Interview: Es wird zu selten abgemahnt

Was sind häufige Fehler, die Ausbildungsbetriebe im Umgang mit Auszubildenden machen? Es gibt einige Punkte. Zunächst sollten die Betriebe eine ausreichend lange Probezeit vereinbaren. Kommt es zu Problemen, müssen sie frühzeitig mit dem Auszubildenden sprechen. Sie müssen ihn von Anfang an richtig führen. Sie sollten auch bei Kleinigkeiten Feedback geben und lieber frühzeitig abmahnen, damit der Auszubildende eine Rückmeldung bekommt. Die Abmahnung muss immer schriftlich erfolgen und bei Minderjährigen den Eltern zugehen. Das wird häufig nicht gemacht. Kommt es zu einer Kündigung, muss der Betriebsrat angehört werden. Das Kündigungsschreiben muss bei Minderjährigen wiederum den Eltern zugehen. Betriebe mahnen also zu selten ab? Ja. Gerade bei mittelständischen Betrieben gibt es häufig keine Rechtsabteilung. Man spricht zwar mit dem Auszubildenden, aber es gibt keine Dokumentation und keine schriftliche Abmahnung. Dann sagt der Meister "Den schmeißen wir raus!". Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist das fatal. Denn außer bei schweren Verfehlungen verlangt die Rechtsprechung zur Wirksamkeit einer Kündigung regelmäßig mehrere wirksame und einschlägige Abmahnungen. Die Hürden für die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses liegen sehr hoch. Einmalige oder seltene Verfehlungen genügen nicht. Erst bei einer Kette von Pflichtwidrigkeiten, die den Schluss zulassen, dass der Auszubildende das Ausbildungsziel nicht erreicht, kann eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden. Je näher der Azubi vor der Abschlussprüfung steht, desto höher liegt die Messlatte. Was raten Sie, wenn es Probleme gibt? Betriebe sollten mit Abmahnungen weniger zögerlich sein. Vor allem sollten sie aber bei Problemen den Kontakt zu den Eltern suchen. Die können doch noch einmal anders auf die Jugendlichen einwirken und ihnen klar machen, worum es geht. Gerade Minderjährige haben ja noch eine verminderte Einsichtsfähigkeit. Auch die Berufsschule sollte eingebunden werden. Arbeitgeber sollten allerdings auch bedenken, dass sie mit einer Kündigung dem Azubi möglicherweise die Zukunft verbauen.

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