Brüssel. Um die neuen Regeln für die LKW-Maut in Europa (Eurovignette) zeichnet sich ein hartes Ringen zwischen den beiden europäischen Entscheidungsträgern, dem EU-Parlament und dem EU-Rat, ab. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses im Europaparlament machten gestern auf ihrer Sitzung in Brüssel deutlich, dass sie die Beschlüsse der EU-Mitgliedsländer vom Oktober 2010 nicht ohne Änderungen annehmen werden. Hauptstreitpunkte sind die Abgaben für die Verursachung von Staus und die Verwendung der Mautgelder.
Die EU-Verkehrsminister hatten sich darauf geeinigt, keinen Verwendungszweck der Einnahmen aus der LKW-Maut in den Richtlinientext zu schreiben. Die Mehrheit des Verkehrsausschusses spricht sich dagegen für die Zweckbindung der Mauteinnahmen aus. Das Geld müsste wieder in den Verkehrssektor zurückfließen, am besten in Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur.
Lediglich die Grünen sehen das kritisch. „Dann werden die nationalen Finanzminister den Verkehrsministern einfach das Budget zusammenkürzen, das hat doch keinen Effekt", sagte Michael Cramer. Viel wichtiger ist dem Berliner Politiker, dass die Eurovignette bei ihrer Anwendung, die den Mitgliedsstaaten frei gestellt ist, verpflichtend schon für alle LKW ab 3,5 Tonnen gelten müsse. Bislang können LKW bis 12 Tonnen von der Mautabgabe ausgenommen werden. Die EU-Verkehrsminister wollen das so beibehalten.
Beim Streitpunkt Stauverursachung zeichnet sich noch keine klare Position unter den Parlamentariern ab. Die EU-Verkehrsminister hingegen hatten sich darauf geeinigt, in Stoßzeiten auf bestimmten Strecken für maximal fünf Stunden eine um 175 Prozent höhere Maut als sonst von LKW verlangen zu können. Die Europaparlamentarier führten gestern unterschiedliche Ideen dazu an. „Wir müssen uns in diesem Punkt vielleicht flexibel zeigen", sagte der belgische Abgeordnete Said El Khadraoui, der als Berichterstatter des Verkehrsausschusses Verhandlungen mit dem EU-Rat aufnehmen wird, um eine Kompromissformel vorzubereiten.
Grundsätzlich herrscht bei den Abgeordneten die Auffassung vor, dass man sich zunächst im Verkehrsausschuss selbst auf eine fraktionsübergreifendene Verhandlungsposition einigen müsse. „Wir brauchen große Mehrheiten, um beim Rat etwas zu erreichen", sagte der belgische Konservative Mathieu Grosch. „Sonst können wir direkt zu Hause bleiben", fügte er hinzu.
Nach dem neusten Zeitplan wird eine endgültige Entscheidung zur neuen Eurovignette erst im Juni fallen. Der EU-Rat hat seinen vorläufigen Beschlusstext bislang noch nicht an den Verkehrsausschuss übermittelt. Das soll jetzt im Februar geschehen und ist Voraussetzung für die folgenden Schritte. Danach hat das Parlament vier Monate Zeit, eine zweite Lesung im Plenum abzuhalten. Entscheidend für diese Abstimmung wird die Haltung des Verkehrsausschusse sein. Sollte das Parlament den Richtlinientext durchfallen lassen, wäre die Neuregelung der Eurovignette auf unbestimmte Zeit verschoben. (kw)