Ganz groß im Austeilen

Ganz groß im AusteilenNur die Führerscheinregelung hält den technisch (solo) unsinnigen 7,5-Tonner am Leben. Speziell bei Renault Trucks gibt es plausible Alternativen: den Mascott oder den Maxity. "Downsizing"ist mal wieder so ein anglifiziertes Zauberwort unserer Zeit. Vor allem für Motoringenieure hat es derzeit einen magischen Klang. Es steht für den Trend zu kleineren Hubräumen bei höherer Aufladung. Tragfähige Basis: Midlum bis 18 TonnenDoch auch bei den Nutzfahrzeugen der Verteilerklasse stellt sich die Downsizing-Frage. Insbesondere Renault Trucks bemüht sich im übermächtigen Schatten der schweren Sattelzüge um diese Nische und macht dem Kunden gleich drei Angebote, seine Fracht auf Nah- und Mittelstrecke an den Kunden zu bekommen. Zu den schon länger bekannten System-Rivalen 7,5-Tonner-Midlum und 6,5-Tonner-Mascott gesellt sich der vom LKW-Partner Nissan umgelabelte Maxity. Dass der 7,5-Tonner mit allerdings abnehmender Tendenz der erfolgreichste Vertreter im deutschen Verteilermarkt ist, hat er der alten Führerscheinregelung zu verdanken: Der "Dreier" erlaubt das Steuern dieses ausgewachsenen Trucks, auch wenn die meisten sporadischen Privatfahrer eine solche Fuhre nicht wirklich im Griff haben. Geschweige denn ergänzt um einen wuchtigen Anhänger, der die Kombi legal bis zu 18,75 Tonnen schwer macht. Womit man schon bei einem wesentlichen Vorteil des wuchtig konstruierten 7,5-Tonner-Midlum wäre: Anhängelast bis zum Abwinken. Dazu bedarf es natürlich einer entsprechend robusten Basis. Und die bietet selbst die Extra-Leicht-Version des Midlum. Denn was heißt schon leicht: 5560 Kilogramm bringt das Testfahrzeug auf die Waage mit solidem und gut verarbeitetem Saxas-Koffer samt obligater Bär-DLB-Bordwand mit einer Tonne Hubkraft. Und diese Basis darf also gerade mal zwei Tonnen Nutzlast solo befördern. "Der 7,5-Tonner ist technisch natürlich Blödsinn und völlig überdimensioniert. Solo eine reine Führerschein-Sache", gibt denn auch Michael Schittenhelm, Renault-Trucks-Gebietsverkaufsleiter unumwunden zu. Um im nächsten Atemzug augenzwinkernd auf die nur unter vorgehaltener Hand propagierte "Überladesicherheit" hinzuweisen. Klar hat der Midlum Reserven, im Prinzip ist er ein abgelastetes 12-Tonnen-Konstrukt.Am Limit: Das Mascott-FahrwerkÜberladesicherheit kann man dem aus der Klasse der Transporter heraufdrängenden Mascott nicht nachsagen: Ausgeladen auf 6,5 Tonnen stößt er beim Fahren spürbar ans Limit. Tief taucht er bei zügigerer Gangart in die Blattfedern ein, eiert wie mit weichen Knien um die Hinterachse. Die kleinen 16-Zoll-Transporter-Räder wecken nicht gerade Vertrauen. Ähnliches gilt für die Bremsen: Ohne Druckluftunterstützung fehlt den quietschend und flau zupackenden Stoppern einfach Kraft. Der Komfort ist so lala, man fühlt sich irgendwie aufgesetzt – was man ja auch ist – oder wie mit einem zu kleinen Anzug bekleidet. Rappelig, dünnwandig blechern, karg – das ist das vorherrschende Gefühl in der Mascott-Kabine. Anhängen will man da nichts mehr, auch nicht die dürftigen 3,5 Tonnen Legal-Anhängefracht. Zumal der 3,0-Liter-Motor mit 150 PS, ursprünglich aus dem Nissan Patrol, auf der hügeligen Teststrecke ebenfalls an seine Grenzen stößt. Ausdrehen gehört zum guten Ton, die dann raue Geräuschkulisse leider nicht. Jedenfalls muss sich der Common-Railer anstrengen, um mit Midlum und Maxity mitzuhalten. Dafür schleppt der Mascott solo wie ein Ochse: Mit im Vergleich zum Saxas sichtbar lässiger verarbeitetem Junge-Plywood-Koffer und 750-Kilo-Sörensen-Bordwand realisiert er sagenhafte drei Tonnen reine Nutzlast. Und fährt sich natürlich handlicher und Van-mäßig verbindlicher als der große Bruder Midlum. Herr der Massen: Souveräner MidlumDer gibt unterwegs den gediegenen, souveränen LKW, der stets Herr über die bewegte Masse ist. Die Straße findet irgendwo da unten statt, man gleitet recht sanft dahin. Handlich ist das Fahrverhalten natürlich nicht gerade, man fährt den mit 35-Kubik-Koffer über sieben Meter langen Midlum aber auch anders und dem LKW-Stand gemäß. Die paar Kilo auf dem Buckel scheinen ihn nicht zu jucken. Auch die Bremsen agieren souverän, sind bei Langsamfahrt aber etwas schwer zu dosieren. Bergab hält eine für 7,5 Tonnen ausreichend kräftige 150-PS-Motorbremse (Option) die Fuhre im Griff. Und bergauf ebnet die Kraft von 800 Newtonmetern des 4,8-Liter-Deutz-Vierzylinders jede Steigung ein. Für einen 7,5-Tonner ist man mit 220 PS definitiv übermotorisiert. Meist genügt der sechste Gang als Universalstufe. Falls nötig gehen die Stufenwechsel mit der seilzuggeführten Schaltung sogar etwas leichter von der Hand als im Falle der hakeligen Mascott-Box. Midlum: Professionelles Spiegel-PaketNebenbei steckt das moderne 16-Ventilaggregat gut gedämmt unter einer wuchtigen Motorkiste. Verwundert nimmt man nur die Schüttelneigung im Leerlauf zur Kenntnis. Ansonsten erfreut sich der Fahrer an gutem Sitzkomfort auf gefedertem Gestühl, tollem Profiambiente, schicken Armaturen sowie Materialien und guter Verarbeitung. Meckern kann man allenfalls über die mäßige Ergonomie des Blinkerhebels oder die bei Langsamfahrt laut pfeifenden Spiegelgehäuse. Apropos: Auch hier zeigt der Midlum, was eine Harke ist. Im Gegensatz zu den windigen Rückblickern in Mascott und Maxity entgeht einem hier fast nichts. Wobei man beim Dritten im Renault-Bunde so geerdet und mitten im Verkehrsgeschehen hockt, dass man noch den kleinsten Pinscher vorm Fahrzeug erblicken würde. Auch seitlich hat man im Micro-Laster Maxity dank heruntergezogener Fenster vollen Durchblick. Der Einstieg gelingt viel leichter als bei Mascott und dem zweistufig zu enternden Midlum. Superwendig ist er allemal und dank ebenso leichtgängiger wie exakter Lenkung spielerisch zu handhaben – der ideale Vermietlaster für Unerfahrene. Maximal in der City, der Name ist beim Maxity Programm. Doch erstaunlicherweise schlägt sich der 4,5-Tonner, der immerhin mit relativ schwerem Saxas-Standardaufbau und 750-Kilo-Dautel-Bordwand noch 1,5 Tonnen Nutzlast bietet, auch über Land und auf der Autobahn im direkten Vergleich wacker: Komfortabel federnd, akus-tisch leise und steif verarbeitet pariert der Maxity die Unbill der Piste. Ansprechender Komfort im MaxityHätte er noch einen gefederten und dicker gepolsterten Fahrersitz und eine weniger Bobbycar-artige Sitzposition, man könnte ihn fast uneingeschränkt auf Langstrecke schicken. Im Prinzip fährt er sich ein bisschen wie ein zu heiß gewaschener Midlum und eben gediegen wie ein LKW. Klar, dass der viel besser gedämmte, baugleiche 3,0-Liter-Motor mit 4,5 Tonnen leichteres Spiel hat und viel spritziger zur Sache geht. Und auch die Bremsen machen ihre Sache trotz fehlender Druckluft bei dieser Tonnage sehr gut. Sehr angenehm: der serienmäßige Hillholder. Verbrauch: Midlum und Mascott ähnlichUnd natürlich schlägt seine große Stunde an der Tankstelle: 13,7 l/100 km genügten. Zwischen dem angestrengten Mascott und dem lässigen Midlum lag dann gar kein so großer Unterschied: 0,4 l/km war der Kleine sparsamer mit 16,1 l/100 km. Aber beim Midlum will noch AdBlue nachgetankt sein, was wir mit dem Faktor 0,6 zum Dieselverbrauch addieren auf 16,95 l/100 km. Nervig besonders im Verteilerverkehr, wo man im Zweifel teure Kanisterware braucht.Vor allem aber wegen des Kaufpreises sollte man in dieser Klasse über Downsizing nachdenken: Nutzlast-Freaks über den kargen Mascott, Fahrer-Freunde über den handlich-komfortablen Maxity, der knapp die Hälfte des Midlum kostet, aber drei Viertel schleppt. Ideallösung wäre ein Maxity als 5,5-Tonner. Vielleicht denkt Renault mal über ein Maxity-"Upgrade" nach. ❙❚■ Johannes ReichelVerteiler-Frage: Midlum, Mascott oder Maxity?Aufgesetzt: Master-Kabine auf Leiterrahmen, knisteriger Gesamteindruck. Die Basis ist karg ausgestattet, viele Extras verfügbar; geräumige Kabine, ordentliche Sitze; Service maximal 40.000 kmEine clevere AlternativeWer nicht unbedingt das letzte Kilo Nutzlast braucht, stattdessen auf Komfort, Kompaktheit und Wendigkeit Wert legt, sollte sich mal den Maxity ansehen. Zumal er preislich und vom Verbrauch weit unter den größeren Brüdern liegt. Traum vom Raum: Mit langem Fahrerhaus ist der Midlum fit für den kleinen Fernverkehr. Nickerchen auf Beifahrerruhesitz oder breiter Liege. Schickes Ambiente, tolle Sitze. 80.000 km Intervall!

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