Berlin/Frankfurt. Gewohnt schroff eröffnete Manfred Schell am frühen Morgen den Schlagabtausch: „Das beeindruckt mich überhaupt nicht“, sagte der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Frankfurter Hauptbahnhof mit Blick auf die juristische Anfechtung der Warnstreiks durch die Deutsche Bahn. Mit Anträgen auf einstweilige Verfügung war der Konzern gegen die zweite Warnstreikwelle der GDL innerhalb von sieben Tagen vorgegangen - und hatte vor den Arbeitsgerichten Düsseldorf und Mainz Erfolg, auch wenn sich unangenehme Folgen für Tausende Reisende nicht mehr verhindern ließen. Am Ende dauerten die bundesweiten Arbeitsniederlegungen statt geplanter drei nur knapp zweieinhalb Stunden. Bis Freitag soll nun wohl erst einmal Ruhe an der Streikfront herrschen. Dann wollen sich Bahnchef Hartmut Mehdorn und Schell in Frankfurt erstmals zu Verhandlungen treffen. Bislang gab es lediglich ein „Gespräch“ - und das endete nicht gerade harmonisch. Mehdorn kündigte heute denn auch an, exakt den Tarifabschluss als Angebot auf den Tisch zu legen, auf den sich die Bahn am Montag mit Transnet und GDBA geeinigt hatte. Und das sei „ein Spitzenangebot“ warb Mehdorn: 4,5 Prozent mehr Geld plus eine Einmalzahlung von 600 Euro. Nach den bisherigen Äußerungen Schells ist allerdings eher nicht damit zu rechnen, dass die GDL darauf eingeht. Sie besteht weiter auf einem eigenen Tarifvertrag für das fahrende Personal und auf eine deutlich zweistellige Einkommenserhöhung. „Was glaubst du, warum wir nicht in der Transnet sind, Hansen?“, schrieben GDL-Mitglieder auf ein Transparent in Anspielung auf Transnet-Chef Norbert Hansen, der das Lohn- und Gehaltsplus zusammen mit der dritten Gewerkschaft GDBA ausgehandelt hatte. „Das ist eine schwierige Ausgangsposition für den Freitag“, sagte Schell und meinte das juristische Vorgehen der Bahn. Dadurch werde die Atmosphäre bewusst vergiftet. Mehdorn kritisierte im Gegenzug das Verhalten der GDL, die erst spät auf die Gerichtsentscheidungen reagiert hatte. „Es ist schon merkwürdig, dass da eine Gewerkschaft einfach ihre Briefkästen nicht leert oder Fernsehen oder Radio anmacht.“ Auf Polemik will sich der sonst durchaus temperamentvolle Bahnchef aber nicht einlassen. „Ich verspreche Ihnen: Wir bleiben sachlich.“ Beim Knackpunkt nachgeben will er jedoch auf keinen Fall: „Wir werden noch einmal erklären, das es nicht möglich sein kann, eine Minorität mit einem separaten Tarifvertrag zu versehen.“ Von den Gerichten ist derweil noch nicht abschließend entschieden, ob die GDL für einen solchen Tarifvertrag für bestimmte Berufsgruppen streiken darf. Das Mainzer Arbeitsgericht argumentierte, dass die GDL-Warnstreiks die Friedenspflicht verletzten, weil damit zum Teil eine Änderung ungekündigter Tarifverträge durchgesetzt werden solle. Schell wies dies zurück und kündigte an, alle Rechtsmittel gegen die einstweiligen Verfügungen auszuschöpfen. Das nächste Wort dazu haben die Landesarbeitsgerichte. (dpa)
GDL-Kampfansage an Deutsche Bahn

Der Tarifstreit um die Lokführer bei der Bahn eskaliert: GDL besteht auf eigenem Tarifvertrag