Frankfurt/Main. Die Lokführergewerkschaft GDL weitet ihre Streiks bei der Deutschen Bahn massiv aus. Nach den wiederholten Arbeitskämpfen im Nahverkehr wird die GDL nun auch den Güterverkehr bestreiken - und zwar 42 Stunden lang von Donnerstag (8.11.) um 12.00 Uhr bis Samstagmorgen um 6.00 Uhr. Das beschlossen Hauptvorstand und Tarifkommission der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) heute in Frankfurt. Befürchtungen, der Streik werde drastische Folgen haben, wies der GDL-Vorsitzende Manfred Schell zurück: „Es wird weder einer verhungern, noch wird einer erfrieren in Deutschland.“ Die Bahn lud die GDL unmittelbar nach der Streikankündigung sowohl mündlich als auch schriftlich zur Wiederaufnahme von Verhandlungen ein. Die GDL wies dies aber ebenso prompt zurück. Weitere Streiks können nur noch verhindert werden, wenn die Bahn schriftlich ein verhandlungsfähiges Angebot über Arbeitszeit und Gehalt vorlege, betonte der GDL-Vorstand. Schell drohte der Bahn bereits mit einer weiteren Eskalation des Tarifkonflikts: Der Regional- und S-Bahnverkehr soll zwar in dieser Woche zunächst von weiteren Arbeitsniederlegungen verschont bleiben. Sollte sich der Bahnvorstand nicht auf die GDL zu bewegen, sehe sich die GDL „zu weiteren Arbeitskämpfen gezwungen“, sagte Schell. Als Zeitraum nannte er die Woche vom 12. bis 16. November. „Dann werden wir uns nicht auf einen Bereich beschränken, sondern im Nah-, Fern- und Güterverkehr streiken.“ Zudem könnten die Streiks dann auch unbefristet sein. Das Recht, auch im Personenfernverkehr und im Güterverkehr zu streiken, hatte sich die GDL am vorigen Freitag vor dem Sächsischen Landesarbeitsgericht in Chemnitz erkämpft. Im Güterverkehr der Deutschen Bahn sind laut GDL 5500 Lokführer beschäftigt, von denen 80 Prozent in der Gewerkschaft organisiert sind. Bahn-Transportvorstand Norbert Bensel sagte in Frankfurt an die GDL-Adresse: „Wir sind bereit, morgen früh sofort mit Ihnen zu verhandeln.“ Basis sei das Moderatorenergebnis, das Ende August unter Regie der CDU-Politiker Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf zustande gekommen war. Darin hatte sich die Bahn unter anderem bereit erklärt, mit der GDL zu verhandeln „mit dem Ziel, bis 30. September 2007 einen eigenständigen Tarifvertrag abzuschließen, der Entgelt- und Arbeitszeitregelungen für Lokomotivführer umfasst“. Die GDL fordert einen eigenen Tarifvertrag für das Fahrpersonal und bis zu 31 Prozent mehr Geld. GDL-Chef Schell betonte: „Wir werden nicht zulassen, dass ein Lokführer weiterhin mit 1500 Euro netto nach Hause geht.“ Bahn-Vorstand Bensel mahnte, ein Streik im Güterverkehr hätte verheerende Folgen für die Wirtschaft. „Wir halten einen Streik für unverantwortbar und unverhältnismäßig.“ Pro Tag würden nach Schätzungen 20 bis 50 Millionen Euro Schaden entstehen. Nach Einschätzung des Konjunkturexperten beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Roland Döhrn, ist ein konjunktureller Dämpfer als Folge eines Streiks im Güterverkehr unwahrscheinlich. Einbußen seien am ehesten etwa in der Stahl- und Automobilindustrie zu befürchten. Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, sagte der „Frankfurter Rundschau“ (Donnerstag), ein längerer Ausstand werde „die Lieferkette der Automobilindustrie empfindlich treffen“. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisierte Deutsche Bahn und Gewerkschaft und forderte eine schnelle Lösung des Tarifkonflikts.. „Die von der Gewerkschaft der Lokomotivführer angekündigten Bahnstreiks im Güterverkehr müssen unbedingt vermieden werden. Der Tarifkonflikt zwischen Deutscher Bahn und GDL darf nicht auf dem Rücken von Industrie und Wirtschaft ausgetragen werden“ so BDI-Präsident Jürgen Thumann. „Unzählige Unternehmen sind auf einen reibungslosen Güterverkehr angewiesen und setzen auf den Verkehrsträger Schiene. Länger anhaltende Störungen werden über kurz oder lang zum Stillstand in vielen Unternehmen führen. Die Schäden für Unternehmen und Wirtschaft wären immens.“ (dpa)
Güterverkehr: Lokführer streiken 42 Stunden
GDL-Chef Schell droht mit unbefristeten Streik ab kommender Woche - Deutsche Bahn bietet Verhandlungen an