Fehlstart bei der Bahn

"Die Beteiligung des Parlaments bei der Bahnprivatisierung ist eine Farce. Der Börsengang wird ohne gesetzliche Grundlage am Parlament vorbei im Schweinsgalopp beschlossen.". Fehlstart bei der BahnMit einem Krach in der Führungsetage leitet der Staatskonzern die Teilprivatisierung ein: Neuer Arbeitsdirektor Norbert Hansen spricht von Personalabbau.Kurz nach seiner Nominierung zum Arbeitsdirektor bei der Deutschen Bahn hat der frühere Transnetchef Norbert Hansen den Abbau von Stellen angekündigt und dafür Prügel von allen Seiten bezogen. Bahnchef Hartmut Mehdorn pfiff seinen neuen Vorstandskollegen zurück und dementierte entsprechende Pläne: "Spekulationen über einen Personalabbau bei der Bahn sind an den Haaren herbeigezogen. Es gibt weder entsprechende Pläne und schon gar nicht gibt es derartige Beschlüsse. Richtig ist vielmehr, dass es im Zuge der Teilprivatisierung bis 2023 keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird." Regierungssprecher Thomas Steg betonte, bei der Teilprivatisierung werde "nicht mit Tricks und Kniffen gearbeitet".Hansen hatte erklärt: "Wir werden bei der Bahn weiter rationalisieren müssen. Und das wird in einigen Bereichen nicht ohne Personalabbau gehen." Von den Mitarbeitern forderte der Ex-Gewerkschaftschef mehr Effizienz und regte an, dass zum Beispiel Lokführer nicht nur Züge steuern, sondern "in Zugabteilen auch einmal aufräumen oder auf einem kleinen Bahnhof mit anpacken". Die Eisenbahn-Gewerkschaften GDBA und GDL sowie die Transnet, deren Vorsitzender Hansen bis vor zwei Wochen war, reagierten empört. Linkspartei-Fraktionsvize im Bundestag, Werner Dreibus, bezeichnete Hansen als "Schande für die Gewerkschaften".Aufsichtsrat billigt neue StrukturZuvor hatte der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn die Voraussetzungen zur Teilprivatisierung des Konzerns geschaffen. Das Gremium beschloss in einer Sondersitzung die neue Firmenstruktur, die Grundlage für den Börsengang ist. Güter- und Personenverkehr werden dazu in der neuen Gesellschaft "DB Mobility Logistics AG" gebündelt. Diese Unternehmenstochter soll zu 24,9 Prozent an die Börse gehen, während Schienennetz und Bahnhöfe komplett im Besitz des Dachkonzerns Deutsche Bahn bleiben. DB ML beschäftigt künftig rund 170.000 der 240.000 Mitarbeiter. An der Spitze beider Firmen steht ungeachtet des Widerstands in der SPD für eine Übergangszeit Bahnchef Hartmut Mehdorn. Er lobte den raschen Beschluss des Aufsichtsrates. "Mit dieser zügigen Entscheidung liegen wir im Zeitplan für einen Börsengang noch in diesem Jahr." Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sagte: "Damit ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Bundestagsbeschluss noch im Mai gegangen worden." Weiter gehender Verkauf bleibt möglichBeigelegt worden ist auch der Streit zwischen der Tarifgemeinschaft der Gewerkschaften Transnet und GDBA und der Bahn über den Struktursicherungstarifvertrag, der die Eigentumsverhältnisse festlegt und betriebsbedingte Kündigungen bis 2023 ausschließt. Allerdings steht in dem Schriftstück nichts von 24,9 Prozent maximaler privater Beteiligung, sondern es wird vereinbart, dass die DB AG "die Mehrheit der Anteile und Stimmrechte" in der DB ML hält. Der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann kritisierte, der SPD-Kompromiss einer Teilprivatisierung von "nur" 24,9 Prozent werde auch von den Gewerkschaften unterlaufen. Es wird erwartet, dass der Bundestag diesen Punkt in seiner Anhörung des Verkehrsausschusses voraussichtlich am kommenden Montag noch einmal aufgreift. Für Ende nächster Woche wird dann der endgültige Privatisierungsbeschluss des Bundestages erwartet. ❙❚■ Jörg Kürschner, Korrespondent in Berlin

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