport in Europa aufsteigen