Emissionshandel

EmissionshandelBahn fährt voraus – und zahltAktuell: Der Bahn ist nicht in den europäischen Emissionshandel miteinbezogen und dennoch indirekt von den Kosten betroffen. Züge fahren heute hauptsächlich mit Strom und stoßen somit selbst keine Schadstoffe aus. Ausblick: Da ab 2013 alle Stromkonzerne, die Lieferanten der Bahn, Zertifikate kaufen müssen, könnten diese Mehrkosten an die Bahn weitergegeben werden, befürchtet die Deutsche Bahn. Laut ihrem Nachhaltigkeitsbericht sind der DB durch den Emissionshandel 2008 Mehrkosten von über 100 Millionen Euro bei der Strombeschaffung entstanden. 2013 könnten es 300 Millionen Euro pro Jahr sein. Während die Bahn so indirekt über ihre Stromkosten für 100 Prozent der CO2-Emissionen, die bei der Herstellung des von ihr verbrauchten Stroms entstehen, bezahlt, sind andere Verkehrsträger bisher nicht in den Emissionshandel miteinbezogen. Auch wenn 2012 der Zertifikatehandel im Luftverkehr startet, müssten Luftfahrzeugbetreiber nur 15 Prozent ihres Schadstoffausstoßes zahlen. „Das ist Wettbewerbsverzerrung“, sagt die Bahn. jkoStartet der Handel wirklich?Aktuell: Der Luftverkehr ist nicht in den europäischen Emissionshandel integriert. Ab 2012 ändert sich das: Der Europäische Rat hat 2008 mit einer Änderungsrichtlinie beschlossen, den Luftverkehr ab 2012 in das Handelssystem aufzunehmen. Diese Richtlinie sollte von allen Mitgliedsstaaten bis zum 2. Februar 2010 in nationales Recht umgesetzt sein. Ein deutsches Gesetz ist bis heute nicht in Kraft getreten. Dies wird aber schnellstmöglich passieren, da Deutschland in der EU eine Vorreiterrolle beim Emissionshandel einnimmt.Ausblick: Startet der Emissionshandel im Luftverkehr 2012 überhaupt? Massiven Gegenwind bekommt die EU von der Luftverkehrswirtschaft: Weil Drittstaaten am Emissionshandel im Luftverkehr nicht teilnehmen, befürchten europäische Fluggesellschaften und Flughäfen Wettbewerbsnachteile, insbesondere gegenüber Konkurrenten aus den USA, China und den Golfstaaten. Nach Willen der EU sollen ab 2012 grundsätzlich alle Luftfahrzeugbetreiber, die Flüge innerhalb der EU oder auch Kontinentalflüge von und nach Europa durchführen, Emissionszertifikate dafür abgeben. 15 Prozent ihres jährlichen Zertifikat-Bedarfs müssten Unternehmen kaufen. „Allein auf die Lufthansa kommen bereits 2012 Belastungen in Höhe von bis zu 350 Millionen Euro zu“, so die Lufthansa. Ein europäischer Alleingang bedeute: Fluggesellschaften in der EU müssten Millionenbeträge zahlen, chinesische Airlines aber beispielsweise nicht. Das sei wettbewerbsverzerrend. Die Luftverkehrsbranche fordert daher, den Systemstart aufzuschieben und die Verhandlungen mit Drittstaaten fortzusetzen. Denn wenn der Handel 2012 als Insellösung beginnt, wäre die einzige Handhabe gegen Fluggesellschaften aus Drittstaaten die Landeverweigerung auf europäischen Flughäfen. „Das wäre ein Handelskrieg“, sagt Rainer Schätzlein, Luftverkehrsexperte des Branchenverbandes Deutsches Verkehrsforum. China hat bereits gedroht, europäische Fluglinien bei Landungen in China mit Strafzahlungen zu belegen. „Man sollte den Emissionshandel verschieben“, sagt Dieter-Lebrecht Koch (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Europaparlament. jkoEmissionshandelHandeln für das KlimaE-Mission: Die EU hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Treibhausgase bis 2020 im Vergleich zu 1990 um bis zu 30 Prozent zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt sie auf die Energiebesteuerung – etwa durch den Emissionshandel. Hier werden die beim Verbrauch von Energie entstehenden Emissionen reguliert. In Europa geschieht dies bereits, der Emissionshandel (EU ETS) umfasst allerdings nur einige Bereiche wie den Stromsektor und bestimmte Industriebereiche. Ausgenommen sind Privathaushalte, die Landwirtschaft und der Transportsektor. Was für die Verkehrsträger geplant ist, lesen Sie auf dieser Seite. ❙❚■ Johanna Koch, Tobias RauserNoch kein Zeitplan für die Straße Aktuell: Noch ist der Straßenverkehr nicht in den europäischen Emissionshandel einbezogen – und es gibt auch noch kein konkretes Zieldatum. Allerdings wird das Thema immer mal wieder diskutiert. Das Hauptargument gegen eine Einbeziehung des Straßengüterverkehrs ist neben der preislichen Belastung für die Transportbranche auch der hohe bürokratische Aufwand, den es bedeuten würde, wenn Millionen von Unternehmen an einem europaweiten Zertifikatehandel teilnähmen. Die Wissenschaft schlägt deshalb vor, bereits zu Beginn der Produktionskette anzusetzen. „Man könnte etwa die Raffinerien oder die Händler der Treibstoffe zum Zertifikatehandel verpflichten“, sagt Christian Flachsland vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der die Einbeziehung des Verkehrs in den Emissionshandel fordert. Da die erhöhten Kosten weitergegeben würden, komme das Preissignal schließlich trotzdem beim Kunden an. Stand heute gibt es in den USA und in Neuseeland konkrete Pläne. So sind in Neuseeland die Treibstoffhändler seit dem 1. Juli 2010 in den Zertifikatehandel einbezogen. In Kalifornien/USA ist geplant, den Straßenverkehr im Jahr 2015 in den Emissionshandel einzubeziehen. Ausblick: Eine Einführung des Emissionshandels für den Straßenverkehr in den kommenden Jahren ist eher unwahrscheinlich. „Für den Straßenverkehr ist der Emissionshandel noch kein Thema“, sagt etwa der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, der grüne Politiker Anton Hofreiter. Doch allzu sicher sollte sich der Transportsektor nicht fühlen. „In allen Weltregionen, die sich mit dem Thema Emissionshandelssysteme beschäftigen, steht der Straßenverkehr mit in den Entwürfen“, sagt Flachsland.. „Spätestens mit dem Auslaufen der aktuellen Regelungen zum europäischen Emissionshandel 2020 steht das Thema wieder ganz oben auf der Agenda.“ trNoch alles offen bis 2012Aktuell: Die Schifffahrt ist nicht Teil des europäischen Emissionshandels – es wird eine globale Lösung gesucht. Das Problem: Obwohl die Internationale Schifffahrts-Organisation (IMO), eine Organisation der Vereinten Nationen, bereits 1997 von der EU beauftragt wurde, in internationaler Absprache schadstoffreduzierende Maßnahmen festzusetzen, wurde bis heute keine Einigung erzielt. In der IMO werden neben zahlreichen technisch-betrieblichen Maßnahmen insbesondere zwei Instrumente zum Klimaschutz diskutiert: der Emissionshandel und der Klimakompensationsfonds. Die Meinungen gehen stark auseinander: Die USA und die Entwicklungsländer lehnen beides ab. Die Bundesregierung und etwa Frankreich hingegen sprechen sich für den Emissionshandel im Seeverkehr aus, während Reederverbände und etwa Dänemark und Nigeria Zahlungen in einen Klimakompensationsfonds favorisieren. Was ist der Fonds? Er soll auf Ebene der IMO angesiedelt sein und in ihn sollen Bunkerabgaben fließen, die von jedem Schiff weltweit an den Bunkerstationen pro Tonne Bunker (etwa drei Tonnen CO2) zu entrichten sind. „Die Bunkerabgabe soll in Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern und Schifffahrtsforschung für gesteigerte Effizient fließen“, sagt Matthias Plötzke, Klimaschutzexperte beim Verband Deutscher Reeder. Die Abgabe sei einfach international umzusetzen, mit geringem administrativem Aufwand und zweckgebunden bei der IMO zu verwalten, sodass die Gelder nicht wie beim Emissionshandel in nationale Haushalte fließen könnten.Ausblick: Der Seeverkehr wird wahrscheinlich in die EU-Reduktionsverpflichtungen miteinbezogen. Die EU-Kommission hat bereits gedroht, Vorschläge zu unterbreiten, wenn bis Ende 2011 bei der IMO nichts geschieht. „Die Absichten der EU sehen wir mit großer Sorge“, sagt Plötzke. Regionale Lösungen seien wettbewerbsverzerrend. Wie die Einbeziehung konkret aussehen könnte, ist noch unklar (beispielsweise EU-Emisssionshandel oder Klimafonds). Die Bundesregierung hat dazu bisher keine einheitliche Position gefunden. jko

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