Hannover. Im Streit um den geplanten Tiefwasserhafen hat der frühere niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) den Vorwurf zurückgewiesen, Niedersachsen habe sich bei dem Projekt von Bremen über den Tisch ziehen lassen. Bei seiner Zeugenbefragung heute im Landtags-Untersuchungsausschuss in Hannover bezeichnete er das Hafen-Projekt als „gigantische Chance für Niedersachsen“. Der frühere Bremer Regierungschef Henning Scherf (SPD) legte zudem ein begeistertes Bekenntnis für das Vorhaben ab und betonte, der geplante Hafen in Wilhelmshaven dürfe nicht durch einen Parteienstreit gefährdet werden. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss soll klären, ob es Mauscheleien und politische Einflussnahmen beim Vergabeverfahren für den Hafenbau gegeben hat. Im Vergabeverfahren hatte ein Gericht außerdem Fehler festgestellt. Das 500-Millionen-Euro-Vorhaben in Wilhelmshaven war vor rund fünf Jahren von der früheren SPD-Regierung in Niedersachsen und von Bremen auf den Weg gebracht worden. Hamburg war ausgestiegen. Der Tiefwasserhafen für künftige gigantische Containerschiffe gilt als das größte Infrastrukturprojekt der vergangenen 50 Jahre in Norddeutschland, Politiker sprechen von einem „Jahrhundertwerk“. Der Hafen soll 2010 in Betrieb gehen, allerdings ist wegen mehrerer Klagen weiter unklar, wann der Bau starten kann. Niedersachsen sei der größte Nutznießer des Hafens, die Wertschöpfung finde vor allem hier statt, meinte Minister Gabriel. Deshalb sei es richtig gewesen, dass Niedersachsen auch die Hauptfinanzierung übernehme. Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP im niedersächsischen Landtag gehen jedoch davon aus, dass die frühere SPD-Regierung zu große Zugeständnisse an Bremen gemacht hat und sich über den Tisch ziehen ließ. Es geht um die Frage, warum Niedersachsen 80 der Infrastruktur-Kosten trägt, Bremen nur 20, aber dennoch bei Entscheidungen gleichberechtigt mitbestimmen kann. Die Vorwürfe von CDU und FDP bezeichnete Gabriel als Unfug. Niedersachsen habe das norddeutsche Hafen-Projekt nur gemeinsam mit Bremen umsetzen wollen, um die Wettbewerber in Rotterdam, Amsterdam und Antwerpen in Schach zu halten. Deshalb sei festgelegt worden, dass in der Gesellschafterversammlung auch nur einstimmige Entscheidungen getroffen werden sollen. Die frühere SPD- Wirtschaftsministerin Susanne Knorre sagte heute im Ausschuss, Niedersachsen habe mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Hafen-Realisierungsgesellschaft und den Mehrheitsanteilen „alle Trümpfe“ in der Hand. Der frühere Regierungschef von Bremen, Scherf, nannte Vermutungen, es habe mögliche Geheimabsprachen gegeben, „dummes Zeug“. Zudem betonte er, er habe die Vertragsgespräche zum Hafenbau seinem Wirtschaftssenator überlassen. „Man muss auch delegieren können“, sagte Scherf. Zuvor hatte ein Zeuge im Hafen-Ausschuss dagegen gesagt, entscheidende Vertragsverhandlungen seien zwischen dem Ministerpräsidenten Gabriel und Scherf persönlich geführt worden. Scherf, der sich bei seiner Ausschuss-Befragung ausgesprochen fröhlich zeigte, sagte, es sei existenziell wichtig, dass der Hafen gebaut werde und Erträge erwirtschafte. „Das ist die größte Hoffnungsinvestition für die Küste.“ Er bezeichnete es zudem als „großen Fehler“, dass Hamburg aus dem Projekt ausgestiegen sei. Ex- Ministerpräsident Gabriel sagte dazu, er sei sicher, dass Hamburg irgendwann wieder einsteigen werde. (dpa)
Hafen-Ausschuss: Vorwürfe der Mauscheleien zurückgewiesen
Der frühere niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel sieht in dem Tiefwasserhafen eine „gigantische Chance“