Gebremst on tour

Wer umzieht, muss mit immer teureren Mieten rechnen. Laut einer aktuellen Studie waren davon zuletzt zwei Drittel aller umziehenden Haushalte betroffen. Die Folge: Die Zahl der Umzüge sinkt massiv. Das spüren auch die Möbellogistiker. Beispiel Hannover: Waren es dort 2004 noch rund 51.500 Umziehende, zogen 2015 mit nur noch 39.800 Menschen etwa ein Fünftel weniger Menschen um. Gleichzeitig boomt der Onlinehandel mit Neumöbeln. In der Folge arbeiten die ausliefernden Speditionen in diesem Metier an ihren Kapazitätsgrenzen oder darüber, vor allem im Weihnachtsgeschäft oder bei Rabattaktionen großer Onlinehändler. Personalmangel größte Hürde Die mit Abstand größte Herausforderung ist für die Unternehmen der Möbellogistik derzeit der zunehmende Fachkräftemangel. Das betonten Vertreter des Bundesverbands Möbelspedition und Logistik (AMÖ) bei dessen Delegiertenversammlung Anfang September im Rahmen der 6. MöLo - Fachmesse für Umzugsspedition und Neumöbellogistik in Essen (Details siehe Kasten). "Der Personalmangel betrifft längst nicht mehr nur die Fahrer, sondern auch andere Berufsprofile", erklärte AMÖ-Präsident Frank Schäfer. Eine aktuelle Online-Umfrage des Verbands unter 170 Mitgliedern belegt: Fast zwei Drittel (63 Prozent) der Befragten schätzen die eigene Personalsituation als "bedrohlich" oder "schwierig" ein. "Das sollte uns Angst machen", kommentierte Schäfer in Essen die Ergebnisse. Im Vergleich zur Umfrage 2018 hat sich die Personalsituation bei mehr als der Hälfte der Befragten noch verschärft, bei gut einem Drittel nicht wesentlich verändert und in nur jedem zehnten Mitgliedsunternehmen verbessert. Zuletzt wurde dem AMÖ immer häufiger berichtet, dass Geschäftsinhaber selbst "auf den Bock mussten", um die Aufträge kunden- und termingerecht durchführen zu können. Die Auswirkungen des Personalmangels laut der Umfrage: Rund jeder Zehnte überlegt, seine Tätigkeit einzustellen. Fast die Hälfte plant eine Verkleinerung des Betriebs. Und ebenfalls fast jeder Zweite stellt die Anschaffung neuer Fahrzeuge zurück. Jeder Fünfte verzichtet auf Investitionen in Immobilien wie neue Lagerhallen. Und das, obwohl zwei Drittel der befragten Mitgliedsunternehmen die aktuelle Auftragslage mit "sehr gut" (16 Prozent) und "gut" (50 Prozent) bewerten, weitere 22 Prozent mit "befriedigend". Nur etwa jeder Zehnte sieht die Situation "ausreichend" oder schlechter. Entsprechend rechnet für das laufende Geschäftsjahr ein Drittel mit einem Umsatzplus gegenüber 2018. Fast die Hälfte (47 Prozent) schätzt den Umsatz als gleichbleibend ein. Knapp jeder Fünfte (22 Prozent) geht von weniger Umsatz aus. Für 2020 schätzt die Mehrheit (45 Prozent) die Auftragslage als gleichbleibend ein. 14 Prozent gehen von einer Verschlechterung, rund zehn Prozent von einer Verbesserung aus. Neue Meisterausbildung für FMKU Im Kampf gegen den Fachkräftemangel hob die Branche kürzlich die neue Weiterbildung "Geprüfte/r Meister/innen Möbel-, Küchen- und Umzugsservice (IHK)" aus der Taufe. Ein erster Vorbereitungslehrgang, den die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (WAK) in Bochum in Nordrhein-Westfalen anbietet, startet am 23. September 2019. In drei Jahren sollen die ersten Kursteilnehmer als Meister in den Unternehmen arbeiten. Eine weitere Investitionsbremse neben dem Personalmangel ist aus AMÖ-Sicht das Thema E-Mobilität. Jeweils etwa ein Drittel der Befragten lehnt eine solche Anschaffung ab oder weiß noch nicht, ob sie investieren werden. Die Gründe: Für fast die Hälfte der Befragten sind die Kosten für E-Fahrzeuge schlichtweg zu hoch oder, für ein Drittel, die Höhe der Gesamtkosten über den "Lebenszyklus" hinweg nicht klar genug. Skepsis herrscht bezüglich der Möglichkeiten, diese Fahrzeuge bedarfsgerecht laden zu können. Am problematischsten wird die geringe Reichweite gesehen, die E-Fahrzeuge mit einer Akkuladung erreichen können. Ein ebenso klares Signal ist die Absage der Befragten in Sachen geplanter CO2-Bepreisung. Sieben von zehn Möbellogistikern lehnen die Klimapläne der Bundesregierung zur möglichen Einführung einer sogenannten CO2-Steuer ab. Für große Diskussionen sorgten bei der AMÖ-Delegiertenversammlung darüber hinaus die Pläne des Verbands, seine bestehende Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), dem Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL), dem Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) und der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik zu vertiefen. Sogar beim Personal will man künftig stärker Synergien nutzen, erklärte AMÖ-Präsident Schäfer in Essen. Ideen gibt es schon: Ende September verlässt Justiziarin Sue-Ann Becker den AMÖ; beim BGL wird Vorstandsmitglied Adolf Zobel mittelfristig in den Ruhestand verabschiedet. "Es geht aber nicht um eine Fusion - die AMÖ bleibt ein selbstständiger Verband", hob Schäfer in Essen hervor. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Möbellogistik" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Die Auslastung ist derzeit bei den meisten Neumöbellogistikern und Umzugsbetrieben gut bis sehr gut, die Mehrheit der Betriebe geht auch von stabilen Gewinnen aus. Was die Branche umtreibt, sind der Personalmangel und die Kooperationspläne des Branchenverbands AMÖ mit anderen Verbänden. Messe - Erfolgreicher Auftakt in Essen: Die 6. MöLo 2019 Erstmals in der Ruhr-Metropole Essen fand am 5. und 6. September die sechste MöLo 2019 statt. Die in der Vergangenheit dreitägige internationale Fachmesse für Umzugsspedition und Neumöbellogistik, die seit 2009 alle zwei Jahre in Kassel tagte, wurde auf zwei Messetage komprimiert. In Halle 1a der Messe Essen präsentierten in diesem Jahr 40 Aussteller ihre Lösungen, etwas weniger als auf der MöLo 2017 (45 Aussteller). Vorgestellt wurden unter anderem Fahrzeuge und Fahrzeugtechnik, Zubehör und Hilfsmittel für Transport und Logistik sowie Dienstleistungen. Besucherzahlen lagen zu Redaktionsschluss noch nicht vor. Zuletzt kamen 2017 1380 Besucher zu der Messe nach Kassel. akw